Eifel-Literatur-Festival-Interview mit Pater Anselm Grün

ELF: Was bedeutet Ihnen das Eifel-Literatur-Festival?
AG: Die Eifel ist für mich Nach-Hause-Kommen. Meine Mutter stammt ja von Dahlem. Sie wäre sicher ganz stolz darüber, dass ich hier in dem Umfeld Vorträge halte. Ich freue mich, dass die Resonanz beim Publikum so gut ist und dass meine Themen die Menschen ansprechen.ELF: Wie wichtig ist Ihnen als Benediktinerpater, der ja in innerer Einkehr im Kloster lebt, Ihre Familie?
AG: Sehr wichtig, natürlich, wir sind ja sieben Geschwister. Wir verstehen uns immer noch gut. Wir treffen uns zwar nicht so häufig, nur, wenn Feste sind. Aber ich mache immer eine Woche Urlaub mit den Geschwistern, wir gehen zusammen wandern.

ELF: Wie wollen Sie selbst als Bestseller-Autor, als Vortragender mit 200 Auftritten pro Jahr und als Seminarleiter im Alter kürzer treten?
AG: Ab 2015 werde ich weniger Vorträge halten, nur noch einen in der Woche. Meine Kurse und Einzelbegleitungen mache ich aber weiter. Und die Auslandstermine auch. Ich habe das Reisen sehr gern, ich finde es sehr reizvoll, nach Argentinien, Malaysia oder auch Brasilien zu reisen. Ich kann nicht nichts machen.

ELF: Sie sind jetzt 69. Haben Sie selbst schon Knackpunkte des Alters erlebt?
AG: Die Gesundheit! Vor zwei Jahren musste eine Niere herausgenommen werden. Da merkte ich: die Gesundheit ist nicht garantiert. Man kann nicht darauf setzen, es kann schnell etwas sein. Sonst bin ich aber fit, ich kann immer noch gut arbeiten.

 ELF: Ab wann ist man alt genug und reif genug für Ihr Buch „Die hohe Kunst des Älterwerdens“?
AG:
Unter 60 muss man es nicht unbedingt lesen, aber danach muss man sich schon mit dem Alter auseinandersetzen. Heute fühlen sich die meisten 70-Jährigen nicht alt. Aber die Themen kommen trotzdem.

ELF: Sie begleiten viele Hilfesuchende mit Ihren Ratschlägen. Haben sich die Dinge, die die Menschen beschäftigen, in all der Zeit verändert?
AG: Vielen Leuten geht es heute schlecht, weil sie zu große Bilder von sich im Kopf haben. Die Realität stimmt mit diesen Bildern aber nicht über ein. Viele haben auch Beziehungsprobleme, nicht nur Partner, sondern auch Eltern und Kinder. Dann gibt es viele einsame Menschen. Und es gibt viele, die Angst haben, ihre finanzielle Sicherheit zu verlieren oder Pflegefälle zu werden. Die Menschen sind einfach nicht mehr wie früher in eine Großfamilie eingebunden.

ELF: In ihrem Schlusswort in „Die hohe Kunst des Älterwerdens“ schreiben Sie, dass sie selbst nicht wüssten, was sie machen würden, wenn der Erfolg ausbliebe. Dass sie diese Worte geschrieben haben, ist nun sieben Jahre her. Wüssten Sie es heute?
AG:
Ich würde spüren: Die Zeit für Vorträge ist vorbei. Ich würde mehr schreiben. Aufhören, nachzudenken, was das Geheimnis des Lebens ist, werde ich nie. Aber ich muss dann ja nicht mehr alles, was ich denke, nach außen bringen.

ELF: Woran arbeiten Sie derzeit?
AG: Es sind zwei Bücher. Ein Geschenkbuch: „Du wirst geliebt“. Und ein Buch, das eher junge Leute ansprechen soll: „Versäume dein Leben nicht“. Die jungen Leute sollen nicht vor lauter Absicherung und Planung und Ausbildung vergessen, zu leben.

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