Kleiner gemeinsamer Nenner, großes Defizit

Berlin. Es hat so lange gedauert wie noch nie mit einer Regierungsbildung in Deutschland. Das über fünf Monate lange Warten hat nun ein Ende. Mit der Wiederwahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die längste Regierungsbildung in der Geschichte der Bundesrepublik am Mittwoch, 14. März 2018 ihren krönenden Abschluss gefunden. Programm und Personen stehen – das vierte Kabinett Merkel wurde vereidigt. Union und SPD wollen die Zukunftsfragen des Landes angehen. Der Koalitionsvertrag soll dafür die Grundlage bieten. Aber hat die GroKo überhaupt das richtige Programm?

Jedenfalls starten CDU, CSU und SPD in eine politisch und wirtschaftlich entscheidende Legislaturperiode. Dass der Koalitionsvertrag hinter dem zurück bleibt, was notwendig und möglich wäre, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Zudem droht ein deutliches Haushaltsdefizit.

Alleine für den Bund prognostiziert das IW eine strukturelle Finanzierungslücke des Haushalts in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro bis 2021. Union und SPD gehen im Koalitionsvertrag von frei verfügbaren Bundesmitteln in Höhe von 46 Milliarden Euro für die Jahre 2018 bis 2021 aus. Selbst bei konservativen Annahmen summiert sich der Finanzierungsbedarf für die Pläne der neuen Großen Koalition jedoch auf rund 66 Milliarden Euro. Hinzu kommen Kosten, die sich aus bislang nicht zu beziffernden Vorhaben ergeben. Dazu gehören zum Beispiel die geplanten zusätzlichen Stellen in der Pflege sowie im Sicherheits- und Justizbereich.

Dabei verteilen sich Mehrausgaben und Mindereinnahmen nicht gleichmäßig auf die Legislaturperiode, sondern nehmen immer weiter zu. Dies gilt unter anderem für den Abbau des Solidaritätszuschlags, die Erhöhung des Kindergeldes und den Hochschulpakt. Aber auch weitere Ausgabenposten wie höhere EU-Mittel oder höhere Rentenleistungen fallen verstärkt gegen Ende der Legislaturperiode oder sogar erst in der nächsten Legislaturperiode an. Im Jahr 2022 – also bereits in der darauffolgenden Legislaturperiode – droht deshalb sogar ein Defizit von mindestens 39 Milliarden Euro, wenn keine zusätzlichen Einnahmen erzielt werden.

Gerade die Pläne in der Rentenpolitik erweisen sich dabei als Rückschritt auf Kosten der jüngeren Generationen: „Die kommende Legislaturperiode wird die letzte sein, in der Deutschland demografisch gesehen gut dasteht. In dieser Phase müsste die Politik die nötigen Weichen stellen anstatt Geschenke zu verteilen“, sagt IW-Direktor Michael Hüther.

Auch die Steuerpläne gehen zu Lasten der erwerbstätigen Bevölkerung: Der Mittelstandsbauch wird nicht angegangen, die Belastung im oberen Einkommensbereich steigt weiter an. Zugleich müssen Unternehmen mit erheblichen Mehrkosten rechnen – insbesondere durch das verschärfte Befristungsrecht und die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge in der Krankenversicherung. „Viele der im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben verteuern und hemmen die Beschäftigung in Deutschland. Auf diese Weise wird man das Ziel der Vollbeschäftigung sicher nicht erreichen“, so Hüther.  (Quelle: iwkoeln.de)

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