2015 ist das Jahr der guten Böden

Die Vorsitzende der Landfrauen des Kreisverbandes Bernkastel-Wittlich Edith Baumgart macht deutlich, dass den Getreideerzeuger nicht einmal sieben Prozent vom Verkaufserlös eines Brotes bleiben
Die Vorsitzende der Landfrauen des Kreisverbandes Bernkastel-Wittlich Edith Baumgart macht deutlich, dass den Getreideerzeuger nicht einmal sieben Prozent vom Verkaufserlös eines Brotes bleiben

Wittlich. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau führte bei der Raiffeisen Waren-Zentrale (RWZ) in Wittlich sein diesjähriges Erntegespräch durch. Präsident Michael Horper konnte viele Vertreter aus Politik, Handel und Gesellschaft zur Pressekonferenz begrüßen – an ihrer Spitze Staatsekretär Peter Bleser. Bereits vor der Konferenz stellte der Verband fest, dass das Jahr 2015 insgesamt viel zu trocken gewesen sei. Der Juni erreiche mit einer durchschnittlichen Niederschlagsmenge in Rheinland-Pfalz von 58 Litern pro Quadratmeter nur knapp 70 Prozent des langjährigen Durchschnittswertes. Insgesamt sei der Juni zu warm und deutlich zu trocken gewesen. Auch im Mai habe es mit 50 Litern pro Quadratmeter ebenfalls rund ein Drittel weniger als im langjährigen Mittel geregnet. Noch problematischer sei aber die ungleiche Verteilung über das gesamte Land. Während im Nordosten die Landwirte mit den Niederschlagsmengen insgesamt zufrieden gewesen wären, seien die Westeifel, Teile des Hunsrück und des Taunus sehr hart von der Trockenheit betroffen. Insgesamt hätten die nicht ausreichenden Niederschlagsmengen zu deutlichen Ertragsdepressionen geführt, die keine hohen Erträge zuließen.

Der Präsident Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Michael Horper, betonte, dass die Bauern in diesem Jahr in allen Produktionsbereichen stark gebeutelt seien: „Die niedrigen Milch- und Fleischpreise und nun auch noch die viel zu trockene Witterung machen es den landwirtschaftlichen Betrieben nicht leicht. Die Liquidität in den Betrieben ist zum Teil besorgniserregend, die Existenz der Betriebe vielfach gefährdet. Die meisten Bauernfamilien kommen aber bei der Ernte mit einem blauen Auge davon und können noch durchschnittliche Erträge bei Getreide und Raps einfahren. Auf guten, schwereren Böden mit hoher Wasserhaltefähigkeit seien in allen Regionen die Ertragseinbußen wesentlich geringer als auf leichten, sandigen Böden.“ Positiv überrascht zeigte sich Horper von der Wintergerste, die sowohl mengenmäßig als auch qualitativ zufriedenstellende Ergebnisse liefere. Dies liege vor allem daran, dass diese Kultur am meisten von der Winterfeuchtigkeit profitiere. Wo allerdings die Gerste vom Gelbverzwergungsvirus betroffen gewesen sei, seien ebenfalls Einbußen zu verzeichnen. Wintergerste werde auf knapp 37.000 Hektar angebaut und liege somit 5 Prozent über dem Vorjahresniveau. Das Preisniveau liege bei der Futtergerste um 140 Euro pro Tonne.

Präsident Michael Horper vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau
Präsident Michael Horper vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau

Die Braugerstenfläche, fuhr Horper fort, bleibe hingegen mit rund 42.000 Hektar konstant. Gerade auf trockenen und leichten Standorten müsse mit deutlichen Ertragseinbußen bei den Sommergetreidearten gerechnet werden. Bei der Analyse der ersten Druschergebnisse seien niedrige Eiweißgehalte bei der Gerste festzustellen. Durch den Regen der letzten Tage könnten sich die Werte durchaus gerade in den Höhenlagen erhöhen. Preislich könnten die Landwirte mit über 180 Euro pro Tonne frei Erfasser akzeptable Erlöse erwirtschaften.

Horper führte aus, dass zurzeit Raps und Winterweizen geerntet würden. Obwohl viele Weizenschläge reif aussehen würden, sei häufig die Totreife noch nicht erreicht. Er sei erstaunt über die guten Qualitätseigenschaften des bisher geernteten Weizens. Die hohen Proteingehalte und Tausendkorngewichte könnten sich sehen lassen, während die Erträge insgesamt nur durchschnittlich seien. Die Ergebnisse für die Weizenernte könnten sich noch zufriedenstellend entwickeln. Bei Brotweizen würden momentan Erzeugerpreise von ca. 160 Euro pro Tonne erzielt werden, was in Anbetracht der erwarteten Erntemenge noch akzeptabel sei, aber keinen Anlass zur Freude gebe. Winterweizen sei mit 120.000 Hektar Anbaufläche die mit Abstand bedeutendste Marktfrucht in Rheinland-Pfalz.

„Deutliche Ertragseinbußen sind beim Raps zu verzeichnen. Wo es allerdings noch zufriedenstellende Niederschlagsmengen gab, konnten Erträge über vier Tonnen pro Hektar erzielt werden. Die Ölgehalte befinden sich aber auf einem niedrigeren Niveau als im vergangenen Jahr“, konstatierte Horper. Erfreut zeigte er sich über die stabilen Preise, die sich auf Grund der stabilen Sojanotierungen augenblicklich um die 365 Euro pro Tonne bewegen würden. Mit 44.000 Hektar habe die Rapsfläche um drei Prozent abgenommen.

Mais befände sich zur Zeit in einer kritischen Situation. Es fehle in einem großen Teil des Verbandsgebietes schlicht das Wasser. Aufgrund der aktuell geringen Größe der Maispflanzen müsse auch von einem geringeren Kolbenertrag ausgegangen werden. Ein niederschlagsreicherer Spätsommer könne aber den Wachstumsrückstand noch etwas kompensieren. Einen gegenüber dem Vorjahr geringeren Maisertrag von etwa 20 Prozent halte er durchaus für realistisch.

Problematisch sieht Horper die Ertragssituation im Grünland. Der erste Schnitt bis Anfang Mai sei sehr gut im Ertrag und in der Qualität gewesen. Die daraufhin folgende Trockenheit habe zu Ertragsdepressionen geführt, sodass insgesamt von einem Gesamtmasseverlust von 20 bis 25 Prozent ausgegangen werden müsse. Das überlagerte Futter des hervorragenden Ertragsjahres 2014 ermögliche aber vielen Betrieben diesen Ertragsrückgang auszugleichen. Der Bauern- und Winzerverband habe sich aufgrund der Futterknappheit für die Nutzung des Aufwuchses stillgelegter Flächen eingesetzt. Er begrüßte die Entscheidung der Landesregierung, die es den betroffenen Bauern ermöglicht habe, den Aufwuchs ab dem 14. Juli zu nutzen.

Horper zeigte sich trotz der Trockenheit im späten Frühjahr und im Sommer noch zufrieden mit der Ernte. Dies dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in den extremen Trockengebieten der westlichen Eifel und des Hunsrücks zu großen wirtschaftlichen Schäden bei einigen Betrieben kommen werde. Aufgrund der europa- und weltweit guten Getreideernte werde es zwar zu keinen Höhenflügen bei den Getreidepreisen kommen, er erwarte aber stabile Preise auf mittlerem Niveau. Gerade die trockenheitsbedingten Ertragsminderungen und Qualitätseinbußen könnten zu höheren Preisen bei guten Qualitäten führen. Hier sei aber das Ende der Ernte abzuwarten. Die Erzeuger sollten die Marktentwicklung beobachten und angesichts der aktuellen Preisofferten keine voreiligen Entscheidungen treffen.

Die Landfrauen des Kreisverbandes Bernkastel-Wittlich präsentierten unter ihrer Vorsitzenden Edith Baumgart die Vielfalt der mit Getreide herstellbaren Nahrungsmittel. Sie bedauerten den verschwindend geringen Anteil, die die Landwirtschaft beispielsweise an einem verkauften Brot erhalte. So führte Baumgart aus, dass die Getreideerzeuger nicht einmal sieben Prozent vom Verkaufserlös eines Brotes erhielten. Dies sei angesichts der vielfältigen Leistungen der Bauern, die zudem sehr stark von Preisschwankungen und Witterungsverhältnissen abhängig seien, nicht gerecht. Diese hätten schließlich das größte wirtschaftliche Risiko in der Wertschöpfungskette zu tragen. Am geringen Erlösanteil für die Landwirtschaft sei auch zu erkennen, dass eine Veränderung des Getreidepreises kaum Auswirkungen auf den Verkaufspreis der Teigwaren habe.

Horper nutzte das Erntegespräch, um auch aktuelle gesellschaftliche Themen anzusprechen. Er kritisierte die Nichtregierungsorganisationen, die über die Medien die Arbeit der heimischen Bäuerinnen und Bauern diskreditieren würden. Die Bauern seien keine Schlächter hochträchtiger Rinder. Nicht einmal ein Prozent aller geschlachteten weiblichen Rinder seien hochtragend. Natürlich müsse die Zahl weiter reduziert werden. Er habe aber kein Verständnis dafür, dass die Vorkommnisse verallgemeinert würden. Die Realität sehe anders aus als einzelne unseriöse Journalisten dies den Menschen im Lande weismachen wollten.

Weiterhin kritisierte Horper die Novellierung der Düngeverordnung. Sehr viele ungerechtfertigte und fachlich nicht begründbare Einschränkungen habe der Berufsstand verhindern können. Dennoch sei weiterhin eine Lagerfrist für Festmist geplant. Auch die Abstandsauflagen zu Fließgewässern seien in der geplanten Breite nur noch ideologisch aber nicht mehr fachlich begründbar: „Die verantwortlichen Politiker und Ministerialbeamte müssen anfangen zu denken bevor sie einen Gesetzentwurf erarbeiten! Sowohl aus der Wasserwirtschaft als auch aus der Politik ist zu vernehmen, dass das Wasser noch nie so sauber war wie heute. Dennoch werden die bürokratischen Daumenschrauben immer fester gedreht.“

Staatsekretär Peter Bleser kritisierte das Verhalten der Medien scharf. Viele Berichte über die Landwirtschaft seien zurzeit ohne jedes Maß unsachlich, teilweise böswillig und ohne Bezug zur Realität. Pauschale Verunglimpfungen des landwirtschaftlichen Berufsstandes seien schlimm. Die Pauschalierung von Einzelfällen schmerze ihn sehr.

Bleser brach eine Lanze für die bäuerlichen Genossenschaften und den Landhandel, insbesondere für die Raiffeisen Waren-Zentrale. Diese seien verwurzelt im ländlichen Raum und ein wichtiger Teil der Agrarbranche. Allerdings wirkten sich die Witterungsverhältnisse auch auf den Handel negativ aus. Die landwirtschaftlichen Betriebe dürften angesichts der aktuellen Preissituation – auch auf dem tierischen Sektor – nicht die Nerven verlieren. Vielmehr müsse sich die Agrarwirtschaft weiter am Wettbewerb orientieren. Dies gelte auch für die gesamte EU. Der Protest der französischen Bauern sei zwar verständlich, aber die wirtschaftlichen Einbrüche seien vor allem auch das Ergebnis verzögerter Marktanpassungen. Dies hätte die deutsche Landwirtschaft bereits hinter sich. Als Bauer und Staatssekretär bleibe er optimistisch, zumal man sich mittlerweile sehr gut auf die Verbrauchernachfrage eingestellt habe.

Der Vorsitzende des Fachausschusses für Pflanzliche Erzeugung im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau, Wilfried Berg, bestätigte die Aussagen von Präsident Horper hinsichtlich der aktuellen Erntesituation und kritisierte die öffentliche Diskussion um das Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Die Landwirtschaft sei für die in den Kläranlagen festgestellten Gehalte nicht verantwortlich. Es falle auf, dass genau dann Einträge gefunden würden, wenn die Landwirtschaft Glyphosat eben nicht einsetze. Dies zeige deutlich, dass vor allem die häufig fehlerhafte Anwendung durch Privatpersonen und eventuell im öffentlichen Bereich überprüft werden müssten.

Die Mitglieder des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau gemeinsam mit Vertretern der Kommunal, Landes- und Bundes-Politik, sowie Vertretern aus Handel und Gesellschaft
Die Mitglieder des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau gemeinsam mit Vertretern der Kommunal, Landes- und Bundes-Politik, sowie Vertretern aus Handel und Gesellschaft

Am Ende der Veranstaltung dankte Präsident Michael Horper allen Organisatoren des Erntegesprächs und hob dabei vor allem die Verantwortlichen der Raiffeisen Waren-Zentrale und des Autohauses in Wittlich, Reiner Hoffeld, Helmut Simon, Waldemar Brabant, sowie die Landfrauen Edith Baumgart, Karin Heyer, Margot Kölsch und Anne Kölsch hervor.

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