Wenn die Erde bebt

Erlebnisse von Hermann Simon in Mexiko City

Dieser Tage hatte unser Herausgeber der Serie „Kinder der Eifel“ ein eher unangenehmes Erlebnis. Er erlebte mittendrin das starke Erdbeben in Mexiko City. Lesen Sie an dieser Stelle,  wie der aus Hasborn stammende Eifler die Situation erlebt hat.

Mexico City. Im Programm der Konferenz, auf der ich am 19. September 2017 in Mexiko City sprechen sollte, war für 11 Uhr eine Erdbebenübung angekündigt. Sie wird jährlich in ganz Mexiko zur Erinnerung an ein katastrophales Erdbeben, das sich am gleichen Tag des Jahres 1985 ereignete und 6000 Todesopfer forderte, durchgeführt. Die Übung dauerte etwa eine halbe Stunde und verlief sehr diszipliniert. Anschließend gingen die Teilnehmer der Konferenz in den Hörsaal der Universität Centro zurück, in dem um 12 Uhr mein Vortrag beginnen und bis 13:30 Uhr dauern sollte. Ich starte pünktlich und spue mein Programm ab. Um 13:15 Uhr geht ein Ruck durch das Gebäude, die Bühne, auf der ich stehe, wackelt. Zwei Stunden nach der Übung tritt der Ernstfall ein! Die mehreren Hundert Zuhörer springen auf und eilen zu den Ausgängen, ohne in Panik zu geraten. Ich lasse alles stehen und liegen und spurte ebenfalls zum Ausgang. Da der Hörsaal im ersten Stock liegt, sind wir schnell draußen auf dem freien Platz. Das moderne Gebäude dieser Universität hat etwa 20 Stockwerke. Wir sehen, wie die Menschen aus den oberen Stockwerken – teilweise auf außenliegenden Freitreppen – nach unten fliehen. Sie brauchen wesentlich länger. Mit ihnen hätte ich nicht tauschen wollen. Denn das Gebäude stößt derweil Geräusche aus, die ins Mark gehen, da die Stahlträger unter den Erschütterungen ächzen. Glücklicherweise kommt in dem modernen und damit erdbebensicheren Universitätsgebäude niemand zu Schaden. In der Stadt aber stürzen zahlreiche Gebäude ein und mehr als 230 Menschen sterben. Dieses Erdbeben ist mit einem Wert von 7,1 auf der Richter-Skala wesentlich stärker als ein Beben, das ich Jahre zuvor in Tokyo erlebt hatte und das einen Wert von 5,8 erreichte.

Nach dem Beben brich der Verkehr in Mexiko City, der ohnehin nur aus Staus besteht, völlig zusammen. Wie sollte ich vom Konferenzort in mein recht weit entferntes Hotel zurückkommen? Mit dem Auto würde es Stunden dauern. Meine Gastgeber zeigen sich erfinderisch. Sie finden ein Fahrrad, mit dem ich die Strecke bewältigen kann. Da es jedoch für mich aussichtslos ist, den Weg durch den Straßendschungel von Mexiko City alleine zu finden, wirft sich einer der Gastgeber, ein Hobby-Marathonläufer, in seine Laufausrüstung, die er im Büro hatte, läuft voraus und zeigt mir den Weg. So schaffen wir die Strecke in etwa einer Stunde. Und es gibt sogar eine Beziehung zur Eifel. Denn der Begleiter hatte zwei Jahre im Priesterseminar in Bad Münstereifel studiert, sich dann jedoch für den Managerberuf entschieden. Ich war ihm sehr dankbar, dass er mich durch das Nacherdbeben-Chaos von Mexiko City sicher in das unbeschädigte Hotel zurückbrachte (siehe Foto).

Nach solchen Erlebnissen lernt man zu schätzen, dass wir in Deutschland von derart gravierenden Naturgefahren weitgehend verschont bleiben. Doch wer weiß, wann die Vulkane in der Eifel wieder aktiv werden. Nach Aussagen von Wissenschaftlern lässt sich das nicht prognostizieren und kann jederzeit passieren.

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