Licht und Schatten im Ampel-Koalitionsvertrag

karikatur_ritter_21_16Mainz. Erstmals wird Rheinland-Pfalz von einer Ampel-Koalition regiert. Aus Steuerzahlersicht beinhaltet der Koalitionsvertrag Licht und Schatten zugleich. Auf vielen Seiten des umfangreichen Vertragswerkes finden sich Vorhaben und Bereiche, in denen die Ampel neu, verstärkt, engagierter oder besser tätig werden will. Was das alles kosten soll, bleibt in den meisten Fällen ungewiss – klar ist aber, dass die Summe der Vorhaben deutliche Mehrausgaben verursachen wird. Wenn es dagegen ums Sparen geht, findet sich nur wenig Konkretes.

Die Positionen des BdSt Rheinland-Pfalz im Einzelnen zu folgenden wichtigen Themenbereichen:

1. Haushalt & Einhaltung der Schuldenbremse

Die Ampel bekennt sich zur Einhaltung der Schuldenbremse bis spätestens 2020. Insofern verspricht sie nur, die Verfassung einzuhalten. Das ist eine Selbstverständlichkeit, aber gewiss keine ambitionierte Konsolidierungspolitik. Der Steuerzahlerbund hätte es begrüßt, wenn die neue Koalition
sich darauf verständigt hätte, die schwarze Null bereits in 2016 oder in 2017 einzuhalten. Andere Bundesländer wie Bayern, Berlin und Sachsen zeigen, dass das trotz Flüchtlingskrise möglich ist. Schließlich profitiert der Staat von Rekordsteuereinnahmen und sehr niedrigen Zinsen. Wenn es die Landesregierung von Rheinland-Pfalz nicht einmal bei diesen ausgezeichneten Rahmenbedingungen schafft, ohne neue Schulden auszukommen, wann denn dann?

Lobenswert ist, dass das Haushaltsberichtswesen transparenter werden soll. Was darunter zu verstehen ist, bleibt aber abzuwarten. An den großen Wurf – die Umstellung auf die Doppik – wagt sich auch die Ampel nicht heran. Einmal mehr will sich das Land Rheinland-Pfalz nicht an das halten, wozu es die Kommunen verpflichtet. Dass es stattdessen ein nicht näher definiertes „Gender Budgeting“ geben soll, lässt an den politischen Prioritäten zweifeln.

2. Steuern, Abgaben und Gebühren

Erneut müssen die Steuerzahler feststellen, dass es für sie keine finanziellen Entlastungen geben wird – sondern im Zweifel eher einen tieferen Griff ins Portmonee. Unterstützenswerte Steuervereinfachungen sind aus Sicht der Koalitionäre solche, die aufkommensneutral sind. Die Erbschaftsteuer soll ebenso bleiben wie der umstrittene Wassercent. Die Grunderwerbsteuer wird im Koalitionsvertrag gar nicht erwähnt und somit eine Erhöhung offen gehalten. Bezüglich der Grundsteuer B ist weiterhin kein Rahmen zur Deckelung vorgesehen. Dabei wäre eine Grundsteuerbremse ebenso wichtig wie die bereits beschlossene Mietpreisbremse. Wer sich zu bezahlbarem Wohnraum bekennt, darf damit nicht warten, bis die Hebesätze astronomische Höhen wie z. B. in Nordrhein-Westfalen erreicht haben.

Das Festhalten an den kostenlosen Kitas sieht der BdSt kritisch. Diese in Deutschland einzigartige Freistellung kostet das Land Rheinland-Pfalz über 120 Mio. Euro pro Jahr. Die Wiedereinführung gestaffelter Kita-Gebühren wäre sozial gerecht und könnte einen wichtigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten.

Unterstützt wird dagegen die Ablehnung der Pkw-Maut durch die Ampel-Koalitionäre. Mit der Kfz-Steuer, der Mineralölsteuer und der Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe sind die Autofahrer in Deutschland bereits jetzt die Melkkühe der Nation. Und eine reine Ausländer-Maut wäre höchstwahrscheinlich nicht mit dem europäischen Recht zu vereinbaren.

3. Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerverschwendung

Der Kampf gegen die Steuerhinterziehung ist wichtig und notwendig. Wenn die Landesregierung hierbei die eigene Finanzverwaltung verbessern und Gesetze zum Schließen von Schlupflöchern im Bundesrat mittragen will, so kann der Steuerzahlerbund dies nur begrüßen.

Doch die andere Seite der Medaille ist der Kampf gegen die Steuerverschwendung. Dazu findet sich im Koalitionsvertrag kein einziges Wort, obwohl Rheinland-Pfalz für seine Pleiten-, Pech- und Pannenprojekte wie den Nürburgring, die Flughäfen Hahn und Zweibrücken, die Hochmoselbrücke, die Schiersteiner Brücke und das Schlosshotel in Bad Bergzabern unrühmliche Bekanntheit erworben hat. Wie wollen die Ampel-Koalitionäre verhindern, dass sich neue Großprojekte wie die Sanierung des Landtages, der geplante Bau der Mittelrheinbrücke oder die Reaktivierung der Hunsrückbahn zu neuen Millionengräbern entwickeln?

4. Verteilung der Ministerien

Die rot-grüne Landesregierung kam mit acht Ministerien aus. Jetzt wird ein zusätzliches Ministerium geschaffen, damit die SPD mit fünf Ministerien immer noch mehr hat als FDP und Grüne zusammen. Dass das bisherige Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur zweigeteilt wird, ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Ebenfalls stellt sich die Frage nach der Relevanz und Notwendigkeit eines eigenständigen Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz. Mehrausgaben für neue Ministerien, die von der Sache her nicht geboten sind, stellen Steuergeldverschwendung dar. Außerdem drohen aus der künstlichen Aufspaltung von Themenbereichen, die eigentlich zusammengehören, teure Doppelstrukturen und unnütze Kompetenzstreitigkeiten.

5. Landespersonal

Die Personalausgaben im Landeshaushalt liegen bei rund 40 Prozent. Gerade in diesem Bereich wird sich der Erfolg oder Misserfolg der Haushaltskonsolidierung entscheiden. In der Landesverwaltung sollen laut Koalitionsvertrag innerhalb der nächsten Jahre 2.000 Stellen gestrichen werden. Das ist eines der wenigen definitiven Sparvorhaben. Beim Polizei-nachwuchs sollen 2.500 Stellen geschaffen werden. Wie hoch die Netto-Verstärkung der Polizei konkret ausfallen wird, ist aus dem Vertrag nicht zu entnehmen. Damit bleibt unklar, wie groß die Spareffekte im Personalbereich insgesamt sind.

Laut Finanzplanung werden die gesamten Personalausgaben von 2015 bis 2020 um fast 700 Mio. Euro steigen. In Hinblick auf die Haushaltskonsolidierung gilt es durch Stelleneinsparungen und maßvollen Entgelt-Anpassungen diesen Trend zu dämpfen. Hierzu muss die Ampel-Koalition zusätzliche Maßnahmen planen.

Größter Sprengsatz im Landeshaushalt ist weiterhin die Entwicklung der Beamtenpensionen. Laut Finanzplanung werden sich alleine die Ausgaben für die Beamtenpensionen von 1,8 Mrd. Euro in 2015 auf 2,3 Mrd. Euro in 2020 erhöhen, d.h. um rund eine halbe Milliarde Euro! Dennoch wird die nötige Reform der Beamtenversorgung im Koalitionsvertrag komplett ausgeblendet. Die Reformen der Gesetzlichen Rentenversicherung, allen voran die Übertragung des Nachhaltigkeitsfaktors, müssen endlich auf die Beamtenversorgung angewendet werden. Was für die Angestellten des Landes gilt, sollte auch für die Beamten gelten.

Die Fortführung des umstrittenen Pensionsfonds wird vom Steuerzahlerbund gleichfalls abgelehnt. Eine Vorsorge auf Pump ist keine echte Vorsorge. Vor diesem Hintergrund ist selbst die angekündigte Überarbeitung der Anlagerichtlinie nur ein schwacher Trost. Der Fonds soll demnach auf Anlageformen setzen, die wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig sowie risikoarm sind – doch das gleicht der Quadratur des Kreises. Besser ist es, die Zuführungen an den Pensionsfonds solange auszusetzen, bis Rheinland-Pfalz wieder Haushaltsüberschüsse erzielt.

6. Verkehr und Infrastruktur

Die Landesstraßen durch unzureichende Investitionen verkommen zu lassen, stellte keine Sparmaßnahme, sondern eine versteckte Verschuldung dar. Schließlich können nötige Sanierungen nur zeitlich verzögert, nicht aber komplett umgangen werden. Daher ist es begrüßenswert, dass es in der kommenden Legislaturperiode endlich ein Budget geben soll, das den Sanierungsstau langsam abbauen wird. Die geplanten Brückenprojekte am Rhein sieht der Steuerzahlerbund mit gemischten Gefühlen. In Sachen Neubau hat die vergangene Landesregierung in der Tat nur wenig getan. Doch angesichts hoher Investitionskosten muss der verkehrliche Bedarf genauestens geprüft werden.

Eine Reaktivierung der Hunsrückbahn zur Verbindung des Rhein-Main-Gebietes mit dem Flughafen Hahn wäre eine Verschwendung von Steuergeld. Nicht nur, dass die Bahn wegen des nachhaltigen Einbruchs der Passagierzahlen am Hahn ihre Zweckmäßigkeit verloren hat – mit der geplanten Streckenführung wäre der Bus zwischen Mainz und dem Flughafen immer noch schneller. Insofern mangelt es der Hunsrückbahn auch an Attraktivität.

Dagegen wird der angekündigte Ausbau der digitalen Infrastruktur begrüßt. Einen verstärkten Breitbandausbau hält der Steuerzahlerbund in Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft gleichfalls für sinnvoll.

7. Kommunales

Rheinland-Pfalz hat eine der kleinteiligsten Kommunalstrukturen in Deutschland. Um lebensfähige und effizient arbeitende Kommunen schaffen zu können, hat der Steuerzahlerbund bereits den Vollzug von Kommunalfusionen unter der rot-grünen Landesregierung unterstützt. Das Bekenntnis der Ampel-Parteien zur fortgesetzten Kommunal- und Verwaltungsreform wird daher sehr begrüßt. Was Rheinland-Pfalz nötig hat, ist eine ähnlich mutige kommunale Flurbereinigung, wie sie schon in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern vollzogen wurden.

Kommunen müssen zur Bewältigung ihrer Aufgaben vom Land finanziell angemessen ausgestattet werden. Das sich die Parteien im Koalitionsvertrag zum Konnexitätsprinzip bekennen, sollte auch in der gelebten politischen Praxis eine Selbstverständlichkeit sein. Die Zeiten, in denen der kommunale Finanzausgleich ein Fall für den Verfassungsgerichtshof war, sollten sich nicht wiederholen. Ein Bundesland kann sich nicht auf Dauer auf Kosten seiner Landkreise, Städte und Gemeinden sanieren – denn am Ende müsste das Land die vor dem finanziellen Kollaps stehenden Kommunen doch wieder retten. Ω

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