Facebook verkauft Nutzerdaten

„Audience Insights“

Mit dem Programm „Audience Insights“ macht das Netzwerk Facebook aus seinen Mitgliedern gläserne Menschen und verkauft die entsprechenden Daten an Werbekunden. Jüngst stellte Facebook seinen wichtigsten Werbekunden das neue Instrument zur Zielgruppenanalyse vor. Hinter einer recht nüchternen Information bietet sich die Gelegenheit zu einem etwas anderen Blick auf die Kulissen des sozialen Netzwerks. Bei Facebook breiten mehrere hundert Millionen Menschen auf der gesamten Welt ihre Gedanken, Gefühle, Pläne, Vorlieben, ihre Situation und Position und noch mehr über ihr gesamtes Leben aus.Enorme Datensammlung – enormes Werbepotential

Die Präsentationsoberfläche von Facebook zeigt, womit man sein Geld verdient. Es ist eine riesige Datenbank, die unablässig von mehr als einer Milliarde Menschen mit persönlichen Daten ausgestattet wird, und diese enorme Datensammlung gibt Facebook der kommerziellen Auswertung preis. Die Nachricht, dass Facebook mit „Audience Insights“ schon jetzt seinen US-amerikanischen und wohl bald auch den europäischen Werbekunden eine überaus mächtige Datenbank-Abfrage anbietet, ist im Prinzip bereits eine Vollzugsmeldung.

Kritik von Datenschützern

Datenschützer kritisieren die Möglichkeiten der Datenanalyse bereits seit vielen Jahren. Das neue Facebook-Programm „Audience Insights“ erlaubt den Kunden, die jeweilige Zielgruppe genau zu definieren, entsprechend werberelevante Daten abzurufen und sie mit den Daten aller Nutzer zu vergleichen. Die Facebook-Werbekunden können mit dem neuen Facebook-Programm ihre Zielgruppe exakt bestimmen. Es können ganz klar wichtige werberelevante Daten in präziser Art und Weise abgerufen werden. Angaben zu Geschlecht, Wohnort, Alter, Bildungsstand, beruflicher Position und zur Größe des Haushalts können genauso abgefragt werden wie die stärksten Interessen des jeweiligen Facebook-Mitglieds. Nach ganz besonderen Produktvorlieben lässt sich das Einkaufsverhalten genau spezifizieren. Ebenso weiß der Facebook-Werbeanwender, ob die Nutzer lieber im Internet oder stationär einkaufen.

Facebook und seine „vertrauenswürdigen Partner“

Facebook beteuert, dass sämtliche Daten nur anonymisiert zum Einsatz kommen und dass man lediglich Daten auswertet, die die Facebook-Mitglieder dort selbst veröffentlicht hätten, man arbeite mit „vertrauenswürdigen Partnern“ zusammen, so zum Beispiel mit ACXIOM, dem weltweit größten Händler von Konsumentendaten. Die US-amerikanische Verbraucherschutzbehörde FTC (Federal Trade Commission) hat allerdings so ihre Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit von ACXIOM und forderte diese Firma bereits im Dezember 2012 auf, ihre Verfahren der Datenaufbereitung genau offenzulegen und auch den Konsumenten die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihre Daten der Auswertung wieder entziehen können. In der Bundesrepublik Deutschland greift ACXIOM auch auf amtliche Daten wie den Mikrozensus zu.

Wo bleibt die gesittete Kultur?

Die Entziehung von Daten muss in Zukunft auch bei Facebook möglich sein, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) vor einigen Wochen einem Spanier, der seine Privatsphäre verletzt sah, Recht gab und Google insgesamt dazu verurteilte, unliebsame Links in seinen Suchergebnissen zu löschen. Google zeigte sich entsetzt. Manche Facebook-User glauben, dass Facebook ein rechtsfreier Raum sei. Dort wird häufig gegen andere gepöbelt, es wird beleidigt und es werden auch falsche Informationen über missliebige Mitmenschen ausgebreitet. Es ist kaum nachvollziehbar, was manche Leute so alles bei Facebook von sich geben. Da bleibt die gesittete Kultur oft ganz klar auf der Strecke.

Man will ja nur die Zielgruppe verstehen

Im Präsentationsvideo von Facebook zum Thema „Audience Insights“ sagt Facebook-Produktmanagerin Lu’chen Foster, dass Facebook weiß, dass es entscheidend für sie (also die Werbewirtschaft) ist, die Zielgruppe zu verstehen, also für welche Produkte, Medien, Fernsehsendungen, Marken, Filme, Bands, Prominente oder sonst was interessieren sich die Mitglieder der Zielgruppe. Es geht aber noch um viel mehr, nämlich auch um die Preisgestaltung. So ist es für die Werbewirtschaft gut zu wissen, wo und in welchen Umständen die entsprechenden Mitglieder einer Zielgruppe leben und wie schnell sie sich für ein neues Produkt begeistern können. Weil Facebook so viel über seine Nutzer weiß, kann Facebook nicht nur deren Bedürfnisse befriedigen, sondern kann auch neue schaffen und diese steuern.

Jedes einzelne Facebook-Mitglied ist auf dem Radar!

Aber es ist nur die eine Seite der Medaille, dass angeblich die Daten anonym ausgewertet werden. Denn eines ist ganz klar: Facebook hat jedes einzelne Mitglied auf dem Radar.

Notwendiges Urteil gegen Google

Der Paukenschlag aus Luxemburg

Am 13. Mai 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein Urteil gesprochen, dass für Google ein unerwarteter Paukenschlag gewesen sein muss. Google ist jetzt dafür verantwortlich, was in seinen Suchergebnissen alles so erscheint. Wenn die Ergebnisse das Recht auf Privatsphäre von EU-Bürgern verletzen, dann können diese von Google verlangen, dass die entsprechenden Links und Kurztexte gelöscht werden.

EU-Datenschutzrichtlinie gilt

Im Einzelnen urteilten die Richter des EuGH, dass Google gemäß der aktuellen EU-Datenschutzrichtlinie Daten erhebt und verarbeitet. Die Richter führten aus, dass Google die Datenauslese speichere, organisiere und sie auf eigenen Servern bewahre, um sie schlussendlich an andere Nutzer weiterzugeben. Weil Google als Suchmaschinenbetreiber allein über die Art und Weise der Verarbeitung entscheide, erwachse daraus eine große Verantwortung für die Suchergebnisse. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass in Zukunft nicht nur der Betreiber einer Internetseite für den Inhalt verantwortlich ist sondern auch der jeweilige Suchmaschinenbetreiber, der die Daten erhebt und verarbeitet.

Privatmann klagt gegen Gigant Google

Google hat bekanntlich im Laufe der letzten Jahre weltweit eine enorme Marktmacht aufgebaut und andere Suchmaschinenbetreiber verdrängt. Im Jahre 2010 hatte ein Spanier gegen die Google Inc. und die Google Spanien und die Zeitung „La Vanguardia“ geklagt und damit argumentiert, dass es ein „Recht auf Vergessenwerden“ geben muss. Dem Spanier passten die Ergebnisse der Google-Suchmaschine nicht. Google zeigte bei der Suche nach seinem Namen Artikel der spanischen Zeitung „La Vanguardia“ und darin wird der Kläger in Zusammenhang mit einer gepfändeten Immobilie gebracht. Die AEPD, das ist die spanische Datenschutzagentur, gab der Beschwerde über Google Inc. und Google Spanien statt. Google wiederum erwiderte diese Beschwerde mit einer Klage vor dem spanischen Gericht Audiencia Nacional in Madrid. Dieses Gericht setzte die Sache jedoch aus und übergab sie zur Vorentscheidung an den Europäischen Gerichtshof.

Recht auf Meinungsfreiheit und Recht auf Vergessenwerden

Für viele Beobachter ist das Urteil umso überraschender, weil die Richter in aller Regel den Empfehlungen des Generalanwalts folgen. Generalanwalt Niilo Jääskinen hatte in dieser Sache in seinen Schlussanträgen im Jahre 2013 klargemacht, dass es seines Erachtens ein „Recht auf Vergessenwerden“ nicht geben kann. Er sagte, dass dies zumindest auf der Basis der aktuellen Datenschutzrichtlinien der EU nicht möglich sei. Weiterhin berief er sich auf das Recht auf Meinungsfreiheit, verbrieft in Artikel 11 der EU-Charta. Danach hat jeder EU-Bürger das Recht, seine Meinung nicht nur zu äußern, sondern es wird auch der Zugang zu Informationen garantiert. Im aktuellen Fall betraf dies zum einen den Zugang zum Internetarchiv von „La Vanguardia“ und zum anderen die Meinungsfreiheit des Suchmaschinenbetreibers Google und der Zeitung, entsprechende Informationen zu veröffentlichen. Besonders hoch wertete Jääskinen das Recht auf Meinungsfreiheit. Er begründet dies auch damit, dass immer mehr Staaten versuchen, den Zugang zu Informationen im Netz zu beschränken.

Ausnahmen von der Löschungspflicht nur bei Personen des öffentlichen Lebens

Jedoch folgten die EuGH-Richter der Meinung des Generalanwaltes in ihrem Urteil nicht. Unter bestimmten Voraussetzungen wird in Zukunft Google selbst dann Daten löschen müssen, wenn sie von anderen Internetseitenbetreibern rechtmäßig erhoben wurden und auch weiterhin öffentlich zugänglich sind. Dies ist im vorliegenden Fall so. „La Vanguardia“ hatte die entsprechenden Artikel rechtmäßig ins Internet gestellt. Die Luxemburger Richter begründeten den großen Umfang der Löschungspflicht damit, dass die Suche über Google und andere konkurrierende Suchmaschinen das detaillierte und damit auch strukturierte Profil einer Person zeige. Dies betreffe potentiell zahlreiche Aspekte des jeweiligen Privatlebens einer Person. Ausnahmsweise, so die Richter, sei die Veröffentlichung solcher Daten nur dann zulässig, wenn es sich um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

Datenlöschung kann eingeklagt werden

Wer also seine Daten löschen lassen will, der kann das jetzt bei Google beantragen. Gibt Google dem Antrag nicht statt, dann sollten sich die Betroffenen an den jeweiligen Datenschutzbeauftragten des jeweiligen EU-Mitgliedslandes wenden und am Ende die Löschung vor einem nationalen Gericht einklagen.

Urteil hat auch Auswirkungen auf Facebook

Was jetzt für die Suchmaschinen inklusive Google gilt, wird sicherlich auch ganz klar Auswirkungen auf das Getümmel bei Facebook haben. Dort laden manche Mitglieder oftmals nur Gehässigkeiten und Unwahrheiten über andere Personen ab. Diese müssen sich endlich dagegen wehren können und es erreichen können, dass solche Inhalte gelöscht werden. Allerdings wird das Finden der kompromittierenden Informationen über eine Person lediglich erschwert, aber nicht unmöglich gemacht, denn in Gerichtsakten, Zeitungsarchiven etc. bleiben diese ja trotzdem bis in alle Ewigkeit bestehen.

EuGH-Urteil hat nur Rechtskraft in den EU-Ländern

An das EuGH-Suchmaschinen-Urteil ist Google allerdings nur in den Ländern der EU gebunden, während bis auf Weiteres in den USA und darüber hinaus auf Google.com weiterhin nichts vergessen werden muss.

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