Adalbert Podlech

– Jurist und Philosoph aus Euskirchen

Der 1929 als ältester Sohn des Gymnasiallehrers und Heimatforschers Wilhelm Podlech (1892 –1983) und dessen Ehefrau Maria Gschwend zur Welt gekommene Adalbert Podlech gehörte zu den westdeutschen Vordenkern im Bereich Recht und Informatik. Die Selbstwahrnehmung des zeitlebens mit rheinischem Tonfall sprechenden Rechtswissenschaftlers orientierte sich mehr an seiner Abstammung als an der Geographie seines Geburtsorts Euskirchen. Er verstand sich primär als „Mitteleuropäer“. Dies hing damit zusammen, dass die Familien seiner Großeltern aus unterschiedlichen Gegenden Mitteleuropas stammten, während die Nordeifel nur kurze beruflich bedingte familiäre Zwischenstation war. Sein gleichnamiger Großvater Adalbert Podlech war Ostpreuße, dessen fast 40 Jahre jüngere Ehefrau kam aus Baden, wohingegen sein Großvater mütterlicherseits Schweizer und Pfälzer Wurzeln aufwies und dessen Ehefrau wallonischer Abstammung war. Die frühen Jahre des Lehrersohns Podlech waren von Wohnortwechseln geprägt. Erst in den dreißiger Jahren fasste sein Vater dauerhaft Fuß in Linz am Rhein. Dort besuchte Adalbert zunächst die Volksschule, dann die Staatliche Oberschule für Jungen. Nach dem Linzer Abitur 1949 studierte Podlech Philosophie, Geschichte, Theologie und Vergleichende Religionswissenschaft in Bonn. Der Katholik Podlech hatte längere Zeit überlegt, Priester zu werden, schließlich aber davon Abstand genommen und verfolgte nun das alleinige allgemeine Berufsziel, „Professor“ zu werden. Wichtiger Schritt dazu sollte die 1956 veröffentlichte Doktorarbeit zur Existenzphilosophie von Jean-Paul Sartre werden. Aber 1957 orientierte sich der inzwischen 28-Jährige Dr. phil. Podlech um und begann in Bonn ein Jurastudium, nach dessen Abschluss er Assistent bei dem hoch bedeutenden Staatsrechtler und Rechtsphilosophen E.-W. Böckenförde wurde. Juristische Promotion und Habilitation (1969) ebneten Podlech den Weg zur Professur für Öffentliches Recht an der TU Darmstadt (1973).
Sehr ungewöhnlich für damalige Verhältnisse war das frühe Interesse, das Podlech für rechtstheoretische Fragen der Arbeit mit Computern entwickelte. Bereits in den späten Sechziger Jahren, als es erst einige Zehntausend Rechner in der Bundesrepublik gab, wurde Podlech zu einem führenden Rechtsinformatiker. Im Themenfeld von Recht und Datenverarbeitung beschäftigte ihn die Frage nach den Auswirkungen neuer Datentechnologien auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Grundrechte. Über den engeren Kreis der Fachleute hinaus bekannt wurde Podlech Anfang der Achtziger Jahre durch die leidenschaftlichen Diskussionen zum Volkszählungsgesetz. Als das Bundesverfassungsgericht 1983 ein Grundrecht auf „informationelle Selbstbestimmung“ bejahte, hatte Podlech durch seine argumentativen Vorarbeiten zusammen mit dem Datenschutzpionier Wilhelm Steinmüller (1934 –2013), auf den der genannte Begriff zurückgeht, daran maßgeblichen Anteil. Die Volkszählungsdebatte war allerdings nicht der erste Großkonflikt, in dem sich Podlech zu Wort gemeldet hatte. 1981/82 unterstützte er vor dem Hessischen Staatsgerichtshof als Prozessvertreter der Bürgerinitiative „Startbahn West“ deren Einsatz gegen die umkämpfte Frankfurter Flughafenerweiterung. Podlech beklagte dabei „schier unglaubliche Rechtsverletzungen“ der von Ministerpräsident Börner (SPD) geführten Landesregierung. Neben spezifisch rechtswissenschaftlichen Erwägungen waren ihm bei seinem rechtspolitischen Engagement vor allem philosophisch-ethische Grundsatzfragen wichtig. Dies galt auch für seine Tätigkeit als Richter am Hessischen Landessozialgericht (1981–1989), wo er mit kassenärztlichen Streitfragen und dem Sozialdatenschutz befasst war. Von Enttäuschungen begleitet waren Podlechs langjährige Bemühungen zur universitären Verankerung der Rechtsinformatik an der TU Darmstadt. Seine diesbezüglichen Vorstellungen kollidierten mit den Konzepten von Kollegen; letztlich konnte er sich im Konflikt der Professoren nicht durchsetzen. Sicherlich davon nicht unbeeinflusst, aber auch aufgrund persönlicher Umstände wandte sich Podlech nun stärker kulturgeschichtlichen Themen zu. Seit 1986 lebte er getrennt von einer Ehefrau Jutta Kuhl-berg; aus der mit ihr 1960 geschlossenen Ehe waren zwei Kinder hervorgegangen. Neue Lebensgefährtin wurde Dietlinde Karkutli (gestorben 1994), die durch ihr erfolgreiches „Bauchtanz-Buch“ und andere Aktivitäten entscheidend dazu beitrug, den Bauchtanz in der Bundesrepublik populär zu machen. Karkutli, in erster Ehe mit dem arabischen Künstler Burhan Karkutli (1932–2003) verheiratet, intensivierte bei Podlech das Interesse an arabischer Welt und Islam und deren Wechselwirkungen mit europäischer Kultur. Zehn Jahre nach seiner Emeritierung veröffentlichte Podlech 2007 sein kulturhistorisches Spätwerk „Sex, Erotik, Liebe. Der Umgang der Männer mit Frauen durch die Jahrtausende, ermittelt aus Sprachen und Texten“. Auf der Basis detaillierter wortgeschichtlicher Überlegungen schloss er sich darin der These an, dass es seit Jahrtausenden Männer waren, die bestimmten, wie Sex, Liebe und Erotik ausgelebt wurden. Professor Adalbert Podlech verstarb im April 2017 in Darmstadt.

Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen