Alexander, Wilhelm und Benedikt Henn

Trierer Benediktineräbte aus St. Vith und Büllingen

285_maximin_17_16In den Dekaden unmittelbar vor und nach 1700 kam es im Erzbistum Trier zu einem denkwürdigen kirchengeschichtlichen Phänomen: Drei einflussreiche und altehrwürdige Benediktinerklöster wurden von Mitgliedern einer bürgerlichen Familie aus dem Eifler Grenzraum um St. Vith als Äbte geführt: Alexander Henn war von 1680 bis 1698 Abt der Reichsabtei St. Maximin, Wilhelm Henn von 1700-1727 Abt von St. Matthias und schließlich Benedikt Henn von 1701-1747 Abt von St. Martin in Trier. Das war aber noch nicht alles, was diese Familie aus der Nordwesteifel damals an Geistlichen aufzubieten hatte. Bei der feierlichen Abtweihe von Wilhelm Henn 1700 werden zwei weitere Brüder als Geistliche genannt: Maximin Henn, zu dieser Zeit Diakon in Echternach, und Arnold Henn, Mönch in St. Maximin. Und sogar, wenn man Abt Alexanders Schwester, die Ordensfrau Maria Gertrud Henn (1667-1731), einbezieht, ist die Aufzählung noch keineswegs vollständig.

Während man lange davon ausging, dass es sich bei den drei Äbten um Brüder handelte, hat neuerdings der Genealoge Karl Oehms daran Zweifel geäußert. Auf der Basis einer umfangreichen Datensammlung zur Familie Henn hält er die drei Henn-Äbte teilweise für Vettern: Alexander Henn ist danach ein Sohn des St. Vither Bürgers Nikolaus Henn, wohingegen Benedikt und Wilhelm Söhne von dessen Bruder Wilhelm Henn sind. Diese Henn-Familie ist seit Beginn des 17. Jahrhunderts in der Gegend um St. Vith und Büllingen nachweisbar, wo sie zur lokalen Führungsschicht gehörte und Rentmeister, Schultheißen und Bürgermeister stellte. Was sie genealogisch-historisch zudem für viele Forscher faszinierend macht, ist die Verwandtschaft mit einer schillernden Figur des 18. Jahrhunderts: dem Abenteurer Theodor von Neuhoff (1694-1756), der als erster und einziger König von Korsika berühmt wurde; Karl Oehms sieht in ihm einen Sohn der in Büllingen geborenen Theodora Henn.

Der erste aus der Reihe dieser Henn-Geistlichen, der die Abtswürde erlangte, war der in St. Vith geborene Alexander Henn (1643-1698). Nicht unerheblicher Faktor bei seiner Wahl dürfte der Umstand gewesen sein, dass Maximin Gülich, sein Vorgänger im Amt des Abts, ein Onkel mütterlicherseits von ihm war. Alexander Henn sah sich in seiner Amtszeit mit schwierigsten Verhältnissen konfrontiert. Die letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts waren in Trier ebenso wie im übrigen Moseltal und in der Eifel von der verheerenden Kriegführung der Soldaten des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. gekennzeichnet. Zahlreiche Orte und Befestigungen legten sie in Schutt und Asche – darunter auch das Kloster St. Maximin. Unter diesen extremen Bedingungen bewährte sich Alexander Henn als „kraftvoller Abt“, wie der aus Auw an der Kyll stammende Theologe
Andreas Heinz feststellte. Professor Heinz kommt zu diesem günstigen Urteil aufgrund einer näheren Betrachtung des tatkräftigen Wirkens von Alexander Henn in Auw an der Kyll, aber man kann diese hohe Bewertung auch allgemein auf Henns tatkräftiges Wirken für St. Maximin ausdehnen.

Als der 1659 in Büllingen geborene Wilhelm Henn 1700 sein Amt als Abt des nicht zuletzt auch für seine wertvolle Bibliothek berühmten Klosters St. Matthias antrat, waren die Zeiten kaum friedlicher geworden. In seine Amtszeit fällt der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714), der die Trierer Klöster erneut stark in Mitleidenschaft zog. Abt Wilhelm, der auch Rektor der Universität Trier war, kam es nicht nur bei einer Paris-Reise zugute, dass er gut französisch sprach. Insgesamt scheint er auf eine mäßige und sparsame Lebens- und Amtsführung bedacht gewesen zu sein. Vor seinem Tod im Jahr 1727 hatte er schon eine Zeitlang infolge eines Schlaganfalls seine Amtspflichten nicht mehr wahrnehmen können. Petrus Becker OSB bilanzierte Wilhelms Amtszeit unter Einbeziehung unterschiedlicher Quellen positiv: „Die Berichte über Abt Wilhelm geben insgesamt ein lobendes Gedenken an seine
äbtliche Leitung“.

An persönlicher Mäßigung und Askese wohl noch übertroffen wurde Wilhelm von seinem Bruder Benedikt, der bei seinem Ableben 1747 das damals außergewöhnlich hohe Alter von 85 Jahren aufwies. Auch das Kloster St. Martin, dem er fast ein halbes Jahrhundert lang als Abt vorstand, hatte durch Brandschatzungen, Einquartierungen und Plünderungen seitens der Franzosen massive Schäden erlitten und war „dem Ruine nahegekommen“ (Jakob Marx), jedoch nicht zerstört worden. Der Landscheider Kirchenhistoriker Jakob Marx der Ältere (1803-1876) hielt Benedikt Henn für den ausgezeichnetsten Abt, den St. Martin je gehabt hatte. Grundlage für dieses Lob waren einerseits die Berichte über Benedikts vorbildliche Lebensführung, andererseits die organisatorischen Leistungen für sein Kloster. Wegen seiner Wiederaufbauarbeit nach vielfachen Kriegsverwüstungen wurde Abt Benedikt öfters als „zweiter Gründer“ von St. Martin bezeichnet. Insgesamt können alle drei Henn-Äbte als bedeutende Persönlichkeiten in der Geschichte ihrer Klöster betrachtet werden.

Verfasser: Gregor Brand

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