Andris Freutel

– Luftwaffengeneral aus Wittlich

Gutgelaunt will der Wittlicher Erhard Gödert (Jg. 1936), damals Kampfpiloten-Fluglehrer in den USA, später erfolgreicher Manager, 1969 von den zur F-104 Starfighter-Ausbildung in Arizona eintreffenden Jungoffizieren wissen: „Kommt hier einer zufällig aus Wittlich?“. Er rechnet kaum mit einer bejahenden Antwort. Aber: „Ja, hier!“, meldet sich sofort jemand – Leutnant Freutel. Er hatte im Frühjahr 1966 am Cusanus-Gymnasium Abitur gemacht und stand damals in der Frühphase seiner Militärkarriere. Andris Freutel ist zwar kein gebürtiger, aber ein überzeugter Wittlicher. Seine aus Ostpreußen stammende Familie gelangte auf Umwegen in den 1950er Jahren in die Eifel. In der Lieserstadt heiratete er eine Wittlicherin, ehe es ihn in die Ferne verschlug.
Freutel verpflichtete sich bei der Luftwaffe – fasziniert von der Vorstellung, bald die modernsten Militärflugzeuge fliegen zu können. Nur wenige Wochen nach der Gymnasialzeit begann seine Ausbildung im Offiziersanwärter-Bataillon in Fürstenfeldbruck bei München. Die nächsten Stationen führten ihn nach Roth, Neubiberg und Uetersen, wo er die zweijährige Ausbildungsphase mit einer Auswahlschulung zum Flugzeugführer abschloss. Es folgten noch einige Monate beim Jagdbombergeschwader 33 in Büchel, dann ging es ins Top-Land der Kampfliegerausbildung, die USA. Erste Station dort war die Sheppard Air Force Base in Nordtexas. Das Training erfolgte am Jet-Flieger T 37 (Cessna) und am Überschall-Jet-Trainer T-38 (Northrop), der seit Anfang der 1960er Jahre zur Ausbildung in der US Air Force, aber auch bei Piloten befreundeter Nationen verwendet wurde. Fortgesetzt wurde die Pilotenschulung auf der – nach dem deutschstämmigen US-Flieger Frank Luke (1897–1918) benannten – Luke Air Force Base in Arizona. Hier lernte Freutel das Fliegen mit dem legendären, berühmt-berüchtigten Starfighter, dessen Anblick und Fluggeräusch gerade den Südeiflern bestens vertraut waren. Diese – nicht seine letzte – anspruchsvolle US-Ausbildungsphase schloss Freutel 1970 ab. Die Bundesluftwaffe versetzte den Wittlicher zum Jagdbombergeschwader 34 auf den Fliegerhorst Memmingen im Allgäu. Rund ein Jahrzehnt lang bewährte er sich in vielfältigen Funktionen und bei zahlreichen Flügen.

Im Herbst 1981 wurde Freutel, inzwischen auch Waffenlehrer, an die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg versetzt. Der Wechsel in die Hansestadt bedeutete nicht nur eine geografische Veränderung. Die zweijährige Hamburger Ausbildung zum Generalstabsoffizier konfrontierte ihn mit neuen Herausforderungen. Seine disziplinierte Lebensweise und regelmäßige fliegerische Übungen sorgten dafür, dass die Befähigung zum Flugeinsatz uneingeschränkt erhalten blieb. Nach dieser Ausbildungsphase bewies er diese Einsatzfähigkeit beim Jagdbombergeschwader 32 auf dem Fliegerhorst Lechfeld als Kommandeur einer Gruppe, die statt des Starfighters nun mit dem moderneren Jagdbomber Tornado flog. Freutel entwickelte sich in diesen Jahren zum Spezialisten für Tornados und die mit ihrem Einsatz verbundenen komplexen Fragen. Bevor er diese Expertise ab März 1992 als Kommodore des Jagdbombergeschwaders 34 in Memmingen unter Beweis stellen konnte, waren seine Fähigkeiten zwischen 1988 und 1992 wieder andernorts gefragt: anfangs erneut für zwei Jahre an der Führungsakademie der Bundeswehr, diesmal als Dozent für Luftkriegslehre, anschließend als Referent im Führungsstab der Luftwaffe im Bonner Verteidigungsministerium. In seine Zeit als Kommodore im Allgäu fielen für Oberst Freutel entsprechend den Einsatzmöglichkeiten der Tornados anspruchsvolle internationale Übungen Er selbst hebt die Luftkriegsübung „Red Flag“ in Nevada (USA) besonders hervor, die er als schwierigste im ganzen NATO-Raum einschätzt.

Im Hochsommer 1994 begann im mittlerweile gewohnten Rhythmus für den inzwischen fast 50-Jährigen eine sechsmonatige Weiterbildung am NATO Defense College in Rom, gefolgt von der Versetzung zum Europa-Hauptquartier der Alliierten in Belgien. Drei Jahre lang war er im wallonischen Mons als Policy Staff Officer tätig.
Die militärische Laufbahn Freutels gipfelte im Herbst 2001. Kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September wurde er zum Brigadegeneral befördert und übernahm das Amt des stellvertretenden Kommandeurs der 2. Luftwaffendivision in Birkenfeld. Die Anschläge beeinflussten seine Tätigkeit unmittelbar, denn während der folgenden Militäroperationen in Afghanistan trug General Freutel im Rahmen der ISAF 4 Mission der NATO ein halbes Jahr lang die Verantwortung für die Luftoperationen am Hindukusch. Freutels herausragende Qualifikation als Luftwaffengeneral kam gegen Ende seiner Karriere noch einmal zum Ausdruck, als er bei der Großübung „Battle Griffin“ in Norwegen als Befehlshaber im Einsatzland und als Führer des Teilkontingents Luftwaffe die Verantwortung für die teilnehmenden NATO-Kräfte innehatte. Freutels Erfolgsweg in der Bundeswehr endete im Juli 2006 nach rund 40 Dienstjahren. Für seine Leistungen erhielt er unter anderem das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der BRD, das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold sowie die NATO Medal für seine Verdienste bei der ISAF Mission. Den Ruhestand verbringt der Vater zweier erwachsener Kinder in der Nähe Bonns.

Verfasser: Gregor Brand

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