Anton Schruff

– Hüttenmann und Wirtschaftsführer aus Müllenborn

Über einen langen Zeitraum ihrer Geschichte war die Eifel für ihr Eisen berühmter als für ihre Vulkane. Zum stolzen Ruf der Eifler Eisenindustrie trug auch die auf Geheiß des Grafen Hans Gerhard von Manderscheid im Jahr 1567 errichtete Eisenhütte in Müllenborn bei Gerolstein bei. Deren Geschichte verbindet sich seit dem 18. Jahrhundert eng mit der Familie Schruff.
Der 1863 in Müllenborn geborene Anton Schruff war ein Sohn des Gerbereibesitzers Josef Eduard Schruff (1825–1864) und dessen Ehefrau Margaretha Thielen (1834 –1877) aus Dierfeld. Obwohl Josef Eduard Schruff selbst beiderseits aus Eisenfabrikantenfamilien stammte, hatte er sich trotz Widerstands örtlicher Mühlenbesitzer entschlossen, in die Gerbereifabrikation einzusteigen; der Sohn Anton setzte als Hüttenmann insofern eine unterbrochene Tradition fort. Über seine Mutter war Anton Schruff Neffe einer der großen Eifler Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts: des Politikers, Agrarpioniers und Publizisten Heinrich Thielen, der sich nicht nur als Bürgermeister von Manderscheid enorme Verdienste um den Fortschritt der Region erwarb. Heinrich Thielen war in erster Ehe mit Henriette Schruff verheiratet, was die enge Verbindung der beiden dynamischen Eifelfamilien zusätzlich stärkte. Der Vorname Anton besaß in beiden Familien einen guten Klang: Sowohl Anton Schruffs Großvater, der Dierfelder Gutsbesitzer Anton Thielen, als auch der 1831 in Berlin promovierte und später in Hillesheim praktizierende Arzt Dr. Anton Schruff waren angesehene Persönlichkeiten der Vulkaneifel. Aus der Schruff-Familie gingen im 20. Jahrhundert namhafte Persönlichkeiten hervor, die teils durch Führungspositionen in der Wirtschaft, teils als Wissenschaftler hervorgetreten sind. Dazu zählen, um nur diese Beispiele zu nennen, Dr. Rudolf Schruff, u. a. Generalbevollmächtigter der Mannesmann AG, oder der Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Lothar Schruff.
Anton Schruffs Ausbildung war auf einen bergbaulichen Berufsweg angelegt. Nach dem Besuch des Realgymnasiums Trier studierte er an der TH Charlottenburg (heute TU Berlin) Chemie. Nach kurzem Studium erwarb sich Jungchemiker Schruff Praxiserfahrung in Betrieben und Forschungsstätten: zunächst heimatnah bei der Jünkerather Gewerkschaft, dann im Chemischen Laboratorium des Erfinders Forschepiepe in Wetzlar, anschließend 1887/1888 beim brillanten Erfinder und Hochofenexperten Fritz Wilhelm Lürmann. Die ingenieurtechnischen und ökonomischen Aspekte der Hochofentechnologie waren inzwischen zu dem Gebiet geworden, für das sich Anton Schruff besonders interessierte und in dem er sich zusehends hervortat. Von 1888 bis 1894 arbeitete er als Hochofeningenieur und Chemiker beim Bergwerksverein Friedrich Wilhelms-Hütte in Mülheim/Ruhr. Nach einer kurzen Station im Saarland, wo er bereits eine Führungsposition innehatte, wurde Schruff 1895 vom legendären Nordeifler Fabrikanten August Thyssen engagiert. Thyssen berief den 32-jährigen Anton Schruff als Betriebsdirektor der ersten Hochöfen der „Gewerkschaft Deutscher Kaiser“ in die Industrieregion an Rhein und Ruhr. Schruff bewährte sich in dem Steinkohlebergwerk, das zu einem Spitzenunternehmen der Montanindustrie wurde, nach dem Eindruck Thyssens hervorragend. Nach wenigen Jahren wurde der Müllenborner Hüttenfachmann Direktor der „Schalker Gruben- und Hütten-Verein AG“ in Gelsenkirchen und übernahm die Leitung des Hochofenwerks „Hütte Vulkan“ in Duisburg-Hochfeld. Ein Schwerpunkt der Arbeit Schruffs war es, die noch recht neuartige Produktion hochwertigen Hochofenzements zu verbessern und zu steigern. Um Hochofenschlacke rationell zu Zement verarbeiten zu können, mussten anspruchsvolle technische und wissenschaftliche Fragen geklärt werden. Dies gelang unter Schruffs Führung erfolgreich. 1906 konnte die Zementfabrik Alba errichtet werden, die anfangs 60.000 Tonnen Zement jährlich produzierte. In der Folge nahm die Effizienz der Hochofenzementproduktion noch beträchtlich zu, und Anton Schruff entwickelte sich zu einem herausragenden Wirtschaftsführer in der deutschen Zementindustrie. Noch vor dem Weltkrieg gründete er 1913 zusammen mit dem Zementchemiker Hermann Passow (1865–1919) den Verein deutscher Hochofenzementwerke, an dessen Spitze er etwa ein Vierteljahrhundert lang stand. Schruff war sich bewusst, dass für eine rationelle Massenproduktion des so wichtigen Stoffs Zement gerade die Forschung weiter vorangetrieben werden musste. 1922 initiierte er die Gründung des Forschungsinstituts der Hüttenzementindustrie in Düsseldorf. Schruffs Bedeutung zeigte sich nicht zuletzt auch in seiner Position als Vorsitzender des Hüttenzementverbandes.
Anton Schruff starb im Januar 1940 in Köln und wurde auf dem Waldfriedhof im Duisburg- Wanheimerort beerdigt. Im Tod vorausgegangen waren ihm seine Ehefrau Maria Luise Wurms (1867–1938) und ihre beiden Kinder: die Tochter Ria (1903–1935) sowie der Sohn Eduard Hermann Schruff (1896–1929); dieser war bereits Hochofenchef der Klöcknerwerke in Troisdorf, erlag aber den Spätfolgen einer schweren Verwundung aus dem Weltkrieg.

Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen