Benedikt Reetz OSB

– Benediktinerabt aus Ripsdorf

Benedikt Reetz OSB
Benedikt Reetz OSB

Seit einigen Jahren wird der 14. März – 3/14 in amerikanischer Schreibweise – von Freunden der Kreiszahl Pi als internationaler „Pi-Tag“ gefeiert. In dem bis 1969 selbständigen Nordeifelort Ripsdorf könnte man dieses Datum auch als „Abt-Reetz-Tag“ begehen. Am 14. März 1897 wurde dort der bedeutendste Sohn des Ortes geboren: Benedikt Reetz. Dessen Familienname, abgeleitet von der Gemeinde Reetz, die wie Ripsdorf ebenfalls 1969 in Blankenheim eingemeindet wurde, deutet auf weit zurückreichende Verwurzelung im Blankenheimer Raum hin. In Ripsdorf betrieben Matthias Reetz und seine Ehefrau Anna Maria Graf, die Eltern des Abts, eine Gastwirtschaft und versuchten, zusätzlich mit Ackerbau ihre zehnköpfige Kinderschar zu ernähren. Später stellte Abt Reetz voller Bewunderung seine Eltern wegen ihres unermüdlichen Fleißes und ihrer fürsorglichen Frömmigkeit als Vorbild dar. Es überrascht angesichts dieses damals so eifeltypischen Milieus kaum, dass für den begabten Sohn offenbar früh ein geistlicher Lebensweg angelegt war. Erstaunlicher ist dagegen, in welch extremem Umfang dieses Leben früh und durchgängig mit dem heiligen Benedikt von Nursia, dem Mönchsvater Europas, verbunden war. So erhielt Gastwirtssohn Johann Baptist – wie dessen Taufnamen lauteten – seine gymnasiale Ausbildung von 1909 bis 1914 in der belgischen Benediktinerabtei Saint-André bei Brügge, danach trat er 1915 in die Oblatenschule der steiermärkischen Benediktinerabtei Seckau ein.

1921 legte der 24-Jährige, der als Ordensnamen „Benedikt“ wählte, die Profess ab und verpflichtete sich damit dauerhaft zu einem Leben im Geist und nach den Regeln des heiligen Benedikt. Es folgten das Theologiestudium an der Benediktiner-Hochschule Sant’ Anselmo in Rom, die theologische Doktorarbeit und im September 1924 die Priesterweihe. Nach zehnjährigem Leben fern der Heimat schien sich der Lebensweg von Benedikt Reetz wieder seinen geographischen Ursprüngen zu nähern, als er 1925 Kaplan in der Trierer Abtei St. Matthias wurde; diese war wenige Jahre zuvor von Mönchen aus Seckau neu gegründet und wiederaufgebaut worden. Aber St. Matthias blieb nur ein kurzes Intermezzo. Als nach dem Tod des Seckauer Abtes Suitbert Birkle ein neuer Abt für das österreichische Kloster bestimmt werden musste, fiel die Wahl überraschend auf den erst 29-jährigen Dr. Benedikt Reetz, der sich in Trier aufhielt. Dort wurde er im März 1926 von Bischof Bornewasser zum Abt geweiht, womit natürlich die Rückkehr nach Seckau verbunden war.

In seiner bis 1957 währenden jahrzehntelangen Amtszeit im Alpenland entwickelte sich Benedikt Reetz zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten seines Ordens. Abt Reetz, engagierter Pädagoge ebenso wie für katholische Mystik empfänglicher Theologe, machte die Abteischule zu einem anerkannten Gymnasium, an dem er nach Ablegung der Lehramtsprüfung selbst unterrichte und das er von 1932 bis 1938 als Direktor führte, bevor die Nationalsozialisten diese Bildungsstätte schlossen. Ein weiteres wichtiges Wirkungsfeld des Abts waren seine – teilweise im Verlag der Abtei veröffentlichten – Vorträge, seine gelehrten Abhandlungen und seine redaktionellen Tätigkeiten für Benediktinerpublikationen. Besondere Aufmerksamkeit fand die von ihm 1935 bei einer katholischen Frauentagung gehaltene Festansprache über das Thema „Die religiösen Aufgaben der Frau“.

Nach Einschätzung der österreichischen Theologin Dr. Nina Kogler (geb. 1980) zeichnete Abt Reetz dabei „ein äußerst positives Bild von Frauen“. Ähnlich wie einst die von dem altrömischen Historiker Tacitus beschriebenen heidnischen Germanen glaubte der zur Keuschheit verpflichtete Benediktinermönch Reetz, dass Frauen eine stärkere Empfänglichkeit für das Göttliche hätten und von Natur aus „mit mehr Glut, mit mehr Hingabe, mit mehr Liebe“ beteten und dass sie überhaupt viel eher als Männer intuitiv richtig handelten. Wie hoch der Seckauer Abt innerhalb seines Ordens angesehen war, zeigte sich 1957, als er zum Erzabt der Abtei Beuron gewählt wurde und 1960, als er Abtpräses der Beuroner Kongregation wurde. Er stand damit an der Spitze einer Vereinigung zahlreicher Benediktinerabteien, darunter auch Maria Laach. Am 1962 eröffneten und für die Kirche so folgenreichen Zweiten Vatikanischen Konzil nahm der für Reformen aufgeschlossene Erzabt Reetz als Mitglied der Konzilskommission teil. Das Konzilsende 1965 erlebte er jedoch nicht mehr: Im Dezember 1964 wurde er in der Nähe seines Klosters Beuron von einem Auto angefahren und tödlich verletzt. Er selbst hatte einmal geschrieben: „Der Christ hat zu leiden wie Christus selber. Als Krönung kommt der Tod.“ Der Eifler Abt, der seinerzeit durch eine Bürgschaft dem späteren österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel überhaupt erst den Besuch des Wiener Schottengymnasiums ermöglicht hatte, wurde in der Krypta des Klosters Seckau beigesetzt. In dem Beuroner Fasten- und Meditationszentrum Sonnenhaus erinnert ein von Pater Ansgar Dreher (1912-1999) geschaffenes Denkmal an die große Abtpersönlichkeit.

Verfasser: Gregor Brand

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