Christoph von Manderscheid-Kail

Letzter Fürstabt der Reichsabtei Prüm

318_manderscheid_52_16Die im 8. Jahrhundert gegründete Abtei Prüm war im Mittelalter Zentrum eines mit reichem Grundbesitz ausgestatteten unabhängigen Fürstentums. Letzter Fürstabt dieser Reichsabtei war ein Eifler Adliger: der 1529 geborene Christoph von Manderscheid-Kail (auch: Kayl), Sohn des Grafen Jakob von Manderscheid-Kail (ca. 1481–1562) und dessen zweiter Ehefrau Gräfin Anna von Salm (gest. 1557). Christoph verbrachte seine Kinderzeit vermutlich auf der später zum Schloss ausgebauten Burg in Oberkail.

Im Jahr 1546 wurde er als Siebzehnjähriger Fürstabt der bedeutenden benediktinischen Reichsabteien Prüm und Stablo-Malmedy; er folgte damit in beiden angesehenen Positionen seinem Onkel Wilhelm von Manderscheid. Für seine Wahl waren weder Frömmigkeit noch theologische Qualifikation maßgeblich. Entscheidend waren vielmehr die dynastischen Beziehungen des Manderscheiders, dessen Verwandte aus unterschiedlichen Linien zu den mächtigsten linksrheinischen Adelsfamilien zählten. Christoph, der weder studiert hatte noch Priester war, regierte die beiden geistlichen Fürstentümer als Laienabt. Er trat seine Ämter im gleichen Jahr an, als Martin Luther starb, und seine Regierungszeit stand ganz im Zeichen der Konfessionskonflikte, die sich aus der von Luther ausgelösten Reformation ergaben.

Noch hatten sich weder bei den Herrschern noch bei den Untertanen die späteren Konfessionszugehörigkeiten stabilisiert, sondern es wurde erbittert darum gekämpft, wer in den verschiedenen Gebieten die Oberhand behält. Von diesen Auseinandersetzungen war gerade auch Prüm betroffen. Schon seit Jahrhunderten hatten die Trierer Kurfürsten begehrliche Blicke auf das reiche Fürstentum Prüm geworfen und versucht, es dem Kurstaat einzuverleiben. Entsprechende politisch-rechtliche Bemühungen waren von den verschiedenen Kaisern teils unterstützt, teils ignoriert worden. Düstere Wolken zogen für Abt Christoph auf, als 1558 deutlich wurde, dass der neue erzkatholische Kaiser Ferdinand I. das Trierer Anliegen unterstützte. Die kaiserliche Haltung hing damit zusammen, dass man seitens der Katholiken den Manderscheidern nicht traute und die Grafenfamilie verdächtigte, mit dem Luthertum zu sympathisieren. Dieser Eindruck war teilweise sicher berechtigt, jedoch kaum im speziellen Fall von Abt Christoph, wie Franz-Josef Faas in seiner Abhandlung über die „Die Reformation im Kreise Prüm“ (1966) feststellte. Der Konflikt Trier-Prüm spitzte sich jedenfalls immer weiter zu. Abt Christoph, energisch auf die Unabhängigkeit der Abtei Prüm bedacht, klagte mehrfach vor dem RKG gegen den Kurfürsten. Die Endphase seines Kampfes um die Unabhängigkeit trat ein, als Papst Gregor XIII. mit einer Bulle im Jahr 1574 zugunsten Triers eingriff und Kaiser Maximilian II. im November 1575 die Trierer Position bestätigte.  Dass der Prümer Fürstabt diesem koordinierten Vorgehen von Papst, Kaiser und Kurfürst kaum etwas entgegensetzen konnte, versteht sich angesichts der Kräfteverhältnisse eigentlich von selbst. Zu Unrecht haben manche älteren Historiker dies auf angeblich mangelnde persönliche Durchsetzungskraft von Abt Christoph zurückgeführt; auch seine Manderscheider Verwandten waren nicht einflussreich genug, um sich gegen die Politik der Großen behaupten zu können.

Was für ein Mensch war Fürstabt Christoph? Nach Darstellung eher neutraler Chronisten und Historiker war er sehr populär, fromm und freigiebig, zudem ein hervorragender Redner. Ganz anders stellten ihn dagegen die Anhänger des Trierer Kurfürsten dar, die sein Bild schwärzten, um die Übernahme des Fürstentums Prüm zu rechtfertigen. Ein Visitationsbericht aus dem Jahr 1574 schilderte die Verhältnisse in Prüm in düsteren Farben und machte dafür die Nachlässigkeit des angeblich leichtlebigen Abts verantwortlich. Geschichtsforscher wie der Bitburger Peter Neu oder auch Faas hoben jedoch hervor, dass dieser Visitationsbericht im Grunde ein politisch motiviertes Auftragsgutachten zur Rechtfertigung des Vorgehens gegen Prüm war. Viele andere Dokumente zeichnen ein anderes, positives Bild des Abts: „Ferner ist sicher, daß sich der Abt um die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältniss […] sorgte, daß er keine Übergriffe, auch nicht der eigenen Familie, duldete“ (Faas).

Fürstabt Christoph starb am
27. August 1576. Nur drei Tage später erschien Erzbischof Jakob von Eltz in Prüm und nahm Abtei und Fürstentum in Besitz. Endgültig bestätigt wurde dies durch eine Bulle von Papst Gregor XIII. vom 1. September  1579. Trotz Inkorporation galt die alte Verfassung des Fürstentums Prüm teilweise weiter. Dies führte dazu, dass der Trierer Erzbischof als einziger geistlicher Kurfürst Stimmrecht auf der Fürstenbank des Reichstags hatte. In den auf Christophs Tod folgenden beiden Jahren sorgte der als Hexentheoretiker bekannt gewordene Theologe Dr. Peter Binsfeld in bischöflichem Auftrag dafür, dass in Prüm die Gegenreformation radikal umgesetzt wurde. Die Prümer Mönche waren davon wenig begeistert; sogar noch im 18. Jahrhundert regte sich in der Abtei heftiger Widerstand gegen die kurfürstliche Herrschaft.

Verfasser: Gregor Brand

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