Dieter Oehms

Musikproduzent aus Manderscheid

oehms_dieter_23_16In jüngerer Zeit verdeutlichten zwei Jubiläen, welch einzigartige Rolle der 1941 als Kriegs- und Sonntagskind gleichermaßen geborene Manderscheider Dieter Oehms unter den deutschen Musikproduzenten einnimmt. Im Jahr 2015 konnte er das sehr seltene Jubiläum 50-jähriger Tätigkeit in der Musikbranche feiern, im Februar 2016 wurde er 75 Jahre alt: Aus Anlass beider Ereignisse erhielt der mit vielen Preisen ausgezeichnete Oehms nicht nur Gratulationen herausragender Musiker aus aller Welt, sondern auf sein eindrucksvolles Lebenswerk wurde auch in etlichen Veröffentlichungen hingewiesen. Nicht zuletzt kam er auch selbst in Interviews zu Wort und gab bereitwillig Auskunft zu seiner bemerkenswerten Karriere. In einer im Internet weiterhin zugänglichen Sendung des Bayerischen Rundfunks „Meine Musik“ – Oehms lebt seit vielen Jahren in Bayern – kann man seine Stimme hören: Bei aller Eloquenz der Rede bleibt ein sympathischer leichter moselfränkischer Tonfall unverkennbar. Der weltläufige Musikproduzent kann – und vor allen Dingen: will auch nicht! – seine Vulkaneifler Heimat verleugnen, in der er Kindheit und Jugend verbrachte.

Oehms und Manderscheid – bei dieser Kombination scheint der Bezug zur Musik quasi in die Wiege gelegt. Obwohl aus der seit dem 17. Jahrhundert in Manderscheid nachweisbaren Familie auch andere namhafte Persönlichkeiten – wie der eigenwillige Theologe Anton Oehms (1735-1809) – hervorgingen, so fallen doch die Musiker besonders auf: etwa der international bekannte Domorganist Wolfgang Oehms (1932-1993), dessen Vater Kaspar ebenfalls Organist war, oder der Trierer Orgelbauer Rudolf Oehms (1931-1992), einst Deutschlands jüngster Orgelbaumeister. Dieter Oehms selbst ist sich dieses Musik-erbes wohlbewusst, hebt aber auch den prägenden Einfluss seiner musikliebenden Mutter auf seine lebenslange Musikbegeisterung hervor. Der frühe Wunsch des jungen Manderscheiders nach beruflicher Verwirklichung in einem musikalischen Umfeld kam seiner Umsetzung einen wichtigen Schritt näher, als Oehms 1965 zu einem Vorstellungsgespräch bei der höchst renommierten Deutschen Grammophon Gesellschaft (DGG) in Hamburg eingeladen und eingestellt wurde. In den folgenden Jahren lernte er als Juniorverkäufer in Süddeutschland den Schallplattenmarkt von Grund auf kennen. Die bis heute unvergessenen Erinnerungen an damalige Fahrten mit einem VW Käfer zu Schallplattenhändlern machen Oehms jedes Mal bewusst, wie extrem sich die Branche seither in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht geändert hat und weiterhin ändert. Die Karriere des Musikkaufmanns verlief stetig und steil nach oben. 1979 wurde er Vertriebsleiter, 1983 Geschäftsführer der DGG in Hamburg. Ab 1985 war er als Geschäftsführer von Polygram Deutschland mit der Markteinführung der von Philips und Sony entwickelten Compact-Disc (CD) betraut und später als Leiter des Bereichs „Consumer Electronics der Deutschen Philips GmbH“ in Hamburg tätig. CD-Pionier Oehms lernte in jenen Jahren zahlreiche Größen des Musiklebens kennen; sowohl in persönlicher als auch geschäftlicher Hinsicht hebt er bis heute die Bedeutung Herbert von Karajans hervor. Andere wiederum waren von Oehms beeindruckt. So erinnert sich noch 30 Jahre später Musikproduzent und Eurovisionslegende Ralph Siegel genau an die damalige Begegnung: „Dieter Oehms war ein sehr korrekter und gut aussehender, drahtiger Kaufmann und gerade Chef der Polydor geworden.“ 1995 wurde Oehms damit beauftragt, für den zu Bertelsmann gehörenden Musikverlag BMG das Klassik-Label Arte Nova aufzubauen. In seiner siebenjährigen Zeit als Arte Nova-Chef entstanden rund 700 Produktionen, darunter als sensationeller Erfolg – über eine Million verkaufter CDs – Aufnahmen der Beethoven-Sinfonien mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und dem US-Dirigenten David Zinman.

Nach der Jahrtausendwende empfand Oehms es zunehmend als störend, trotz solcher Erfolge von den Planungslaunen von Großkonzernen abhängig zu sein, für die weniger die Musiker als vielmehr rein wirtschaftliche Gesichtspunkte zählen. 2002 zog der inzwischen 61-Jährige die logische Konsequenz und machte sich mit einem eigenen Musiklabel selbstständig: OehmsClassics, das seither zu einem Schmuckstück der Klassik-Branche geworden ist. Die zum 75. Geburtstag des Gründers und Geschäftsführers Oehms vorgelegte aktuelle Ausgabe des Oehms
Classics-Katalogs mit ihren rund 700 Veröffentlichungen eröffnet einen faszinierenden Blick in die grandiose Schatztruhe der Musik, die seit 2002 entstanden ist. Man kann dabei nur ahnen, wie viele brillante Künstler Oehms in seinem Leben persönlich kennengelernt und gefördert hat, von dem unglaublichen Reichtum an gehörter und erlebter Musik ganz zu schweigen. Dass Oehms bei all seinem rastlosen Engagement und ungebrochener Musikbegeisterung seine Wurzeln nicht vergessen hat, zeigen nicht zuletzt die vom Förderverein der Abtei Himmerod veranstalteten Konzerte des Orgelsommers 2016, bei denen dank Dieter Oehms mit Joseph Kelemen, Hansjörg Albrecht und Iveta Apkalna Organisten von Weltruf in der Eifel ihre hohe Kunst präsentieren.

Verfasser: Gregor Brand

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