Dietrich Flade

– Trierer Jurist und Opfer der Hexenverfolgung aus St. Vither Familie

Im Jahr 1589 verbreitete sich eine Sensationsnachricht wie ein Lauffeuer: In Trier wurde der bekannte Stadtschultheiß Dr. Dietrich Flade, Rechtsprofessor an der dortigen Universität, Hauptberater des Kurfürsten und strenger Richter in Hexenprozessen, angeklagt, als Hexenmeister mit dem Teufel im Bunde zu stehen! Der außergewöhnliche Vorgang faszinierte Geschichtskundige durch die Jahrhunderte. Als die im 19. Jahrhundert verloren geglaubten Prozessakten wieder auftauchten und in den 1880er Jahren von der Cornell University (USA) erworben wurden, trug der dortige Bibliothekar und Historiker George L. Burr wertvolle Bausteine zu Flades Biographie zusammen („The Fate of Dietrich Flade“, 1891). Viele jüngere Veröffentlichungen bezeugen das anhaltende Interesse an dem spektakulären Prozess.
Dietrich Flade wurde 1534 in Trier-St. Laurentius getauft, aber die Wurzeln der Flade-Familie lagen in der Eifel. Dietrichs Großvater Hubert Flade war Kanzleischreiber in St. Vith, dessen Ehefrau Margaretha stammte aus Ellentz. Eine Schwester von Dietrich Flade hatte den Richter Christoph Homphaeus geheiratet, der aus einer namhaften Cochemer Gelehrtenfamilie stammte. Johann Flade, Dietrichs vermutlich in St. Vith geborener Vater, war als langjähriger Trierer Stadtschreiber (von 1517 bis 1558) in ähnlicher Beamtenfunktion wie sein Vater tätig. Verstärkt wurde die verwandtschaftliche Vernetzung Flades mit der bürgerlichen Elite des Kurfürstentums durch seine Heirat mit der vermögenden Witwe des kurfürstlichen Leibarztes Dr. Simon Reichwein.

Die Erziehung Flades war darauf angelegt, dank exzellenter Ausbildung den hohen Status der Familie auszubauen. Dietrich studierte Jura an den Universitäten in Löwen und Orleans und praktizierte kurzzeitig als promovierter Jurist am Reichskammergericht in Speyer. 1559 wurde Dr. Flade in Trier zum kurfürstlichen Rat ernannt – der Beginn einer langen und einflussreichen Tätigkeit als Richter, Professor und Beamter in Kurtrier, das damals von schwersten Wetterunbilden, Seuchen und Hexenverfolgungen gleichermaßen erschüttert wurde. In den 1580er Jahren zogen sich dunkle Wolken über dem Haupt des beruflich und finanziell so erfolgreichen Juristen zusammen. Immer häufiger nannten Frauen, aber auch Kinder, in Hexenprozessen den bekannten Hexenrichter Dr. Flade nicht bloß als Teilnehmer an angeblichen Hexentreffen, sondern sogar als Hexenmeister und Anführer geheimer satanischer Versammlungen. Eine Zeitlang konnte Flade, gestützt auf seinen gut katholischen Leumund und seine Beziehungen, die Beschuldigungen als böswillige Verleumdungen abtun. Aber die Denunziationen hörten nicht auf. Im Juli 1588 ließ der fromme Kurfürst Johann VII. von Schönenberg das Verfahren wegen Hexerei gegen seinen Berater Dr. Flade eröffnen. Dem erfahrenen Hexenrichter Flade, der selbst manche Frau als Hexe zum Feuertod verurteilt hatte, war sofort sonnenklar, in welche Vernichtungsmaschinerie er damit geriet. Er versuchte, aus Trier zu fliehen, wurde aber in Lothringen erkannt und zurückgebracht. Der Kurfürst ließ ihn unter Hausarrest stellen, bewacht von Trierer Bürgern. Dr. Flade hatte sich im Lauf der Jahre in der Moselstadt manche Feinde gemacht. So hatte er einst den Kurfürsten beim Kampf gegen den Trierer Reformator Caspar Olevian und dessen Anhänger unterstützt. Auch beim heftigen Konflikt zwischen Kurfürst und Trierer Stadtbürgertum stand Flade auf Seiten des Kurfürsten. Nicht vergessen sollte man schließlich auch den Umstand, dass der reich gewordene Dr. Flade viele Schuldner hatte. Nicht weniger bedeutsam für den Fortgang des Hexerei-Verfahrens als diese stadtrierische Gegnerschaft war allerdings der Einfluss des berühmt-berüchtigten Weihbischofs Dr. Peter Binsfeld, dessen hexentheoretische Hauptschrift im Jahr 1589 erschien und seine Beschäftigung mit dem Flade-Verfahren widerspiegelt. Die von Binsfeld gerechtfertigte Praxis, auch die Aussagen von Minderjährigen zur Bezichtigung von Hexerei vor Gericht zu verwerten, erwies sich gerade auch für Flade als verhängnisvoll.

Zu einer dramatischen Verschärfung kam es, als Flade am 22. April 1589 ins Gefängnis überstellt wurde und vollends, als im August die grässlichen Folterverhöre einsetzten. Der gesundheitlich ohnehin angeschlagene Jurist gestand, „was man von ihm hören wollte“ (Sandra Ost), wissend, dass ihm Ableugnen der Hexerei-Vorwürfe nicht geholfen hätte. Angesichts des durch Folter erpressten „Beweises“ lautete das am 18.9.1589 ergangene und am gleichen Tag in Euren vollstreckte Urteil auf Feuertod; als Gnade hatte man dem prominenten Juristen nur die Gnade der vorherigen Strangulierung zugestanden.

Dr. Flade, der zu Lebzeiten als geizig galt, hatte in seinem Testament zahlreiche Institutionen und Personen, darunter einen Stiefsohn und einen unehelichen Sohn, großzügig bedacht. In der auch 1589 von Seuchen geplagten Trierer Bevölkerung löste der Flade-Prozess Unruhe aus, weil sich viele in ihrer Meinung bestätigt sahen, dass die gesamte Führungsschicht von Teufelssympathisanten durchsetzt sei. Die Hexenprozesse im Eifel- und Moselland gingen noch viele Jahre weiter.

Verfasser: Gregor Brand

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