Franz-Josef Heyen

„Ein Eifler für Rheinland-Pfalz“: So lautet der treffende Titel der 1253 Seiten umfassenden zweibändigen Festschrift, die im Jahr 2003 zum 75. Geburtstag des herausragenden Landeshistorikers Franz-Josef Heyen erschien und zahlreiche Facetten seines Lebenswerks für die Nachwelt festhält.

Heyen wurde 1928 in Blankenheim geboren, verbrachte seine Kinderjahre aber überwiegend im Schneifeldorf Bleialf. Aus diesem deutschbelgischen Grenzraum, der vor dem Ersten Weltkrieg zu Preußen gehörte, stammten auch seine Vorfahren. Vater Wilhelm Heyen (Jahrgang 1884) war ein Eisenbahner aus dem heute zu Amel gehörenden Deidenberg; er wurde im Zweiten Weltkrieg nach Trier versetzt und starb bei den verheerenden Bombenangriffen, die in der Weihnachtszeit 1944 Trier zu großen Teilen zur Trümmerwüste machten. Für Heyens Mutter Katharina Marx (gest. 1967), eine Bauerntochter aus St. Vith, war dies ein kaum zu ertragender Schicksalsschlag, da sie auch schon drei ihrer vier Söhne verloren hatte: Fränzchen war als Zweijähriger in einem Bach ertrunken, Jupp und Willi starben als Soldaten im Osten. Mit ihrem einzig verbliebenen jüngsten Kind, dem als Luftwaffenhelfer gerade entlassenen Franz-Josef, fand die Mutter mit Hilfe des Pfarrers Feilen Aufnahme in Niederöfflingen.

Als dieses Dorf im März 1945 zuerst von den Amerikanern, dann von den Franzosen besetzt wurde, fungierte Heyen dank seiner Sprachkenntnisse als Verbindungsmann zur Besatzungsmacht und erhielt die Erlaubnis, als Kartoffelhändler Eifler Kartoffeln ins hungernde Trier zu liefern. Noch 1945 kehrte er mit seiner Mutter in die Moselhauptstadt zurück, wo die Heyens seit 1940 gewohnt hatten. In Trier machte Heyen 1948 Abitur, danach studiert er in Mainz, Tübingen, Zürich und Göttingen Deutsch und Geschichte, um Lehrer zu werden.

Das Studium schloss er 1954 mit dem Staatsexamen und der Promotion ab, die damals als eine der beiden Staatsexamensarbeiten zählte. Es folgte ein halbes Jahr als Studienreferendar am Cusanus-Gymnasium in Wittlich, ehe Heyen sich plötzlich entschloss, als Archivreferendar nach Koblenz zu wechseln. Obwohl er damit den ersten Schritt auf einer eindrucksvollen Karriereleiter startete, die er „bis zu ihrer letzten Sprosse: Direktor des Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz“ (Prof. Pirmin Spieß) erklomm, so hielt er erstaunlicherweise im Alter die Abkehr vom Lehrerberuf für „die wichtigste, persönlich frei getroffene Fehlentscheidung meines Lebens“. Besonders schmerzlich empfand der Junggeselle Heyen das Fehlen der „Teilhabe an der Erlebniswelt junger Menschen“. Dabei lebte der humorvolle und lebensfrohe Geschichtsforscher keineswegs ungesellig, sondern schätzte und pflegte seine zahlreichen Freundschaften.

Neben der wissenschaftlichen Arbeit war dem Eifler die Kunst ein wichtiges Lebenselement. Kenntnisreich legte er in seinem Skulpturengarten in Koblenz eine Skulpturensammlung an, in der beispielsweise auch Werke des Oberkailer Bildhauers Johann-Baptist Lenz (1922 – 2007) zu finden waren, den Heyen besonders schätzte und zu dessen 75. Geburtstag er einen umfangreichen Ausstellungkatalog erarbeitete. Heyens Nähe zu zahlreichen Künstlern führte dazu, dass es von ihm selbst bemerkenswert viele künstlerische Darstellungen gibt.

Im Zentrum der heyenschen Lebensarbeit stand sicherlich seine historisch-archivalische Tätigkeit von phänomenaler Produktivität mit zahlreichen Veröffentlichungen. Heyen war überragend als Herausgeber von Werken zu vielfältigsten Aspekten rheinland-pfälzischer Geschichte. Klöster und Stifte, Städte, Adelsfamilien (etwa die Arenberger oder Luxemburger), Bevölkerungsgruppen (z. B. Juden oder Dienstleute), Dörfer (z. B. Schengen), und vor allem auch Biographien – es gab eigentlich nichts, was ihn nicht interessiert hätte. Um nur diese Exempel herauszugreifen: Heyen war über viele Jahre Herausgeber der Rheinischen Lebensbilder und der Kurzbiographien vom Mittelrhein und Moselland; von 1966 bis 1973 prägte er als Geschäftsführer, von 1973 bis 1989 als hoch angesehener Präsident die Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte.

Das Lebenswerk Heyens, der seit 1979 Honorarprofessor der Universität Trier war, wurde schließlich allenthalben als elementarer Beitrag zum kulturellen Selbstverständnis des Landes Rheinland-Pfalz gewürdigt.

Der „Eifler Bub“ (so Landtagspräsident J. Mertes) Professor Dr. Heyen, der 1973 als 45-Jähriger einen ersten Herzinfarkt erlitten hatte, starb 2012 im Alter von 84 Jahren.

Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen