Franz Schmitten

Tierzüchter aus Insul

307_schmitten_40_16Eifler als Tierzüchter – das hat eine mehrtausendjährige Tradition. Antike Autoren rühmten die Pferdezucht der Treverer, später wurden anspruchslose, aber sehr widerstandsfähige Landrassen gezüchtet. Im 19. Jahrhundert gaben Agrarpioniere wie der Dierfelder Gutsbesitzer und Manderscheider Bürgermeister Heinrich Thielen der rheinpreußischen Rinderzucht wichtige Impulse. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schließlich gehörte ein Eifler zu den bedeutendsten deutschen Tierzuchtwissenschaftlern: Franz Schmitten, langjähriger Direktor des Bonner Instituts für Tierzucht. 

Franz Schmitten wurde 1929 als Sohn des Kaufmanns Peter Schmitten in dem nördlich von Adenau gelegenen Ahrdorf Insul geboren. Er gehörte damit zu jenem deutschen Jahrgang, dessen männliche Angehörige nicht mehr als Soldaten oder Flakfelder am Weltkrieg teilnehmen mussten. Sein beruflicher Werdegang begann fast gleichzeitig mit dem Entstehen der Bundesrepublik; Bonn, der heimatnahe Regierungssitz dieses neuen Staates, wurde zum Zentrum seines ganzen Erwachsenenlebens. Nach dem Abitur 1948 am Realgymnasium Ahrweiler (heute: Peter-Joerres-Gymnasium)  war es Schmittens Wunsch, Landwirtschaft zu studieren. Erster Schritt dazu war eine Landwirtschaftslehre,  die er mit der Gehilfenprüfung abschloss. Das anschließende Landwirtschaftsstudium an der Universität Bonn beendete er 1954 als Diplom-Agraringenieur. 1957 veröffentlichte er als Resultat mehrjähriger Forschungen eine umfangreiche Dissertation „Über die Bedeutung der Mineralstoffe und ihre Bedarfsdeckung bei Rindern und Schweinen in landwirtschaftlichen Betrieben mit unterschiedlicher Futtergrundlage im Landkreis Bonn“ vor. In den folgenden Jahren setzte Dr. agr. Schmitten seine wissenschaftliche Arbeit als Assistent und Oberassistent am Bonner Institut für Tierzucht und Tierfütterung fort. 1967 präsentierte er seine Habilitationsschrift, deren langer Titel zugleich Kerngebiete seiner tierzüchterischen Lebensleistung beschreibt: „Schätzung phänotypischer und genetischer Parameter für Merkmale der Mastleistung und des Schlachtkörperwertes beim Schwein unter besonderer Berücksichtigung der Fleischbeschaffenheit und ihrer Beziehung zur Schlachtkörperzusammensetzung“. Zunächst Privatdozent, dann außerplanmäßiger Professor, wurde Schmitten 1973 ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Tierzucht und Tierfütterung. Er übernahm die Leitung des Versuchsgutes Frankenforst, das 1930 vom preußischen Staat der damaligen Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn-Poppelsdorf übergeben worden war.

Während seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Bonner Institutsdirektor machte sich  Schmitten einen Namen als herausragender Experte insbesondere der Rinder- und Schweinezucht. Als Produktionsziele von Qualitätsfleisch formulierte er die Erzielung eines hohen Genuss-, Nähr- und Gesundheitswertes, wobei er besonderen Wert darauf legte, dass Fleisch möglichst tiergerecht und umweltverträglich erzeugt wird. Generell definierte er Fleischqualität als Merkmalskomplex, bei dem die Qualität des Produkts ebenso gewährleistet sein muss wie die Qualität seiner Produktion. Das bedeutete unter anderem,  dass neben der Optimierung von Zuchttieren beispielsweise auch Fragen umweltverträglicher Haltungssysteme von großer Bedeutung für die Forschungen von Schmitten und seinen Mitarbeitern wurden. Die auf ihn zurückgehende „Bonner Formel“ zur Schätzung des Muskelfleischanteils bei Schlachtkörpern war nur einer von vielen Beiträgen, in denen sich Schmittens Einfluss auf die Tierzucht dokumentierte.   

Neben der Forschung, deren Ergebnisse er in über 250 Publikationen präsentierte, machte die Weitergabe der gewonnenen Tierzuchterkenntnisse einen zentralen Teil von Schmittens Arbeit aus. Mit reger Vortragstätigkeit und als Berater von Zuchtorganisationen erreichte er zahlreiche Tierzuchtexperten und Landwirte. Vielen davon war der Name von Professor Schmitten ohnehin schon aufgrund als Tätigkeit als langjähriger Schriftleiter der Zeitschrift „Züchtungskunde“ bestens bekannt. Um nur noch ein Beispiel aus Schmittens ausgedehntem Wirkungsfeld der Förderung von Züchtungsforschung und Landwirtschaft zu nennen: Schmitten war maßgeblicher Mitgründer der nach dem Agrarwissenschaftler Theodor Brinkmann (1877-1951) benannten Stiftung zur Unterstützung der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn. Dass eine in Wissenschaft und Praxis so engagierte Persönlichkeit wie Professor Schmitten vielfach ausgezeichnet wurde, ist wenig verwunderlich. Beispielhaft seien hier nur die renommierte Hermann-von-Nathusius-Medaille genannt, die er 1996 von der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde e.V. (DGfZ) erhielt, oder die Goldene Ehrennadel, durch deren Verleihung der Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion Schmittens herausragende Verdienste in diesem ernährungswirtschaftlich so wichtigen Bereich würdigte. 2004 erhielt der emeritierte Wissenschaftler die seltene Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde. Professor Franz Schmitten verstarb 2011 im Alter von 82 Jahren in Bonn.

Verfasser: Gregor Brand

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