Friedrich Jügel

– Kupferstecher aus Remagen

246_juegel_30_15Es gab einmal eine Zeit, in der manche meinten, nicht nur jeder Bayer, sondern auch jeder Rheinländer habe eine angeborene Abneigung gegen Preußen. Diese Einschätzung stimmte allerdings nie, und sie traf besonders im Fall des Künstlers Friedrich Jügel nicht zu, der in Preußen einer der großen deutschen Kupferstecher seiner Zeit wurde.

Der 1772, in dem zum Herzogtum Jülich gehörenden Remagen, geborene Jügel war ein Sohn des Tuchexperten Johann Friedrich Jügel und dessen Ehefrau Anna Kirberger, die aus einer alteingesessenen und angesehenen Bendorfer Familie stammte. Über die Herkunft des Vaters ist immer noch nichts Genaues bekannt; er scheint besondere chemische Kenntnisse besessen zu haben, die er zu Verbesserungen bei der Tuchproduktion nutzte. Einige Jahre nach Friedrichs Geburt begab sich die protestantische Familie nach Düren, verließ aber bald darauf die Eifel ganz und zog nach Berlin. Geschwister Friedrichs waren unter anderem die später in Gummersbach lebende Malerin und Stickerin Henriette Jügel (1778-1850), sowie der erfolgreiche Kunst- und Buchhändler Karl Jügel (1783-1869), der in Frankfurt eine stadthistorisch bedeutende Buchhandlung begründete. Zumindest seit ihrer Berliner Zeit waren die Jügels anscheinend recht wohlhabend und verkehrten mit namhaften Persönlichkeiten des Berliner Bürgertums. Noch im Alter erinnerte sich Karl Jügel daran, wie der Vater 1792 „in seinen weißen Roquelaure gehüllt“ eines Abends nach Hause kam und erschüttert und empört zugleich die Kunde von der Enthauptung des französischen König Ludwigs XVI. überbrachte. Seiner revolutionskritischen Einstellung war es sicherlich nicht abträglich, dass sein kunstbegabter Sohn Friedrich in jungen Jahren bei einem Kunstwettbewerb erfolgreich war und vom preußischen Kronprinzen persönlich eine silberne Medaille in einem zierlichen Körbchen überreicht bekam. Möglicherweise bewirkte auch der charismatische Eindruck, den der damals noch lebende „Alte Fritz“, König Friedrich II. von Preußen, auf den Remagener machte, dass dieser später selbst mit seinen Werken zum Ruhm Preußens beitragen wollte.

Zum Kupferstich kam Friedrich Jügel nach einer Vermutung des ehemaligen Dürener Museumsdirektors Dr. Heinrich Appel durch den gefeierten Danziger Kupferstecher Daniel Chodowiecki (1726-1801), der im jügelschen Berliner Elternhaus öfters Gast war. Der von Goethe aufs Höchste geschätzte Chodowiecki dürfte den jungen Jügel darin bestärkt haben, seine künstlerischen Talente durch eine Ausbildung in der Berliner Akademie der Künste zur Meisterschaft zu entwickeln. Jedenfalls erlernte Jügel seit Februar 1787 an dieser Institution die für einen Kupferstecher und Radierer erforderlichen Fertigkeiten; als Professor für Kupferstichkunst unterrichtete dort damals der Berliner Daniel Berger (1744-1825), der eng mit Chodowiecki zusammenarbeitete. Zu den künstlerischen Techniken, in denen sich Jügel zur höchsten Meisterschaft ausbildete, gehörte besonders das Aquatinta-Verfahren. Dieses vom Metzer Maler Jean Baptiste Le Prince (1734-1781) maßgeblich beeinflusste Tiefdruckverfahren faszinierte gegen Ende des 18. Jahrhunderts Maler und Illustratoren, weil es durch die spezielle Ätzung und Behandlung der Druckplatten neue farbliche und künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten eröffnete.

Jügels Werk enthält zahlreiche detailgenaue und lebendig wirkende Darstellungen von Persönlichkeiten seiner Zeit. Dazu gehören Repräsentanten des gehobenen Berliner Bürgertums wie der Kunsthändler und Verleger Ludwig Wilhelm Wittich ebenso wie Kaiser Napoleon oder Mitglieder des preußischen Herrscherhauses. Jügel war ein von vielen Malern hoch geschätzter Reproduktionsgraphiker, dessen mit unterschiedlichen Verfahren geschaffene Werke die Bildwelt seiner Zeit mitprägten. Neben Porträts, Bauten und Landschaften spielen auch historische Motive in seinen Werken eine beträchtliche Rolle. Die damalige Zeit vor und nach den antinapoleonischen Befreiungskriegen mit ihren Schlachten und dramatischen politischen Entwicklungen wühlte die Menschen auf und schuf ein für historische Stoffe begeisterungsfähiges Publikum. Preußen erlebte nach 1800 zur Hauptschaffenszeit von Jügel nicht nur die sprichwörtliche „Stunde der tiefsten Erniedrigung“, sondern auch eine geistige Blütezeit und ging aus dem Kampf gegen Frankreich siegreich hervor. Der vaterländische Stolz spiegelte sich in den Werken des Künstlers Jügel wider. So kündigte er in der Zeitschrift „Friedensblätter“ 1814 die Herausgabe eines patriotischen Kupferstiches an, der dem Andenken der glücklich errungenen Unabhängigkeit Preußens geweiht sein sollte: „Er wird Friedrich den II. darstellen, von den hohen Häuptern des preußischen Hauses und den Helden seiner Zeit umgeben, empfangend am offenen Tempel des Ruhms die Helden unserer Zeit, ihm vorgestellt von der gekrönten Tugend, an Gestalt und Zügen der verewigten Königin gleichend.“ Jügel, der schließlich selbst Professor für Kupferstichkunst an der Berliner Akademie wurde, starb in Preußens Hauptstadt im Jahr 1825. 

Verfasser: Gregor Brand

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