Hermann Joseph Brünninghausen

– Wundarzt, Chirurg und Geburtshelfer aus Nideggen

„Sein Name glänzt ewig in der Geschichte der Chirurgie“. Diese im „Neuen Nekrolog der Deutschen“ erfolgte Einschätzung seines Lebenswerks drückte die Bewunderung aus, die seine fachkundigen Zeitgenossen dem Mediziner entgegenbrachten. Hermann Joseph Brünninghausen kam im April 1761 in Nideggen als Sohn von Johann Hugo Brünninghausen zur Welt – also in der gleichen Nordeifler Rurstadt, die auch Heimat des Medizinprofessors Karl Kaspar Siebold (1736–1807) war, der durch seine eigene Lebensleistung, aber auch als Stammvater einer Dynastie von eminenten Medizinern und Wissenschaftlern berühmt wurde. Diese Gemeinsamkeit des Geburtsorts war kein Zufall. Siebolds Mutter hieß Esther Brünninghausen; sowohl Siebold als auch Brünninghausen waren Nachkommen von Johann Peter Brünninghausen (1655–1741), der Stadtschreiber und Bürgermeister in Nideggen gewesen war. Beeinflusst durch den bereits erfolgreichen Siebold studierte Brünninghausen Medizin und Arzneiwissenschaft von 1777 bis 1780 in Würzburg, dann zwei Jahre lang in Göttingen. Nach dem Studium arbeitete er sieben Jahre lang als Assistent Siebolds auf der chirurgischen Station des Juliushospitals in Würzburg. 1791 erfolgte die Ernennung des 30-jährigen Dr. Brünninghausen zum Professor der Wundarzneikunst und Oberlandwundarzt von Würzburg. In Verbindung mit seiner Funktion als Examinator der Chirurgen und Aufseher über sämtliche Würzburger Chirurgen hatte er damit eine zentrale Position im Medizinwesen der unterfränkischen Bischofsstadt inne. In den revolutionären Kriegsjahren jener Zeit musste er zunächst einen Großteil seiner Arbeit den Kriegsverletzten widmen, vor allem, nachdem es Anfang September 1796 zur Großschlacht um Würzburg gekommen war, an der auf beiden Seiten jeweils rund 40 000 Soldaten beteiligt waren. 1797 wurde Brünninghausen Generalchirurgus im Majorsrang, dann auch Generalstabs-Chirurgus. Für seinen Einsatz bei der Organisation der österreichischen Militärlazarette erhielt er 1800 von Franz II., dem letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, die große goldene Ehrenmedaille mit Kette – eine von etlichen Ehrungen, die ihm in seinem Leben zuteilwurden. Ehrenvoll waren auch Rufe an andere Universitäten (1803 Dorpat, 1807 Tübingen), die Brünninghausen jedoch ablehnte.

Über die unmittelbar chirurgische Arbeit hinaus zeichnete sich Brünninghausen dadurch aus, dass er mit großer technischer Begabung ständig darauf bedacht war, die praktischen Voraussetzungen der Chirurgie zu verbessern. Er arbeitete eng mit dem innovativen Chemiker und Pharmazeuten Professor Johann Georg Pickel (1751–1838) zusammen und beteiligte sich mit Rat und Tat an einem von Pickel 1784 bei Würzburg errichteten Unternehmen, das Chemikalien, Verbandmaterial, medizinische Apparate und Instrumente herstellte. 1802 veröffentlichte Brünninghausen eine stark beachtete Abhandlung „über eine neue von ihm erfundene Geburtszange“. Seiner Ansicht nach war das Leben rettende Werkzeug Geburtszange „eines der wohlthätigsten Instrumente für die Menschheit“ überhaupt. Bei den von ihm geschilderten Beispielen schwerer Geburtsvorgänge wird eindringlich deutlich, welch herzzerreißende Tragik mit vielen Geburten verbunden war und wie unermesslich hilfreich sich der medizinische Fortschritt gerade auch in diesem Bereich auswirkte.

Brünninghausens medizinisches Wirken ging sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft weit über das Gebiet der Geburtshilfe hinaus. Zu dem ihm als Militärarzt bestens vertrauten Problem der Amputation publizierte er ebenso wie – um nur diese Beispiele zu nennen – zu Leistenbrüchen oder Schulterbeinbrüchen, wobei es ihm auch in diesen Fällen wichtig war, die Therapie durch Konstruktion verbesserter Hilfsmittel zu unterstützen. Andere seiner Arbeiten galten der Behandlung weit verbreiteter und hochgefährlicher Krankheiten wie Syphilis oder Cholera. Was Brünninghausens eigene Gesundheit betrifft, so fallen Parallelen zu seinem Verwandten Karl Kaspar Siebold auf. Wie Siebold, so verfügte auch Brünninghausen über beträchtliche physische Kraft, und wie bei Siebold wurden auch bei ihm die letzten Lebensjahre von den Folgen eines Schlaganfalls überschattet. Brünninghausen wurde 1821 sechzigjährig vom Schlag getroffen; auch Siebold war in seinem siebten Lebensjahrzehnt „vom Schlagfluss gerührt“ worden, wie man es seinerzeit nannte. Bei beiden Medizinern ließen die Schlaganfälle zunächst ein – wenn auch stark eingeschränktes – Weiterarbeiten zu. 1823 wurde Brünninghausen, der 1821 Kreismedizinalrat geworden war, ehrenvoll in den Ruhestand entlassen. Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen musste er seine praktische Arzttätigkeit ganz einstellen, konnte jedoch noch medizintheoretische Studien betreiben. Diese Beschäftigung diente ihm „sogar bis an sein Ende zur angenehmsten Unterhaltung“, wie es in einem Nachruf hieß. Dieses Ende seines für viele Menschen so segensreichen Lebens ereilte Professor Brünninghausen, der Mitglied hoch angesehener wissenschaftlicher Akademien war, im Februar 1834 in Würzburg, als er erneut vom Schlag getroffen wurde.

Verfasser: Gregor Brand

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