Hubertus Theophil Simar

– Bischof von Paderborn und Erzbischof von Köln aus Eupen

Der im Dezember 1835 im damals preußischen Eupen geborene und auf die Namen Hubertus Theophilus getaufte Simar war das achte und jüngste Kind der katholischen Kaufmannsfamilie von Michael Joseph Simar und Katharina Hanquet. Vorfahren des späteren Erzbischofs lebten seit vielen Generationen in der „Rokokostadt“ Eupen, wie sie sein Eupener Landsmann, der Maler Walther Ophey (1882 –1930), aufgrund des Farbbildes von Stadt und Landschaft einmal genannt hatte.
Nachdem er mit sehr ansprechenden Leistungen das Gymnasium in Düren absolviert hatte, schrieb sich Hubertus Simar im Herbst 1853 an der Universität Bonn zum Studium der Theologie und Philosophie ein, ehe er zu Ostern 1857 an die Universität München wechselte; ein Jahr später wurde er im westfälischen Münster zum Lizentiaten der Theologie promoviert. Das schon seit seiner Kindheit gehegte Ziel, Priester zu werden, verwirklichte Simar mit der Priesterweihe in Köln im Mai 1859. Nach kurzer Kaplanszeit wurde er 1860 Repetent am Theologenkonvikt in Bonn. Trotz fehlenden Doktortitels habilitierte er sich noch im gleichen Jahr an der Theologischen Fakultät der Universität Bonn im Fach Neutestamentliche Exegese. Die ihm nun offenstehende Laufbahn als akademischer Lehrer bedeutete in seinem Fall, dass Privatdozent Simar im Jahr 1864 außerordentlicher Professor, aber erst 1880 ordentlicher Professor der Dogmatik und Apologetik in Bonn wurde. Eine entscheidende Rolle bei diesem Berufsverlauf dürften neben den Konflikten im Umfeld des bismarckschen Kulturkampfs vor allem die innerkatholischen Wirren nach dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869 –1870) gespielt haben. Das 1870 verkündete Unfehlbarkeitsdogma führte zu beträchtlichen Verwerfungen innerhalb des deutschen Katholizismus und zur Entstehung des Altkatholizismus. Gerade auch unter den Theologen der Bonner Universität stieß das Unfehlbarkeitsdogma auf heftige Ablehnung. Professor Simar, dem 1867 der theologische Doktortitel ehrenhalber verliehen worden war, gehörte zur Minderheit der konzilskonformen Bonner Theologen. Man kann davon ausgehen, dass er diese Position aus innerer Überzeugung vertrat, andererseits widersprachen Auflehnung und Protest auch nicht seinem friedfertigen und konzilianten Naturell. Simars Sache war die stille Gelehrtentätigkeit, deren sichtbare Ergebnisse sich dann in theologischen Publikationen niederschlugen. Allerdings bedeutete dies nicht, dass der hochgebildete Theologe ein ungeselliger Einzelgänger war. In zwei jungen, aber schnell bedeutsam werdenden Vereinigungen übernahm er sogar Führungsaufgaben: im Borromäusverein sowie in der 1876 geründeten Görres-Gesellschaft.
1867 veröffentlichte Professor Simar ein „Lehrbuch der katholischen Moraltheologie“, dessen Absicht es war, den „Candidaten des geistlichen Standes“ für das Studium eine „Darstellung der genannten Disziplin darzubieten“ – also ein klassisches Lehrbuch zu Studienzwecken. Großen Raum nahm darin das Thema „Gewissen“ ein – eine Problematik, die Simar auch sonst außerordentlich wichtig war. Ihm war völlig bewusst, dass er es beim moraltheologischen Hauptbegriff des Gewissens mit einer weit über 1000 Jahre zurückreichenden und im Grunde unüberschaubaren Fülle von theologischer Literatur zu tun hatte. Den Theologiestudenten wollte er zumindest einige Hauptaspekte aus diesem Gebirge moraltheologischer Reflexionen nahebringen, da er eine wissenschaftliche Fundierung seelsorgerischer Praxis für unerlässlich hielt.
Angesichts seines bis dahin geführten Lebens erscheint es glaubwürdig, was später auf seinem Totenzettel stand: „Da rief ihn aus der Stille des Gelehrtenlebens ein Ereignis auf, das er niemals gewünscht und gehofft, sondern nur gefürchtet hatte: am 25. Juni 1891 erfolgte seine Erwählung zum Bischof von Paderborn“. Auf die Bischofsweihe 1892 folgten acht unspektakuläre Amtsjahre, in denen sich Bischof Simar auf innerkirchliche Anliegen konzentrierte. Es machte ihm Sorgen, dass das traditionelle katholische Leben an der Schwelle zum 20. Jahrhundert stärksten Gefährdungen ausgesetzt war. Er wollte diesen Anfechtungen der Moderne durch intensivere Priesterausbildung und eine Stärkung des katholischen Vereinslebens begegnen; größere Anpassungen der Kirche an den Zeitgeist waren ihm suspekt. Mit dieser Haltung fand er Anklang sowohl beim greisen Papst Leo XIII. (1810 –1903) als auch bei Kaiser Wilhelm. Als 1899 ein neuer Kölner Erzbischof gewählt wurde, weckte die allzu deutliche Unterstützung Simars durch den preußischen Staat zwar Bedenken unter manchen rheinischen Katholiken, andererseits genoss Simar auch beim Domkapitel hohe Wertschätzung. So begann das neue Jahrhundert für das Erzbistum Köln im Februar 1900 mit der feierlichen Inthronisation Simars, der als Eupener aus dem Erzbistum selbst hervorgegangen war. Wenig erfreut waren die Altkatholiken, für deren weitere Zurückdrängung sich ihr alter Gegner Simar einsetzte. Größere Maßnahmen waren dem Erzbischof nicht vergönnt, denn nach nur zweijähriger Amtszeit erlag der 66-Jährige in der Pfingstwoche 1902 einer Lungenentzündung.

Verfasser: Gregor Brand

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