Indutiomarus

– Fürst der Treverer

In den letzten vorchristlichen Jahrhunderten, aber auch noch lange danach, wurde in der Eifel eine keltische Sprache gesprochen – die der Treverer. Die Eifel gehörte zum Kernland der Treverer, auch wenn sich deren Stammesgebiet darüber hinaus südlich der Mosel sowie westwärts der heutigen deutschen Grenze erstreckte. Die historische Erstnennung der Treverer erfolgte im Jahr 58 v. Chr. durch Caesar in dessen Werk „Über den gallischen Krieg“, in dem er seinen Eroberungskrieg gegen die Gallier dokumentierte. Der römische Heerführer war besonders von der Reiterei der Treverer beeindruckt, die seiner Einschätzung nach die stärkste in ganz Gallien war. Caesars Kriegsbuch ist es auch, das fast alle Informationen über Indutiomarus liefert, der sich der römischen Eroberung nicht widerstandslos beugen wollte. Wo dieser Keltenfürst genau geboren wurde, ist nicht bekannt. Versuche, ihn mit konkreten Orten der Trevererhistorie – etwa dem Dollberg bei Otzenhausen – in Verbindung zu bringen, bleiben vorerst spekulativ. Ungeklärt ist auch die Bedeutung seines Namens. Während der zweite Namensbestandteil – „mar“ als bekanntes Wort für „groß, berühmt, bedeutend“ leicht zu erklären ist, ist der erste Teil „Indutio“ rätselhafter.
Ins Licht der Geschichte tritt Indutiomarus um das Jahr 55 als Anführer des treverischen Widerstandes. Dass dieser gallische Stamm widerspenstiger war als andere, erkannte Caesar schon daran, dass die Treverer nicht zu den Landesversammlungen kamen, auf denen die anderen Stämme ihre Treue zu Rom bekundeten. Allerdings gab es auch bei den Treverern eine starke Partei, die sich mit der römischen Herrschaft abfinden wollte. Der Anführer dieser Romfreunde war Cingetorix, ein Schwiegersohn des Indutiomarus. Im Jahr 54 spitzten die Konflikte sich zu. Caesars Hauptziel war zu diesem Zeitpunkt eine Invasion des südlichen Britanniens zur Unterwerfung der dortigen keltischen Stämme. Um auf dem Festland während seines Britannien-Feldzugs Ruhe zu haben, beschloss er, mit mehreren Legionen ins Trevererland einzurücken, um Aufstände von vornherein zu unterbinden.

Indutiomarus hatte sich auf eine Art Guerillakrieg gegen die Römer vorbereitet, wie er unter keltischen und germanischen Stämmen nicht ungewohnt war. Er sammelte die waffenfähigen Männer, Reiterei sowohl als Fußvolk, und befahl der Zivilbevölkerung, sich in den tiefen Wäldern zu verstecken. Bei seinen Kriegsvorbereitungen musste er jedoch feststellen, dass sich andere Treverer-Häuptlinge weiterhin nicht mit der römischen Militärmaschinerie anlegen wollten. Aus Sorge, relativ isoliert dazustehen, lenkte Indutiomarus daher dem Schein nach ein und ließ durch Gesandte Caesar mitteilen, er unterwerfe sich ihm. Caesar empfing Indutiomarus persönlich und befahl ihm, zur Absicherung seines Unterwerfungsversprechens 200 Geiseln aus seiner Verwandtschaft – darunter einen Sohn – zu stellen. Deren Namen hatte Caesar von Cingetorix erfahren, auf dessen Treue er sich verließ und für dessen Führungposition bei den Treverern er eindringlich warb. Diese klare Bevorzugung des Cingetorix wiederum erboste dessen Schwiegervater Indutiomarus. In den folgenden Herbst- und Wintermonaten bemühte er sich überall um Unterstützung gegen die Römer. Während er damit bei den rechtsrheinischen Germanen keinen Erfolg hatte, wuchs seine Popularität in Gallien. Auf einer Versammlung der Stämme erklärte Indutiomarus seinen Schwiegersohn öffentlich zum Stammesverräter und konfiszierte dessen Landbesitz. In militärischer Hinsicht konzentrierte er sich nun mit seiner Reiterei auf die Eroberung des von Titus Labienus geführten starken römischen Winterlagers. Die Treverer, von Tag zu Tag mutiger, wagten sich mit Indutiomarus an der Spitze im Jahr 53 immer näher an das Lager heran, schleuderten Speere und versuchten mit Spott und Hohn, die Römer zu unvorsichtigen Ausfällen zu provozieren. Vergeblich: Caesars erfahrener Offizier Labienus bewahrte kühlen Kopf, verstärkte sich heimlich mit keltischen Söldnern und wartete auf den Moment zum Gegenstoß. Seine Taktik gelang. Als die gallorömische Kavallerie überraschend aus zwei Toren des Forts ausbrach, flohen die Treverer. Labienus hatte den Befehl gegeben, zuerst Indutiomarus zu liquidieren und sich nur auf ihn zu stürzen. Beim Überqueren einer Furt gelang es den Römern, Indutiomarus zu töten; erst anschließend brachten sie auch viele seiner Leute um. Der Kopf des Indutiomarus wurde zum triumphierenden Labienus gebracht. Labienus wurde einige Jahre später ein Feind Caesars; auch ihm wurde der Kopf abgeschnitten und als Siegestrophäe zu Caesar gebracht.

Mit dem Tod des Indutiomarus war der Widerstand der Treverer gegen die Eroberer noch nicht vollständig gebrochen, schließlich arrangierten sie sich jedoch mit den neuen Herren. Roms Präsenz im Moselland verstärkte sich schnell und stark, Augusta Treverorum (Trier) wurde bedeutende provinzialrömische Metropole. Nicht wenige der gallorömischen Villen, die in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten in der Eifel errichtet wurden, dürften romanisierten reichen Treverern gehört haben, vielleicht sogar Nachfahren von Cingetorix und Indutiomarus.

Verfasser: Gregor Brand

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