Josef Bremm

Immer weniger Menschen wissen aus eigener Erfahrung, welcher Ruhm und Nimbus für die meisten Deutschen im 2. Weltkrieg und noch lange danach mit dem Status eines Ritterkreuzträgers verbunden waren. Wer mit dem Ritterkreuz, noch dazu mit Eichenlaub und Schwertern, ausgezeichnet worden war, zählte zu den Tapfersten der Tapferen. Von den über 18 Millionen Wehrmachtssoldaten erhielten weniger als 200 diese auch von Kriegsgegnern geachtete ruhmvolle Ordensstufe. Einer von ihnen war der 1914 geborene Eifler Josef Bremm.

Josef Bremms aus Königsfeld stammender Vater Adolf war 1911 als Volksschullehrer in das Vulkaneifeldorf Mannebach gekommen und hatte die einheimische Maria Müller geheiratet. Streifzüge durch die Natur begeisterten den sportlichen Jungen, der 1927 Kreissieger bei den Reichsjugendspielen wurde und später an der Kurfürst-Balduin-Schule in Münstermaifeld Abitur machte. Den weiteren Lebensgang bestimmte danach die Politik des NS-Staates. Zwei Monate vor seiner Volljährigkeit war die Wehrpflicht wieder eingeführt worden. Bremms Geburtsjahrgang stellte die ersten Wehrpflichtigen der neuen Wehrmacht, er selbst leistete den Wehrdienst ab 1935 überwiegend im schlesischen Schweidnitz ab. Mit Beginn des Weltkriegs wurde Leutnant Bremm reaktiviert und zunächst zum Zugführer in der 253. Infanterie-Division bestimmt, bald darauf wurde er Bataillonsadjutant. Im trotz Zehntausender gefallener deutscher Soldaten siegreichen Westfeldzug 1940 erlebte der Mannebacher seine Feuertaufe. Ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz wurde Bremm zum November 1940 als Adjutant zur neugebildeten 126. Infanterie-Division versetzt. In den frühen Morgenstunden des 22. Juni 1941 begann der deutsche Überfall auf die stalinistische Sowjetunion, an dem die 126. ID innerhalb der Heeresgruppe Nord teilnahm. Für Bremm begann nun eine Zeit, die von Verwundungen und härtesten Kriegsbedingungen einerseits, von höchsten Tapferkeitsauszeichnungen andererseits gekennzeichnet war. Bereits wenige Wochen nach der anfangs sehr erfolgreichen Invasion wurde er durch Granatsplitter verletzt, nahm aber schon im August wieder an den beiderseits brutal verlustreichen Kämpfen zwischen Dünaburg, Ilmensee und Ladogasee teil. Auf den staubtrockenen Hitzesommer folgte nach dem Schlamm des regenreichen Herbstes ein extrem eisiger Winter. Den Minustemperaturen von unter fünfzig Grad und der „beispiellosen Härte der Kämpfe“ (Henning Stühring) fielen Zehntausende deutscher Soldaten und noch mehr Rotarmisten zum Opfer. Kurz vor Weihnachten 1941 konnte Kompaniechef Bremm mit seiner Kompanie bei einem überraschenden Gegenangriff ein sowjetisches Bataillon zerschlagen. Für diese spektakuläre Aktion erhielt Oberleutnant Bremm das Ritterkreuz und erfüllte Angehörige und Bekannte zuhause mit Stolz. Die Moselgemeinde Gondorf, wo die Bremms seit 1936 wohnten, machte ihn zum Ehrenbürger. An der Ostfront ging derweil auch für Bremm der Krieg weiter. Im Dezember 1942 erhielt er für weitere herausragende militärische Aktionen als 165. Soldat das Eichenlaub zum Ritterkreuz.  

Erst nach seiner sechsten Verwundung, darunter Hüft- und Oberarmdurchschuss, wurde Major Bremm nach Deutschland versetzt, wo er etwa ein Jahr lang als Waffenlehrer an der Infanterieschule Döberitz unterrichtete. Im September 1944 kam er als Regimentskommandeur erneut zum Einsatz an der Front, die seiner Eifelheimat schon bedrohlich nah war. In der Ardennenoffensive bewährte sich Bremm, inzwischen Oberstleutnant, wie man es von einem Ritterkreuzträger erwartete, konnte aber natürlich den Gang der Dinge nicht wenden.

Generalfeldmarschall Kesselring schlug Bremm am 23. 4. 1945 für die Schwerter zum Ritterkreuz vor. Auch wenn der Vorschlag in den Wirren der letzten Kriegstage nicht mehr vollständig bearbeitet wurde, gilt Josef Bremm historisch als letzter Empfänger dieser überaus seltenen Auszeichnung.

Nach dem Krieg führte Bremm, kinderlos verheiratet mit Agnes Steffens (1925–2011), als Vertreter für Landmaschinen ein zurückgezogenes Leben in Monreal. Beim Aufbau der Bundeswehr gehörte Bremm zu den umworbenen Ex-Offizieren. Obwohl er die Demokratie bejahte und trotz verlockender beruflicher Perspektiven, wollte er aber nicht noch einmal Soldat werden. In seinen letzten Lebensjahren traf sich Naturfreund Bremm öfters mit seinem Verwandten, dem Mannebacher Heimatforscher Helmut Müller, zu Wanderungen in der Landschaft seiner Kindheit. Josef Bremm, höchstdekorierter Soldat der Eifel, starb 1998 im Alter von 84 Jahren in Monreal.

Verfasser: Gregor Brand

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