Josef Ponten

– Schriftsteller aus Raeren

Josef Ponten kam im Juni 1883 in dem ostbelgischen Grenzort Raeren zur Welt, der damals zum Deutschen Reich gehörte. Sein Vater Michael Josef Ponten war Schreiner, später auch Bauunternehmer, seine Mutter Anna Catharina Niessen die Tochter eines Eifler Bauern und Fuhrmanns. 1890 zog die Familie nach Aachen, wo Josef das Kaiser-Karl-Gymnasium besuchte. Noch lange später galten seine Albträume der Schulzeit, auch wenn er niemals um seine Versetzung bangen musste: „Ich habe mich durchs Gymnasium hindurchgespielt“. Die ländliche Lebenswelt blieb dem Neu-Aachener vertraut, weil er nicht nur die Schulferien, sondern auch Sonn- und Feiertage bei Verwandten auf dem Dorf verbrachte.
Nach dem Abitur studierte er, zunächst in Genf und Berlin, mehrere Fächer: Philologie, Kunstgeschichte und Architektur, besuchte aber auch naturwissenschaftliche Vorlesungen. Ohne akademischen Abschluss startete der 23-jährige Jungintellektuelle 1906 erfolgreich eine Karriere als Schriftsteller. Sein Erstlingsroman „Jungfräulichkeit“, der vor dem Hintergrund bäuerlichen Lebens in einem Eifeldorf spielt, löste im katholischen Milieu seiner Heimatregion einen Skandal aus – war aber so erfolgreich, dass bereits ein Jahr später eine 3. Auflage erschien. In den folgenden Jahrzehnten folgte diesem furiosen Beginn ein umfangreiches und vielschichtiges Gesamtwerk von Romanen, Novellen, Sachbüchern, Artikeln und Abhandlungen. In Pontens erzählerischen Werken spielen Landschaft und Kultur der Westeifel oft eine hervorgehobene Rolle. Trotz dieses Schwerpunkts auf seiner Grenzland-Heimat war der sowohl geisteswissenschaftlich als auch naturwissenschaftlich breit interessierte Dichter keineswegs ein heimattümelnder Autor von nur regionaler Bedeutung. Dies wurde in seinem letzten Lebensjahrzehnt noch einmal deutlich mit dem mehrbändigen Roman „Volk auf dem Wege. Roman der deutschen Unruhe“, in dem sich der damalige Bestseller-Autor Ponten dem Schicksal der Russlanddeutschen zuwandte.

Josef Ponten war ein weitgereister und weltkundiger Mensch. Bei insgesamt mehrjährigen Auslandsreisen lernte er unter anderem Griechenland, Afrika, die Sowjetunion, Nord- und Südamerika und sogar die Arktisregion um Spitzbergen kennen. Seine Veröffentlichungen zu diesen Reisen fanden teilweise hohe Anerkennung bei Geographen. Dies gilt etwa für sein Werk „Griechische Landschaften. Ein Versuch künstlerischen Erdbeschreibens“ (1914). Der Geograph Otto Maull (1887–1957) war voll des Lobes über Pontens Landschaftsdarstellung und sah in dem Dichter-Geographen Ponten einen Vordenker der ästhetischen Geographie und Geopsychologie. In jüngerer Zeit finden nicht zuletzt Pontens kulturtheoretische Überlegungen zum Zusammenhang von Geographie, Geschichte und Kultur Beachtung. So ging C. R. Parau in einer Studie der Konstruktion des geschichtlichen Raumes in Pontens „virtueller Geo-Grafie des Rheinlandes“ nach. Die Landschaft um den „Weltstrom“ Rhein spielte im Denken Pontens eine eminente Rolle.
Während der Weimarer Republik gehörte Ponten, der seit 1920 mit seiner Frau, der Malerin Julia Freiin von Broich, in München als freier Schriftsteller lebte, zu den prominenten deutschen Autoren. Auch wenn das Urteil über ihn bei Kollegen und Kritikern starke Kontraste aufwies, so war insbesondere der mit Ponten lange befreundete Thomas Mann tief beeindruckt von dessen Können. Für Mann, der mit Ponten einen wichtigen Briefwechsel über künstlerische Grundfragen führte, war Ponten ein „Jahrhundertdichter“; auf Manns Empfehlung hin wurde Ponten 1926 in die Preußische Dichterakademie aufgenommen.

Josef Ponten verfügte über substanzielles Wissen auf ganz unterschiedlichen Gebieten, was ihm den nicht nur ironisch gemeinten Spitznamen „Dr. Allwissend“ einbrachte. Promoviert war Ponten tatsächlich: Aufgrund seiner kunsthistorischen Studien über den Maler Alfred Rethel (1816–1859) war ihm 1922 der Doktortitel verliehen worden. Zu den Gebieten, in denen Ponten über Expertenwissen verfügte, gehörten Baukunst und Architektur. Im Killy Literaturlexikon wurde Pontens zweibändiges Sachbuch „Architektur, die nicht gebaut wurde“ lange nach seinem Tod als „immer noch unersetzlich“ bezeichnet.

Den größten Ruhm erlangte Ponten in den dreißiger Jahren. 1936 wurde ihm der Rheinische Literaturpreis verliehen, 1937 der Münchener Dichterpreis. Pontens Haltung zum Nationalsozialismus war anscheinend ambivalent. Für den Kulturtheoretiker Ponten galten in der Politik prinzipiell keine anderen Gesetze als in der Natur („Politik ist Natur“), aber er wollte sich damit weltanschaulich nicht positionieren: „Von den Ideologien, namentlich dem faschistischen Nationalismus, aber wollen wir nichts wissen“ (1925). Ponten, der im Weltkrieg Soldat gewesen war, vertrat die Ansicht: „Eroberungskriege haben keinen Sinn“. Allerdings distanzierte er sich öffentlich keineswegs vom Hitler-Staat, was zu der langen Ignorierung seines Werks nach 1945 beitrug. Erst in jüngerer Zeit wendet sich die Forschung (z. B. Philippe Beck) wieder stärker dem einst so bekannten Dichter zu. Josef Ponten starb 56-jährig im April 1940 und wurde auf dem Waldfriedhof in München in einem Ehrengrab bestattet.

Verfasser: Gregor Brand

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