Josef Schiffels

Volksschulrektor, Autor und Komponist aus Hasborn

Vor dem 1. Weltkrieg gab es in Preußen rund 40000 Volksschulen mit circa zehn Millionen Schulkindern. Unterrichtet wurden sie von ungefähr 135.000 Lehrerinnen und Lehrern. Kaum jemand dieser Volkschullehrer war im Rheinland bekannter als Josef Schiffels, der Rektor der Volksschule Wittlich. Jahr um Jahr veröffentlichte dieser vielseitig begabte Pädagoge neben anderen Werken gefragte Schriften zu Themen des katholischen Unterrichts. Auch wenn Schiffels in zeitgenössischen Lexika erwähnt wurde, so findet sich bis jetzt die umfangreichste Darstellung über ihn in einem Aufsatz von Kathrin Simon aus dem Kreisjahrbuch Bernkastel-Wittlich 1989.
Josef Schiffels erblickte 1864 als Erstgeborener des Ackerers Matthias Schiffels und dessen Ehefrau Eva Nohn das Licht der Welt; von den fünf Söhnen dieser Familie aus dem Hasborner „Käten-Haus“ ergriffen drei den Lehrerberuf. Die eigene Elementarschulzeit verbrachte er an der Volksschule des Nachbardorfs Greimerath, wo er von dem Bausendorfer Lehrer Nikolaus Fries unterrichtet wurde und mit hervorragenden Schulleistungen beeindruckte. Wie viele begabte katholische Dorfjungen jener Zeit, die nicht Theologie studieren wollten oder konnten, beschritt Schiffels den Berufsweg zum Volksschullehrer. Dies hatte den Vorteil, dass man dafür kein – für die meisten Bauernfamilien unerschwingliches – Universitätsstudium benötigte. Bereits als 15-Jähriger durfte Schiffels als Schulamtsaspirant aushilfsweise selbst Unterricht erteilen (in Schladt, ein Jahr später in Gipperath). Daneben besuchte er mittwochs und samstags den Präparandenkurs in Wittlich, der auf das neu eingerichtete katholische Lehrerseminar in Wittlich vorbereitete. 1881 bestand Schiffels die Seminar-Aufnahmeprüfung; während seiner dreijährigen Ausbildung wurde er einer der leistungsstärksten Seminaristen, dem trotz einer lebensbedrohlichen Typhus-Erkrankung eine sehr gute Abschlussprüfung gelang. Seine erste richtige Lehrerstelle trat Schiffels in Obergeckler an. Besondere Bedeutung für ihn erhielt dieses kleine Westeifeldorf durch Privates: 1888 heiratete der 24-jährige Junglehrer Margarethe Wonner, die Tochter des dortigen Bürgermeisters und Gutsbesitzers Gerhard Wonner. Jeweils vier Töchter und vier Söhne gingen aus der Ehe hervor; zu den Schiffels-Nachkommen in den Folgegenerationen gehören der wieder nach Hasborn heiratende Autor Hans Schiffels und der Mathematikprofessor Gerhard Schiffels (1931–2016). Nach sieben Jahren in der Westeifel wurde Schiffels 1892 Lehrer in Ürzig, dann 1902 – nach souverän bestandenem Mittelschullehrerexamen und Rektorprüfung – Leiter der großen Volksschule in Wittlich. Während seiner fast 20-jährigen Rektoratszeit in Wittlich prägte „Papa Schiffels“, wie er wegen seiner väterlich-fürsorglichen Art bald genannt wurde, die Erziehung einer ganzen Generation von Wittlichern.
Bereits als 25-Jähriger hatte Schiffels eine produktive Tätigkeit als Verfasser didaktischer Schriften gestartet, mit denen er Lehrern Hilfsmittel zum Unterricht an die Hand gab. Später kamen Bücher zu vielen anderen Themen hinzu. Das Format dieser Werke reichte von Kleinschriften bis zu dickleibigen Buchveröffentlichungen wie etwa der von Schiffels herausgegebenen Textsammlung „Auswahl pädagogischer Klassiker. Ausführliche Inhaltsangabe pädagogischer Quellenschriften nebst vielen wörtlich angeführten Kernstellen. Ein Lehrbuch für die Geschichte der Pädagogik“ (1905) mit ihren 421 Seiten. Thematische Schwerpunkte bildeten Publikationen zur katholischen Religion und zur Geschichte, nicht zuletzt zur Eifler Heimatgeschichte. Schiffels schrieb aber auch über „Die Reichsversicherungsordnung vom
19. Juli 1911“ und verfasste die ersten Lexikoneinträge überhaupt zu den Stichworten „Lehrmittel“ und „Lernmittel“. Manche Schiffels-Schriften erschienen in bekannten Verlagen wie dem Paderborner Ferdinand Schöningh Verlag oder dem Freiburger Herder Verlag. Noch zu wenig erforscht ist sein wohl recht intensives kompositorisches Schaffen, das insbesondere Liedkompositionen umfasste.
Die weltanschauliche Ausrichtung des Eifler Pädagogen war katholisch-konservativ. In seinem „Handbuch für den Unterricht in der preußischen Geschichte“ (1892) forderte er die Lehrer auf, „Irrungen entgegenzutreten, welche für die ganze Nation von den übelsten Folgen werden können“. Dazu zählte er „die Ausbreitung sozialpolitischer und kommunistischer Ideen, deren Ziel der Sturz von Thron und Altar sei“; der Bildungshistoriker Jacobmeyer spricht in diesem Zusammenhang von einem „politisch offensiven Geschichtsunterricht“. Als Kuriosum erscheint heute das faktenreiche „Kriegsrechenbuch“, in dem Schiffels 1916 als „zeitgemäße Ergänzung zu jedem Rechenbuch“ Übungsstoffe mit ernstem Hintergrund präsentierte. Für ihn persönlich wurde der Weltkrieg zu einer traumatischen Erfahrung. Im Krieg starben nicht nur viele seiner Schüler, auch zwei seiner Söhne – beide Lehrer – fielen als Soldaten. Josef Schiffels selbst, der auch Mitglied des Wittlicher Stadtrats war, erlag im Februar 1920 der gefürchteten pandemischen „Spanischen Grippe“.

Verfasser: Gregor Brand

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