Josef Simon

(*01.08.1930 | † 28.03.2016) Philosoph aus Hupperath

74058-15-120_simon_josefAm Ostermontag, den 28. März 2016, verstarb im Alter von 85 Jahren Professor Josef Simon. Der aus Hupperath im Kreis Bernkastel-Wittlich stammende Philosoph lehrte bis zu seiner Emeritierung an der Universität Bonn. Professor Simon gehörte zu den „Kindern der Eifel“. Aus Anlass seines Todes drucken wir das ursprünglich im Jahre 2012 in der Eifel-Zeitung erschienene Portrait nochmals ab.

Der 1930 in Hupperath geborene Philosoph Josef Simon ist ein Denker von internationalem Rang, wofür Übersetzungen seiner Werke in mehrere Weltsprachen ein Indiz von vielen sind. Nur in scheinbarem Gegensatz zu dieser globalen Bedeutsamkeit steht die dörfliche Herkunft des Philosophen. Als ältester Vorfahre in der väterlichen Linie gilt der im Südeifeldorf Karl geborene Johann Peter Simon (1758-1814), wobei bemerkenswert ist, dass ein „Symon von Litiche“ bereits in der urkundlichen Ersterwähnung von Karl aus dem Jahr 1345 genannt wird. Nachdem der Ackerer Johann Peter Simon in Hupperath eingeheiratet hatte, lebten alle nachfolgenden Simon-Generationen in heutzutage seltener Bodenständigkeit in Hupperath.

Es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre die Eifel für Josef Simon nur die Herkunftsregion gewesen. Seine in Hupperath geborenen Eltern Josef Simon (1897-1974) und Katharina Ludwig (1898-1990) verschlug es aus beruflichen Gründen an Rhein und Ruhr. Der spätere Philosoph wuchs zunächst in Duisburg auf. Weltkriegsbedingt kehrte der Dreizehnjährige 1943 wieder in seinen Geburtsort zurück, besuchte dann bis zum Abitur 1949 das Cusanus-Gymnasium in Wittlich, ehe er zum Studium der Philosophie, Germanistik, Geographie und Geschichte an die Universität Köln wechselte. Bei dem Philosophen Bruno Liebrucks (1911–1985), dessen Philosophieren über den Zusammenhang von Sprache und Bewusstsein dem jungen Simon prägende Impulse gab, schloss er 1956 seine Doktorarbeit über „Das Problem der Sprache bei Hegel“ ab; die Dissertation gilt als Pionierleistung zur Sprachphilosophie Hegels. Später folgte Simon seinem Lehrer Liebrucks nach Frankfurt und arbeitete dort von 1960 bis zur Habilitation 1967 als Wissenschaftlicher Assistent am Philosophischen Seminar. Vom erwähnten fulminanten Frühwerk an über die Habilitationsschrift „Sprache und Raum“ bis hin zur Abhandlung „Sprache als Grenze und als Grenzüberschreitung“ (2010) bildet Sprache ein Leitmotiv simonschen Philosophierens. Trotzdem stellt die öfters anzutreffende Einordnung Josef Simons als „Sprachphilosoph“ eine Verkürzung dar. Plakativer, aber nicht unpassend ist Simons Charakterisierung als „Herr der Zeichen“ (M. Bretz). Nicht nur wegen seines grundlegenden Werks „Philosophie des Zeichens“ (1989) stehen Zeichen im Mittelpunkt seiner Philosophie. Simon versteht die Wirklichkeit als eine Welt von Zeichen, wobei „Zeichen“ als allgemeiner Ausdruck für all das steht, „was für die Erfahrung dieser Wirklichkeit von Belang ist“. Zeichen umfassen mehr als nur sprachliche Äußerungen: „Philosophie des Zeichens ist nicht Sprachphilosophie“, betont Simon. Seine kritische Zeichenphilosophie lehnt Letztbegründungen aller Art ab und erkennt kein Wort als abschließend und abgeschlossen an.

Nach Professuren in Frankfurt und Tübingen wechselte Simon 1982 an die Universität Bonn. Von 1985 bis 1994 war er Herausgeber der renommierten „Allgemeinen Zeitschrift für Philosophie“, von 1995 bis 2010 Mitherausgeber der „Nietzsche-Studien“, dem weltweit bedeutendsten Publikationsorgan der Nietzsche-Forschung. Simon, für dessen Denkweg Nietzsche früh wichtig war, gilt längst als einer der führenden Nietzsche-Experten. Lange leitete er zusammen mit M. Djuric die Nietzsche-Seminare in Dubrovnik, die zu einem inspirierenden Begegnungsort internationaler Nietzsche-Forschung wurden, was nicht zuletzt die von Simon in der Reihe „Nietzsche in der Diskussion“ herausgegebenen Bände dokumentieren. Mit gleich gutem Recht könnte man Josef Simon aber auch als Autorität zu Kant oder Hegel ansprechen und müsste zudem viele weitere Namen aus der Geschichte des Denkens nennen, angefangen bei den griechischen Klassikern: Nicht ohne Grund erhielt Professor Simon die Ehrendoktorwürde der Aristoteles-Universität in Thessaloniki. Ein 2010 von dem Philosophen T. S. Hoffmann, einem seiner Schüler, herausgegebener Sammelband enthält 18 – von insgesamt über 300! – Abhandlungen Simons und füllt allein schon fast 400 Seiten. Das lässt ahnen, welch gigantischen Denkschatz dieser Philosoph in seinem Lebenswerk angesammelt hat.

Mit der 1995 erfolgten Emeritierung ließ Simons Schöpferkraft keineswegs nach. Neben thematisch weitgespannten Abhandlungen belegt dies sein Buch „Kant. Die fremde Vernunft und die Sprache der Philosophie“ (2003). Auch mit diesem fast 600 Seiten umfassenden Opus erhebt Josef Simon nicht den Anspruch, das definitive Wort gesagt zu haben. Keinem ist bewusster als diesem metaphysikkritischen Denker, dass es bei jedem Wort immer wieder neu darauf ankommt, „was man näher darunter versteht und wie es weitergeht“. Ω

Verfasser: Gregor Brand

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