Joseph Vogt – Bischof von Aachen aus Schmidt

271_vogt_02_16Joseph Vogt war der erste Bischof des 1930 gegründeten Bistums Aachen. Manche wird es verwundern, dass eine so katholisch geprägte Region mit der traditionsreichen Karlsstadt Aachen als Mittelpunkt nicht schon lange vorher auch über ein eigenes Bistum verfügte. Aber abgesehen von einer kurzen, auf Napoleon zurückgehenden Zwischenphase gehörte das Aachener Land zuvor ganz überwiegend zum Erzbistum Köln.

Joseph Vogt wurde am 8. September 1865 – also am Fest Mariä Geburt – im damals zum Kreis Monschau gehörenden Dorf Schmidt (heute Stadtteil von Nideggen) als Sohn der Eheleute Philipp Vogt und Anna Rosina Förster geboren; Vater Vogt war Kommunalbeamter und wurde 1870 Bürgermeister von Monschau. Josephs höhere Schulbildung führte über die Progymnasien in Monschau und Malmedy zum Kaiser-Karls-Gymnasium in Aachen; dort machte er 1884 Abitur. Nach dem Theologiestudium in Bonn und Eichstätt wurde er mit 22 Jahren zum Priester geweiht und war danach kurz als Kaplan in Elberfeld tätig. 1889 begab er sich zum Weiterstudium nach Rom, wo er Doktortitel sowohl in der Theologie als auch – für die weitere Karriere sehr wichtig! – im kanonischen Recht erwarb. Zurück in der rheinischen Heimat blieben die geistigen und charakterlichen Qualitäten des Nordeiflers der Kölner Bistumsführung nicht lange verborgen. Dr. theol. et jur. can. Joseph Vogt, vom Temperament her eine warmherzige rheinische Frohnatur, wurde Domvikar und erhielt als Geheimsekretär des Kölner Kardinals Philipp Krementz (1819-1899) gründlichen Einblick in die mit der Leitung eines Großbistums verbundenen Fragen. Die hohen akademischen Fähigkeiten von Vogt nutzte das Bistum mit seiner Ernennung zum Professor am Priesterseminar in Köln; zu den Seminaristen, die der Kirchenrechtler Vogt nachhaltig beeindruckte, gehörte der spätere eminente Cusanus-Forscher Josef Koch. Bis zu seiner Wahl zum Bischof durchlief Joseph Vogt in ganz ungewöhnlicher Weise nahezu sämtlichen priesterlichen Ämter des Erzbistums Köln, darunter die des Dompropsts und Generalvikars.

Anfang 1931 erfolgte die Wahl des populären 65-Jährigen zum Bischof von Aachen. Zu den ersten Anliegen von Bischof Vogt, dessen Motto das Paulus-Zitat „Caritas urget“ (Die Liebe drängt) war, gehörte die Einrichtung eines eigenen Priesterseminars in Aachen. Eine Hauptmotivation bestand wohl darin, den Priestern der neuen Diözese ein eigenes Aachener „Diözesanbewußtsein“ (so der Kirchenhistoriker Erwin Gatz) zu vermitteln und die Einstellungen des heimischen Klerus zu harmonisieren. Mit einer neuen und schwierigen Situation hatte Bischof Vogt es nach Hitlers Machtübernahme 1933 zu tun. Einerseits hoffte er auf eine Behebung der wirtschaftlichen Notlage und sah zudem in der scharf antikommunistischen Haltung der neuen Reichsregierung ein Gegengewicht zum aggressiven Atheismus, wie er von Marxisten nicht nur in der Sowjetunion vertreten wurde. Nach dem Abschluss des Reichskonkordats mit dem Vatikan glaubte Vogt wohl an ein gedeihliches Auskommen mit den neuen Machthabern und nahm im Juli 1933 einen Vorbeimarsch von SA-Verbänden vor dem Rathaus an der Seite Görings ab, als diesem die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde. Andererseits waren dem Bischof ebenso wie vielen seiner Bistumsangehörigen die antichristlichen Elemente der NS-Rassenlehre bewusst. Es war kein Zufall, dass die NSDAP bei den Reichstagswahlen 1933 im Wahlkreis Köln-Aachen weit unterdurchschnittlich abschnitt. Ähnlich wie sein Eifler Landsmann Nikolaus Bares, von 1933 bis 1935 Bischof von Berlin, so kritisierte auch Vogt öffentlich die Schriften des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg. Als es in den letzten Vorkriegsjahren verstärkt zu Verfahren gegen Geistliche wegen sexuellem Missbrauch kam, empfand der Bischof deren Darstellung in den staatlich gelenkten Medien als gezielt antikatholische Propaganda. Gleichwohl gehörte Vogt „zu den katholischen Bischöfen, welche die nachgewiesenen Missbrauchsfälle massiv verurteilten“ (H. J. Scheidgen).

Angesichts der zunehmenden Konflikte mit dem Regime fand der Bischof Trost darin, dass die katholische Frömmigkeit in seinem Bistum ungebrochen schien. Dies zeigte sich in zahlreichen Priesterweihen, aber beispielsweise auch bei der Heiligtumswallfahrt 1937. Die seit dem Mittelalter begangene Verehrung von vier großen Heiligtümern – dem Gewand Mariens, den Windeln und dem Lendentuch Christi sowie dem Enthauptungstuch Johannes des Täufers – führte nicht zuletzt dank kluger Werbung der Aachener Kirchenzeitung über eine Million Pilger nach Aachen. Es war das letzte Großereignis, das Bischof Vogt erlebte. Schon seit langem hatte der Kirchenführer mit gravierenden psychosomatischen Beschwerden zu kämpfen, im Herbst 1937 spürte er, dass sich sein irdisches Leben dem Ende zuneigte. Seine letzten Tage verbrachte er in seiner Monschauer Heimat: „Im Krankenhaus zu Monschau hatte er als Knabe die hl. Messe gedient und seine erste stille Messe gefeiert, dort las er auch seine letzte heilige Messe“ heißt es auf seinem Totenzettel. Bischof Vogt, bis zuletzt ein eifriger Beter des Rosenkranzes, starb in Monschau am 5. Oktober 1937 zur Mittagsstunde während des Angelus-Läutens.

Verfasser: Gregor Brand

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