Kinder der Eifel: Emmerich David


Generalvikar aus Gillenfeld

282_emmerich_13_16Schon vor dem ersten Weltkrieg waren in dem mit Deutschland verbündeten Osmanischen Reich viele christliche Armenier grausamer Verfolgung zum Opfer gefallen. Die antiarmenische Politik erreichte ihren grausigsten Höhepunkt im Weltkrieg, als auf Anordnung der ultranationalistischen jungtürkischen Machthaber weit mehr als eine Million Armenier ermordet wurden. Dokumente über das Geschehen können einem das Blut in den Adern gefrieren lassen: „Die Armenier werden unbeschreiblichen Qualen unterzogen; Kinder in Säcke gesteckt und ins Meer geworfen. Die alten Männer und Frauen wurden gekreuzigt und verstümmelt, alle jungen Mädchen und jungen Frauen wurden den Türken ausgeliefert“, heißt es in einem Telegramm des deutschen Auswärtigen Amtes vom März 1918. Zu den Zeitzeugen des Völkermords gehörte auch ein Priester aus Gillenfeld: Emmerich David, der später als Generalvikar zweier Kölner Erzbischöfe die Geschicke der deutschen Katholiken im 20. Jahrhundert an wichtiger Stelle mitgestaltete. David war zum Jahreswechsel 1915/16 als Pfarrer für die deutschen Mitarbeiter beim Bau der Bagdadbahn ins türkische Angora – die heutige Hauptstadt Ankara – gekommen; Davids dortigen Einsatz für die katholischen Christen hat unlängst Bodo Bost im „Paulinus“ dargestellt. Daraus geht hervor, dass David zu denjenigen gehörte, die einflussreiche Persönlichkeiten wie den Zentrumspolitiker Matthias Erzberger über den türkischen Staatsterror informierten und dagegen protestierten – leider erfolglos. Die deutsche Regierung, obwohl genau über die Massenmorde informiert, hielt schon deswegen still, um das Verhältnis zum osmanischen Bundesgenossen nicht zu gefährden. Auch von einem Protest Papst Benedikts XV. ließen sich weder der Sultan noch die türkische Regierung beeindrucken. So musste auch Pfarrer David dem Leiden der Armenier hilflos zusehen, ehe er 1919 aus der Türkei ausgewiesen wurde. Von den etwa zehntausend katholischen Armeniern in Angora überlebten nur 2000 überwiegend zwangsislamisierte Frauen und Mädchen den genozidalen Horror.

Bevor Emmerich David ins Osmanische Reich kam, war sein Leben überwiegend in den friedlichen Gleisen eines aufstrebenden Eifler Theologen verlaufen. David wurde 1882 als Sohn des Gillenfelder Bürgermeisters Anton David und dessen aus Schweich stammender Ehefrau Theresa Schmitz geboren und nach seinem Großvater mütterlicherseits, dem einstigen Schweicher Bürgermeister Emmerich Schmitz, benannt. Nach der Priesterweihe 1905 in Köln und einer Tätigkeit am Gymnasialkonvikt Neuss begab sich David 1908 nach Italien, um an der Santa Maria dell’Anima, der Nationalkirche der deutschsprachigen Katholiken in Rom, als Kaplan zu wirken und daneben seine theologischen Studien fortzusetzen. Nach seiner Promotion bereiste Dr. David von 1912 bis 1914 in Zusammenarbeit mit dem Görres-Institut den Orient und wurde nach Weltkriegsbeginn Feldgeistlicher deutscher Truppen auf dem Balkan, ehe er Anfang 1916 die erwähnte Stelle im osmanischen Angora antrat. Nach der Ausweisung aus der Türkei wurde der Theologe aus Gillenfeld als Rektor mit der Leitung des Priesterkollegs beim Campo Santo Teutonico in Rom betraut. In dieser Position konnte David sich einerseits gelehrten Fragestellungen widmen, andererseits auch enge persönliche Kontakte knüpfen und Weichenstellungen im Lebensweg mancher deutschen Theologen beeinflussen. Zu diesen gehörte etwa der Kölner Joseph Teusch, der im März 1952 sein Nachfolger als Generalvikar wurde. Emmerich David selbst war 1931 vom Kölner Erzbischof Karl Joseph Schulte zum Generalvikar ernannt worden. Als Generalvikar war Dr. David nicht nur Stellvertreter des Bischofs, sondern leitete auch die Verwaltung des größten deutschen Bistums. David ließ kaum Zweifel an seiner Ablehnung des aufkommenden Nationalsozialismus und unterstützte seinen Mitarbeiter Joseph Teusch bei dessen publizistischem Abwehrkampf gegen die insbesondere von Alfred Rosenberg propagierte NS-Ideologie. Nach der Machtübernahme Hitlers kämpfte David dafür, dass der NS-Staat zumindest seine Verpflichtungen aus dem 1933 geschlossenen Reichskonkordat mit der Kirche einhielt. Trotz der zunehmend kirchenfeindlichen Politik des NS-Regimes lehnte Erzbischof Schulte in einem wohl von David verfassten Strategiepapier 1937 eine Kündigung des Konkordats ab. Als Schulte im März 1941 nach einem Bombenangriff auf Köln überraschend starb, wurde David von Schultes Nachfolger Erzbischof Josef Frings (1887–1978) als Generalvikar übernommen. An der Seite von Frings führte David das Kölner Bistum durch schwierigste Kriegs- und Nachkriegsjahre. Ein Lichtblick in jener Zeit war die Ernennung dreier deutscher Erzbischöfe – darunter Frings und Clemens August Graf von Galen – zu Kardinälen, auch wenn sich die Fahrt zur Kardinalsweihe in Rom im Februar 1946 für die neuen Kardinäle und den auch körperlich gewichtigen Gillenfelder sehr beschwerlich gestaltete. Aus Gesundheitsgründen legte Emmerich David im März 1952 sein Amt nieder, ein Jahr später verstarb er siebzigjährig in der Domstadt.

Verfasser: Gregor Brand

Herausgeber der Serie: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Simon, Chairman, Simon, Kucher & Partners Willy-Brandt-Allee 13, 53113 Bonn, Tel.: 0228/9843-115, Fax: 0228/9843-380

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