Kinder der Eifel – Erfolgreich in der Welt

Josef Willwers aus Wittlich, Fluglehrer, Prüfpilot, Ambulanzflieger

Josef Willwers Leidenschaft ist seit 57 Jahren das Fliegen. Noch immer ist er als einer deutschen Senior Aviation Examiner für Prüfungen im Auftrag der Luftaufsichtsbehörden aktiv und geht dafür mindestens einmal pro Woche in die Luft.Der  gebürtige Wittlicher hat bei rund 27.000 Starts und Landungen mehr als 11.500 Stunden am Steuerknüppel als “verantwortlicher Luftfahrzeugführer” gesessen und – alle Strecken aneinander gereiht – 77 Mal die Erde umrundet. “Den Wunsch, Pilot zu werden, hatte ich schon als Kind”, gesteht der 1943 in Wittlich Geborene in einem Gespräch. “Aber dass er schließlich auch ohne den Aufwand der sonst hohen Ausbildungsgebühren in Erfüllung ging, dafür musste ich hart arbeiten – im Schweiße meines Angesichts möchte ich fast sagen.“ Denn 1960 bot sich für den jungen Eifeler bei den Traben-Trarbacher Segelfliegern die Möglichkeit, eine Segelflugausbildung zu beginnen. Das hieß für den damals 17-Jährigen, einmal in der Woche mit dem Fahrrad von Wittlich zum Mont Royal hinauf zu fahren. Dort, hoch über der Mosel, beim Deutsch-Amerikanischen Segelfliegerclub, galt die Devise: „Fluglehrstunden gegen Arbeit auf dem Flugplatz und in der Halle“.
Am 17. Juni 1961 stand schließlich der erste Alleinflug auf dem Plan. Willwers erinnert sich noch genau: „Neben der Startstelle stand ein Kofferradio, aus dem der neueste Hit erklang: ‚Wheels‘ von den String-A-Longs‘“ Und auch von seinen Gefühlen in jenem Augenblick kann er erzählen: „Plötzlich fühlte sich alles so leicht an: Kein gewichtiger Lehrer im Sitz hinter mir, selbst eine Funkanbindung gab es damals im Segelflug noch nicht. Es war ein tolles Gefühl, zum ersten Mal ganz allein in der Luft zu sein.“
Seinen Wunsch, aus dem Fliegen einen Beruf zu machen, musste der Schüler Willwers erst einmal zurückstellen. Das Wittlicher Cusanus-Gymnasium besuchte er bis zur Mittleren Reife. An den weiteren Verbleib auf dieser Schule war ohnehin nicht zu denken, nachdem es zwischen Willwers und dem Schulleiter zum Eklat gekommen war. Dieser hatte den Schüler scharf zurechtgewiesen: „Du meinst wohl, weil Du fliegen lernst, wärst Du was Besseres“, woraufhin der freche Willwers prompt zurückgab: „Was ich in meiner Freizeit mache, geht Sie einen feuchten Dreck an.“ Schon tags darauf bekamen Willwers‘ Eltern vom Schuldirektor den schriftlichen Rat, „Ihren Sohn von der Anstalt zu entfernen“, wie Willwers heute schmunzelnd aus dem Brief mit dem Consilium abeundi zitiert – eine Empfehlung, die der Liebe des Schülers zur Fliegerei durchaus entgegenkam. So absolvierte er dann erst einmal eine Lehre als Radio- und Fernsehtechniker.
Seinen Wehrdienst leistete Willwers anschließend beim Jabogeschwader 33 in Büchel ab, wo er aufgrund seiner Berufsausbildung bei der Instandhaltung der Flugzeugelektronik des F104G Starfighters eingesetzt wurde. In den darauf folgenden Berufsjahren legte er die Meisterprüfung ab. Es war die Zeit, als die Fernsehgeräte ihren Einzug in die deutschen Wohnzimmer hielten – und für den Fernsehtechniker Willwers gab es jede Menge Arbeit, bei der er in der Region weit herum kam. Gern sei er gelegentlich nach Greimerath gefahren, erzählt er, nicht nur, um dort beim Lehrer Heinz Haller dessen Fernseher zu reparieren, sondern auch, um in Hasborn die in der Umgebung bekannte „Trini-Bar“ zu besuchen.
Doch die Fliegerei ist ihm auch in jenen Jahren nicht aus dem Blick geraten. Jede freie Minute hat er neben seiner Berufsarbeit damit verbracht, sie zu seiner eigentlichen Berufung zu machen und Flugpraxis und fliegerische Erfahrung zu sammeln. Deshalb hieß es für ihn weiterhin, lernen, trainieren und die nächst höheren Lizenzen erwerben. In einer Fliegerzeitschrift las er 1980 eine Stellenanzeige des Luftfahrtdezernats im Regierungspräsidium in Düsseldorf. „Flugerfahrung sollte ich dafür mitbringen – und die hatte ich mittlerweile.“ Nach der Anstellung bei der Behörde fand Willwers schnell heraus, dass eine Karriere an diesem Platz nur in Aussicht stand, wenn man die Berufspilotenlizenz mit Instrumentenflugberechtigung (Blindflug) besaß. Also hieß es wieder lernen, lernen, lernen. Nach zwei Jahren war es geschafft. Mit dem Segen der Behörde arbeitete er dann auch nebenberuflich beim Kölner Ambulanzflug-Unternehmen Quick-Air-Service. Das führte ihn kreuz und quer durch ganz Europa, vom Nordkap bis Tunesien, und von Portugal bis zum Schwarzen Meer, häufig als kurzfristig angesetzte nächtliche Bereitschaftseinsätze für Krankenrückholtransporte. „Es gab auch Fälle, in denen es um Leben oder Tod ging. So hatten wir einmal einen Einsatz, der unvergesslich bleibt. Ein Kind war in einem Hotelpool auf Mallorca ertrunken. Wir mussten es im Wachkoma nach Deutschland zurückholen. Trotz intensiver ärztlicher Behandlung starb das Kind noch während des Flugs.“
Gab es besondere Begegnungen? An die meist ganz kurzfristig angesetzten Flüge mit Politikern erinnert sich Willwers noch sehr gut: „Da gäbe es die eine oder andere Anekdote zu erzählen. Aber das fällt wohl unter die Verschwiegenheitspflicht des Berufspiloten“, sagte er schmunzelnd. Gerne erzählt er aber von jener Begegnung, zu der es während seiner Tätigkeit als Instrumentenfluglehrer kam: „Ich hatte den Auftrag, zwei angehende Astronauten im Instrumentenflug auszubilden. So lernte ich den ersten deutschen Astronauten, Ulf Merbold, kennen.“ Dieser legte bei Willwers die praktische Prüfung zum Berufspiloten ab. Und bis heute ist Raumfahrer Merbold mit dem Fluglehrer Willwers freundschaftlich verbunden.
Josef Willwers wohnt heute auf dem Reiler Heißen Stein – ganz in der Nähe des Ausgangspunkts seiner Fliegerlaufbahn, dem Flugplatz auf dem Mont Royal. Seine Verbundenheit, ja Liebe zur Eifeler Heimat ist ungebrochen; sie äußert sich manchmal, wenn etwa in heftigem Disput ein arroganter Moselaner glaubt, über die ländliche Nachbarregion überheblich daherreden zu sollen. „Lest doch mal in der Eifel-Zeitung die Serie „Kinder der Eifel“, argumentiert der Wittlicher, „dann seht ihr, wen und was Ihr der Eifel verdankt.“

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