Maria Eulenbruch

Keramikerin und Bildhauerin aus Kelberg

253_eulenbruch_37_15Die 1899 in Kelberg geborene Maria Eulenbruch gehörte nicht nur nach Einschätzung des Kunsthistorikers Dr. Holger Brülls „zu den großen Talenten der Bildhauerei in der Zeit der Weimarer Republik“. Längere Zeit fast in Vergessenheit geraten, wird ihre religiös geprägte Kunst neuerdings wieder deutlich stärker beachtet. Ihr Leben war nicht nur durch ihren Geburtsort mit der Eifel verbunden, sondern auch durch ihren langjährigen ostbelgischen Wirkungsort Raeren. In diese Gemeinde im Eifler Grenzgebiet, die seit Jahrhunderten für ihre Töpfertradition und ihre Keramikmeister bekannt ist, zog sie nach dem zweiten Weltkrieg; dort verstarb sie 1972.

In Kelberg verbrachte Maria nur ihre ersten Lebensjahre. 1902 wurde ihr Vater, der Katasterkontrolleur Josef Eulenbruch (1860-1928), nach Siegburg versetzt, 1914 ging er als Regierungslandmesser nach Köln. Die Ausbildungsorte seiner Tochter entsprachen diesen Wohnsitzveränderungen. Auf die Höhere Mädchenschule Siegburg folgte die Kaiserin-Augusta-Schule in Köln, ebenfalls eine reine Mädchenschule. 1917 begab sich die Kelbergerin zur Ausbildung an die Provinzial-Gewerbeschule in Köln, die seit 1879 über eine Abteilung für Kunstgewerbe verfügte und 1926 in „Kölner Werkschulen“ umbenannt wurde. Das Kunstschaffen Eulenbruchs, die 1924 ihre Ausbildung in Köln abschloss, konzentrierte sich im keramischen Bereich auf unglasiertes Irdengut, umfasste aber auch andere Materialien und Kunstformen. Der Umfang ihres Gesamtwerks ist noch nicht genau erfasst. Fest steht, dass sie für Kirchen, Klöster, Museen und Private eine Fülle von Kunstwerken schuf; manche davon gingen allerdings verloren. 1927 bot ihr der berühmte Architekt Rudolf Schwarz an, Lehrerin für Keramik an der von ihm geführten Aachener Kunstgewerbeschule zu werden. Eulenbruch zog daraufhin nach Aachen und unterrichtete an der angesehenen Werkkunstschule, bis diese 1934 geschlossen wurde. Während ihrer Aachener Zeit lernte sie Robert Hasemeier kennen, der ebenfalls Künstler und Kunstlehrer war. 1932, auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, heiratete das Künstlerpaar. Zwei Jahre später wurde der gemeinsame Sohn Thomas Hasemeier geboren; er war später als Bildhauer und Keramiker in Raeren tätig, wo er 2010 nach langer Krankheit verstarb. Geburtsort ihres Kindes Thomas war die flandrische Kleinstadt Kontich, wohin das Ehepaar 1934 gezogen war. Auch wenn die biographischen Details noch genauerer Erforschung bedürfen, kann man vermuten, dass bei diesem Schritt auch die Enttäuschung über die politisch-ideologische Entwicklung in NS-Deutschland eine maßgebliche Rolle spielte. Die vom Expressionismus geprägte Sakralkunst Eulenbruchs war mit der NS-Kunstideologie nicht zu vereinbaren. Von Belgien aus gelang es Maria Eulenbruch, ihr künstlerisches Wirkungsfeld international zu erweitern, wie ihre Teilnahme an Ausstellungen in New York und Paris vor dem Weltkrieg dokumentierten. Zu ihren bekanntesten Werken gehört eine Kreuzigungsgruppe in der Esslinger Südkirche; der Auftrag ging auf ihre Bekanntschaft mit dem Architekten Martin Elsaesser zurück, der die 1926 eingeweihte Kirche entworfen hatte und in Köln Direktor der Kunstgewerbeschule gewesen war. Ein anderes eindrucksvolles Werk ist die 1930 entstandene Tonbrandplastik der Hl. Anna Selbdritt.

Für das Ansehen, das Maria Eulenbruch als Schöpferin moderner Sakralkunst genoss, spricht neben der Wertschätzung des herausragenden Kirchenbauers Elsaesser die nicht geringer ausgeprägte Hochachtung, die der führende Kirchenbauarchitekt Dominikus Böhm ihr entgegenbrachte. Als unter dessen künstlerischer Leitung 1928 in Köln die international beachtete Ausstellung „Pressa“ eröffnet wurde, durfte sich auch die katholische Kirche mit einer Sonderschau darstellen. In deren Mittelpunkt stellte sie eine von Eulenbruch gestaltete Skulptur der unbefleckten Jungfrau Maria. Diese „Immaculata“ stand auf einer schlanken, übermannshohen Säule, „so dass die Betrachter die Statue nur ehrerbietig von unten anschauen konnten. Betont wurde die Präsentation durch eine umfassende Glasrotunde.“ (U. Pantle). Die expressive Formensprache der Künstlerin mit ihrer „ganz eigenen Verbindung von Sachlichkeit und Spiritualität“ (H. Brülls) war nicht unumstritten. Gerade in katholischen Kreisen gab es viele, die sich mit der Verbindung von Expressionismus und Religiosität nicht anfreunden konnten. Schon 1920 hatte der einflussreiche Kunsthistoriker Josef Kreitmaier SJ (1874-1946) verkündet: „Diese Religiosität ist nun freilich nicht die unsrige“. Zu den begeisterten Bewunderern der eulenbruchschen Kunst gehörten der Religionsphilosoph Romano Guardini (1885-1968) ebenso wie der vielgelesene Schriftsteller Jakob Kneip (1881-1958), der 1932 den Text zu einem Heft über „Maria Eulenbruch und ihre Schülerinnen“ verfasste. Im Vergleich zu der Anerkennung, die Maria Eulenbruch vor dem Krieg fand, wurde es nach 1945 um sie stiller. Bis heute Beachtung finden die von ihr um 1950 gestalteten Tabernakel und Figuren in der Kirche des Franziskanerklosters Garnstock. Weitere interessante Wiederentdeckungen sind noch zu erwarten.

Verfasser: Gregor Brand

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