Matthias Joseph Mehs – Gastwirt, Autor und Politiker aus Wittlich

Hochgebildeter Gastwirt, Vater der Säubrenner-Kirmes, herausragender Kenner Wittlicher Geschichte: Das waren nur einige Facetten des außergewöhnlichen Mannes, der 1966 erster Ehrenbürger von Wittlich seit dem Untergang des Kaiserreichs wurde.

Matthias Joseph Mehs wurde 1893 im damals preußischen Wittlich als Sohn des Gastwirts Jakob Mehs und dessen aus Heidweiler stammenden Ehefrau Katharina Linden geboren. Wohl in der Hoffnung, dass der hoch intelligente Sohn später Priester werden möge, schickten ihn die Eltern ins Bischöfliche Konvikt nach Trier und aufs dortige Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. 1913 machte Mehs zwar an dieser Eliteschule Abitur, entschied sich aber gegen ein Theologiestudium und studierte in Bonn Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte. Bereits ein Jahr später brach auch in seine Biographie brutal der Weltkrieg ein. Wie so viele junge Angehörige der Bildungselite, meldete sich Mehs als Kriegsfreiwilliger. Als Artillerist erlebte er zunächst an der Ostfront, dann in Frankreich den Krieg an vorderster Front und setzte danach als Reserveleutnant das Bonner Studium fort.

Bald erwiesen sich erneut äußere Umstände als entscheidendes Hemmnis: Die Not der Nachkriegszeit setzte der Familie wirtschaftlich schwer zu und machte die Weiterfinanzierung des Studiums unmöglich. 1922 brach Mehs endgültig das Studium ab und übernahm den Familiengasthof. Diese Entscheidung kam durchaus der geselligen Persönlichkeit des „akademischen Wirts“ entgegen. Mehs schätzte den ungezwungenen Umgang mit Menschen, und die Verankerung in seiner Geburtsstadt war ihm Lebenselixier und Lebensthema. Die 1993 von seinem Schwiegersohn Günter Wein unter dem Titel „Wittlicher Lesebuch“ herausgegebenen gesammelten Schriften von Mehs zeigen in Dutzenden von sowohl gelehrten als auch unterhaltsamen Artikeln seine im 20. Jahrhundert wohl von niemandem übertroffene Kenntnis der Wittlicher Geschichte; zudem blitzt in den Essays immer wieder seine souveräne sprachliche Gestaltungskraft auf. Die Beiträge wurden überwiegend in lokalen und regionalen Publikationsorganen wie dem Wittlicher Tageblatt, dem Trierischen Volksfreund, der Trierischen Landeszeitung und nicht zuletzt in „Der Säubrenner“ veröffentlicht. Säubrenner – das ist natürlich ein unerlässliches Stichwort, wenn es um den Urwittlicher Mehs geht. Kein anderer hat durch Wort, Schrift und organisatorische Tat so entscheidenden Anteil an der Etablierung der legendären Säubrennerkirmes wie Säubrennervater Mehs.

Wenige Jahre, nachdem Mehs Ende der zwanziger Jahre als Mitglied der Zentrumspartei in die Kommunalpolitik eingestiegen und Stadtverordneter geworden war, wurde auch in der Lieserstadt der Nationalsozialismus zur bestimmenden Kraft. Der politische Katholik Mehs beobachtete diese Entwicklung mit Unverständnis, Verachtung und tiefer Sorge, konnte aber kaum etwas dagegen ausrichten. Listig gelang ihm zwar noch, was in Tausenden anderen deutschen Gemeinden niemand schaffte, nämlich die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Hitler zu verhindern, aber ansonsten kam sein politisches Wirken zwangsläufig bis 1945 zum Erliegen.

Welche Gefahr das ihm verhasste NS-Regime für Leib und Leben der Wittlicher Juden bedeutete, war ihm früh bewusst; mit tiefer Erschütterung erlebte er die Ereignisse des Novemberpogroms 1938 und die Zerstörung der Synagoge. Wie deutlich ihm die jahrhundertelange Verwurzelung Wittlicher Juden in der Stadt war, zeigte unter anderem ein Beitrag aus dem Jahr 1968, in dem Mehs die Annahme von Familiennamen durch die Wittlicher Judenschaft im Oktober 1808 detailliert dokumentierte. 2011 veröffentlichte der Trierer Verlag Kliomedia die zwischen 1929 und 1946 geschriebenen Tagebücher von M. J. Mehs in zwei Bänden. Bei diesem von Günter Wein sowie der Mehs-Enkelin Dr. Franziska Wein herausgegebenen Werk von insgesamt rund 1300 Druckseiten steht die politische Entwicklung in Wittlich und Deutschland im Vordergrund. Die hinzukommenden ganz privaten Äußerungen stellen keineswegs eine unerwünschte Ablenkung dar, sondern zeigen seine Menschlichkeit und scharfe Beobachtungsgabe. Liebenswürdig und von feinem mehstypischen Humor geprägt sind die kleinen Anekdoten über seine Kinder; aus seiner 1927 mit der Ürzigerin Helene Arens geschlossenen Ehe waren vier Töchter hervorgegangen.

Nach 1945 beteiligte sich Mehs aktiv am demokratischen Neuaufbau. Als Stadtverordneter, ehrenamtlicher Bürgermeister und Kreistagsmitglied war er führender Kommunalpolitiker seiner Heimatstadt. 1949 wurde er mit rund 80 Prozent der Stimmen für die CDU in den ersten Bundestag gewählt. Mehs scheute sich nicht, mehrfach dem übermächtigen Adenauer politisch zu widersprechen – das kostete ihn 1953 die erneute CDU-Nominierung für eine ansonsten sichere Wiederwahl. 1954 übernahm das Ehepaar Mehs wieder die zwischenzeitlich verpachtete Gastwirtschaft, die fortan erneut zum Zentrum dieser so populären Wittlicher Persönlichkeit wurde. In seiner geliebten Vaterstadt verstarb Ehrenbürger Mehs im April 1976.

Verfasser: Gregor Brand

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