Peter Aloys Licht

Deutschkatholischer Priester aus Kesten

Deutschkatholiken – das ist die Bezeichnung für eine in den 1840er Jahren aus der römisch-katholischen Kirche hervorgegangene kirchenkritische Bewegung, die schnell viele Anhänger gewann, sich aber nicht lange erfolgreich halten konnte. Historisch wirksam bleibt sie als Vorläuferin moderner freireligiösen Gruppen. Zu ihren Vordenkern gehörte der 1781 in Kesten geborene Pfarrer Aloys Licht. Für seine damalige Bekanntheit spricht, dass von ihm sogar eine Abbildung existierte: Der Offenbacher Maler P. C. Appell verkaufte ein lithographiertes Porträt Lichts; Appell hatte sich darauf spezialisiert, Bildnisse prominenter Deutschkatholiken (insbesondere des schlesischen Priesters Johannes Ronge) anzufertigen. Dass Licht in seiner Moselheimat nicht vergessen ist, zeigen zwei Beiträge in den Kreisjahrbüchern Bernkastel-Wittlich (2010 und 2011), in denen Hermann Grumbach, Lichts Landsmann aus Lieser, dessen Lebensgang darstellt und dabei den geistig-politischen Hintergrund kenntnisreich ausleuchtet.
Peter Aloys (oft auch nur Aloys oder Alois) Licht war das vierte Kind des Kesteners Peter Licht und dessen Monzeler Ehefrau Catharina Gertrud Heinz. Im ersten Jahrfünft des 19. Jahrhunderts bereitete sich Licht in Trier bei dem von der Brandenmühle stammenden Theologieprofessor Anton Oehmbs (1735-1809) auf das Priesteramt vor. Mit dem eigenwilligen Oehmbs teilte der begabte Student zwar nicht jede theologische Überzeugung, wohl aber die ausgeprägte Bereitschaft, eine von der herrschenden Lehre abweichende Meinung zu entwickeln und unbeirrt zu vertreten. Nach der Priesterweihe 1806 wurde Licht Kaplan in Trier-Liebfrauen und St. Laurentius, dann 1809 Pfarrer im geschichtsträchtigen Otzenhausen unweit von Hermeskeil. Drei Jahre später erfolgte die Versetzung auf die Pfarrstelle Schöndorf an der Ruwer, ehe er 1825 Pfarrer in Leiwen wurde. Dort sympathisierte der bemerkenswert belesene Priester mit oppositionell-reformerisch eingestellten Teilen des Klerus. Bischof Josef von Hommer (1760–1836), der Pfarrer Licht hoch schätzte, befürchtete von dieser innerkirchlichen „Neuerungssucht für kirchliche Reformen“ Probleme für Kirche und Staat durch steigende Unruhe im Volk. Seine Sorge war nicht aus der Luft gegriffen. Die wirtschaftliche Situation der Moselbevölkerung war kritisch bis katastrophal; der damals gängige Ausdruck „Moselnot“ ging nicht zuletzt durch den jungen Karl Marx, der über diese Verhältnisse berichtete, in die Geschichte ein. Licht versuchte, die Lage seiner Pfarrkinder durch praktische Initiativen zu verbessern: „Er pflanzte Maulbeerbäume im Leiwener Pfarrgarten und in Neumagen bis hinüber nach Filzen und züchtete im Pfarrhaus Seidenraupen“ (H. Grumbach). Nicht weniger wichtig waren dem fortschrittsgläubigen Priester Veränderungen im katholischen Weltbild. Von traditioneller Volksgläubigkeit hielt er nichts. Reliquienkult, Heiligenverehrung, Latein in der Liturgie – alles sollte weg, was vor dem Lichtstrahl aufklärerischer Rationalität nicht bestehen konnte. Lichts Verdammungsurteil richtete sich vor allem auch gegen das populäre Wallfahrtswesen – und genau in diesem Punkt spitzte sich seine umfassende Ablehnung romkonformer Positionen dramatisch zu. In den Brennpunkt des Geschehens rückte 1844 die Ausstellung des Heiligen Rocks in Trier, die in Mitteleuropa die Gemüter heftig entflammte. Die Pilgerreisen nach Trier, maßgeblich vorbereitet von dem Landscheider Theologen Jakob Marx (1803–1876) und dem aus Badem gebürtigen Trierer Bischof Wilhelm Arnoldi, wurden zu einem sensationellen Massenereignis. Dies hinderte Licht nicht daran, im September 1844 solche Wallfahrten mit ihrem „Ablasskram“ als Ausdruck „krassesten Aberglaubens“ polemisch zu brandmarken. Wenige Monate später wurde Licht in Leiwen mit sofortiger Wirkung suspendiert und zum Widerruf aufgefordert. Er widersetzte sich und wurde daraufhin im April 1845 degradiert und exkommuniziert. Bei seinem antirömischen Kampf, den Licht argumentativ mit bildungsgesättigten Publikationen führte, handelte er keineswegs als Einzelgänger. Gleichgesinnte Katholiken schlossen sich zu „deutschkatholischen“ Gemeinden zusammen. 1845 wurde Licht als nunmehr deutschkatholischer Pfarrer in die Industriestadt Elberfeld gerufen. Aber so fortschrittlich-freigeistig er einerseits intellektuell war, so bäuerlich-altmodisch wirkte die Art des Moselpfarrers andererseits – eine Kombination, mit der er in Elberfeld aneckte. Bereits 1846 gab er sein Amt wieder auf, zumal es ihm auch gesundheitlich zusehends schlechter ging. 1845 publizierte Licht eine Grundsatzschrift, in der er betonte, dass er sich zwar weiterhin als Katholik fühle, aber nicht im römisch-katholischen Sinn. Als „katholisch“ galt ihm vielmehr überkonfessionell alles, was „von den meisten Christen aller Confessionen als wahr angenommen wird“. Im Frühjahr 1847 zog Licht zurück in seinen Geburtsort, obwohl ihm Familienmitglieder Vorwürfe wegen seiner Abwendung von der Kirche machten – worauf er seinerseits mit bissigen Angriffen gegen seine wortführende Schwester öffentlich geantwortet hatte. Aloys Licht starb am 29. April 1847 in seinem Heimatdorf.
Verfasser: Gregor Brand

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