Philipp I Freiherr von Winneburg-Beilstein

Jurist und Diplomat aus Eifler Adel

Der Name der bei Cochem gelegenen Winneburg findet sich bei Familien unterschiedlicher Adelsgeschlechter. Am bekanntesten davon sind die Metternich-Winneburg-Beilstein, aus denen ruhmvolle Gestalter europäischer Geschichte hervorgingen. Aber schon Jahrhunderte, bevor diese Familie im 17. Jahrhundert in den Besitz der legendenumwobenen Höhenburg über dem Endertbachtal gelangte, residierte dort eine andere Adelsfamilie. Dieses alte Winneburger Rittergeschlecht war ursprünglich wohl eines Stammes mit den Herren von Schönburg-Pyrmont. Durch die Heirat Cunos von Winneburg mit Lise von Braunshorn gelangte die Burg Beilstein im 14. Jahrhundert in den Besitz der Winneburger, die lange aufreibend um das wirtschaftliche Überleben kämpfen mussten. Die historisch herausragende Persönlichkeit dieser älteren Winneburger war Philipp I (der Ältere) von Winneburg-Beilstein. Einige Jahrzehnte nach Beginn der Reformation war er höchster Richter im Heiligen Römischen Reich und maßgeblicher Diplomat im Dienst mehrerer habsburgischer Kaiser.

Philipp kam um 1515 als Erstgeborener des etwa 60-jährigen Burgherrn Cuno von Winneburg und dessen zweiter Ehefrau Barbara von Manderscheid, einer Tochter des Grafen Johann von Manderscheid, zur Welt. Nach Cunos Tod im Jahr 1534 gelang es Philipp, mit Hilfe seiner Verwandten und jüdischer Finanziers aus Beilstein, alte Pfandrechte des Trierer Erzbischofs abzulösen und seinen Besitz zu stabilisieren. 1538 heiratete er die westfälische Grafentochter Ursula von Rietberg. Aus der Ehe gingen mindestens sieben Kinder hervor, darunter die beiden Töchter Anna und Barbara. Mehrere Söhne wurden später Mitglieder des Reichshofrats, der Sohn Cuno sogar Reichshofratsvizepräsident.
Eine frühe Etappe auf dem Weg Philipps zur Führungspersönlichkeit im kaiserlichen Umfeld war sein Amt als Trierischer Landhofmeister, das er 1549 antrat. In dieser Position erwarb er sich durch Rat und Tat das besondere Vertrauen des Trierer Kurfürsten. Dies war nur möglich, weil Philipp sich in den konfessionellen Konflikten kompromisslos zur katholischen Seite bekannte. 1552 vertrat er den Trierer Kurfürsten in Passau, in den folgenden Jahren war er als Kurfürstlicher Rat mit diplomatischen Missionen in Worms, Frankfurt am Main und andernorts betraut. Spätestens gegen Ende der 1550er Jahre gehörte der Eifler Freiherr zu den engsten Beratern des Kurfürsten Johann VI. von der Leyen, dem er insbesondere im Konflikt um den Trierer Reformator Caspar Olevian zur beistand.

Um 1560 war Winneburgs Ruf als ungewöhnlich rechtskundiger Rat bis zum Kaiser gedrungen. 1561 ernannte ihn Kaiser Ferdinand I (1503–1564) zum Präsidenten des Reichskammergerichts (RKG) in Speyer und machte ihn dadurch zum obersten Richter im Reich. Keinerlei Einbuße an juristisch-politischem Einfluss bedeutete es, als 1563 die kaiserliche Ernennung Philipps zum Reichshofratspräsidenten erfolgte. Der Reichshofrat (RHR) war durch die Reichshofratsordnung Ferdinands I von 1559 neben dem RKG zur höchsten gerichtlichen Instanz im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation geworden und gehörte „zu den herausragenden europäischen Gerichten seiner Zeit“ (so der Rechtshistoriker Wolfgang Sellert). Der RHR galt als der kaiserlichen – und damit auch katholischen – Position zugeneigt, während das RKG politisch eher als konfessionell neutrales Gericht betrachtet wurde. In räumlicher Hinsicht reichte die Zuständigkeit des RHR von Italien bis nach Polen und von den Niederlanden bis Ungarn. Was die Zuständigkeit für Rechtsfragen betraf, so waren RHR und RKG grundsätzlich gleichrangig, allerdings gab es auch ausschließliche Zuständigkeiten des RHR. Berücksichtigt man zudem die Bedeutung des RHR als eine Art kaiserlicher Staatsrat, so kann man ermessen, welche enorme rechtspolitische und verfassungsrechtliche Bedeutung der RHR hatte. Philipp von Winneburg stand viele Jahre an der Spitze dieser Institution, da er in seinem Amt nach Ferdinands Tod 1564 von dessen Nachfolger Kaiser Maximilian II (1527–1576) bestätigt wurde. In den 1560er und 1570er Jahren war Philipp aber nicht nur Präsident des RHR, sondern vertrat die habsburgischen Kaiser als Gesandter auch diplomatisch beim Reichstag. In den Jahren 1569 und 1570 amtierte er offiziell als kaiserlicher „Commissarius“. Die kaiserlichen Kommissare agierten in engem persönlichem Kontakt mit dem Kaiser und vermittelten dessen Politik zwischen Reichstag und Reichskammergericht. Sie visitierten die Tätigkeit des RKG – überprüften also die Kanzlei, die Rechnungsführung und befragten die am RKG tätigen Juristen; über ihre Erkenntnisse berichteten sie dem Kaiser. Auf ihre juristische und organisatorische Qualifikation wurde großer Wert gelegt (Anette Baumann).

Räumlich fokussierten sich die Spitzenämter Philipps auf Speyer, das damals gewissermaßen als Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches fungierte. Daneben kümmerte er sich weiterhin um die Herrschaft Winneburg-Beilstein. 1563 verfasste er ein Testament, das die Zukunft dieses Familienerbes sichern sollte. Philipp von Winneburg starb am 16. März 1583 und wurde im Kloster Maria Engelport bei Treis-Karden beigesetzt.

Verfasser: Gregor Brand

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