William Henry Regnery I

US-Unternehmer und Philanthrop, Sohn eines Auswanderers aus Ensch

Der Einsatz des im Geschäftsleben erworbenen Vermögens zugunsten sozialer und politischer Projekte ist in den USA stark ausgeprägt. Ein Beispiel für derartiges  Engagement liefert die Regnery-Familie. Lange war deren bekanntestes Mitglied der Verleger Henry Regnery (1912-1996), der als Gründer von Regnery Publishing von immenser Bedeutung  für den politischen Konservativismus in den USA wurde. Aktuell steht dessen öffentlichkeitsscheuer Neffe William H. Regnery II (geb. 1941) im Fokus, weil er als wichtiger Förderer rechter Think Tanks und Publikationen gilt. Die ökonomische Basis für die vielfältigen – durchaus nicht monolithischen – Aktivitäten der Regnerys legte der 1877 geborene William H. Regnery.

William Regnery kam als Erstgeborener auf der elterlichen Farm in der Nähe von Sheboygan in Wisconsin zur Welt. Die Stadt Sheboygan liegt nördlich von Milwaukee am Westufer des Erie-Sees in einer Region, die im 19. Jahrhundert viele Emigranten aus dem Trierer Raum anzog. Aus Dörfern um Trier stammten auch beide Eltern von William: sein Vater Wilhelm war ein gelernter Küfer aus Ensch, seine Mutter Anna Junk kam aus Freudenburg. Die Farm in Wisconsin war nur Zwischenstation auf der Westwanderung dieser Regnery-Familie. Etwa ein Jahr nach Williams Geburt zog die Familie nach St. Lucas in die Prärie von Iowa. Die Gründe dafür sind nicht bekannt; es könnte damit zu tun haben, dass bereits andere mit den Regnerys bekannte Eifler in dem winzigen Ort lebten. Der berühmteste Bürger von St. Lucas war ein Kind der Eifel: der Priester Aloysius Schmitt (1909-1941), dessen Vorfahren väterlicherseits aus der Bitburger Gegend stammten.  Father Aloysius kam beim japanischen Angriff auf Pearl Harbor ums Leben, nachdem er viele Seeleute gerettet hatte. Schmitts Andenken als Held wird in den USA in hohen Ehren gehalten; bereits 1943 wurde ein Zerstörer der US Navy nach ihm benannt.

William Regnery verbrachte seine Kindheit auf der Präriefarm; seine schulische Ausbildung ging nicht über Unterricht an der Pfarrschule hinaus. Mit 15 Jahren zog er nach Kansas City, wo er in der aufstrebenden Missouri-Stadt zunächst einen Job in einem Lebensmittelladen erhielt. Zufrieden war er damit nicht; bereits 1892 stellte er sich kurzerhand persönlich beim Unternehmer William Volker vor. Dem gefiel Regnerys Art und recht schnell vertraute er dem Farmerssohn die Leitung seiner Western Shade Cloth Company in Chicago an. Dieses Unternehmen wurde von Regnery um 1900 aufgekauft. Daraus ging die Joanna Western Mills Company hervor, die in den Folgejahrzehnten von William Regnery mit Hilfe von Familienmitgliedern sehr erfolgreich geführt wurde.  Zu dem Textilunternehmen mit Hauptsitz in Chicago gehörte die Joanna Cotton Mills Company, deren Werk in South Carolina enorme Bedeutung für die strukturschwache Region hatte.

In ihrem Buch über „Textile Leaders of the South (1963) würdigten M. W. Young und L. P. Walker den fortschrittlichen sozialen Geist von Regnery, der in dem Baumwollbetrieb als erster bezahlten Urlaub einführte und die Arbeiter am Gewinn beteiligte. In den dreißiger Jahren unterstützte Regnery anfangs die New Deal-Politik des demokratischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Aus Sympathie wurde Ablehnung, als mit Beginn des Weltkriegs die Frage in den Mittelpunkt rückte, ob sich die USA militärisch an diesem Krieg beteiligen sollten. Der pazifistisch gesonnene William Regnery lehnte dies – wie bis zum japanischen Angriff die große Mehrheit seiner Landsleute – entschieden ab. Als sich 1940 mit Unterstützung anderer prominenter US-Wirtschaftsführer das „America First Committee“ gründete, dessen Hauptziel es war, einen Kriegseintritt der USA zu verhindern, wurde Regnery zu einem Hauptakteur dieser Richtung. Er war nicht nur Mitglied im Exekutiv-Ausschuss von „America First“, sondern galt auch als größter Einzelfinanzier. Befürworter des US-Kriegseintritts unterstellten den Kriegsgegnern gern Sympathien für die NS-Ideologie, von einer pronazistischen Haltung konnte allerdings jedenfalls bei Regnery keine Rede sein. Kein Zweifel besteht jedoch daran, dass er generell – wie sein Sohn Henry – sehr deutschfreundlich eingestellt war.

Der Start von Henrys Verlag wäre nicht möglich gewesen ohne die materielle und ideelle Unterstützung seines Vaters. Die ersten Bücher, die bei Regnery Publishing erschienen, kamen von jüdischen Autoren (Victor Gollancz, Max Picard); inhaltlich war es das Anliegen von Gollancz, die These einer deutschen Kollektivschuld zurückzuweisen und einen demokratischen Neuaufbau zu unterstützen. Dies entsprach auch der Überzeugung des Amerikaners und Regnery-Freundes Aloisius J. Muench, der damals Apostolischer Nuntius in Deutschland war.  William H. Regnery war jenseits der Politik auch stark philanthropisch im engeren Sinn tätig. In Chicago, aber auch in South Carolina, galt er als großzügiger „Community Benefactor“, von dessen Zuwendungen soziale Einrichtungen profitierten. Der mit Francis Susan Thrasher verheiratete Vater von fünf Kindern starb 1954 als Patriarch dieser amerikanischen Familien-Dynastie. Ω

Verfasser: Gregor Brand

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