Den Ortsgemeinden gehen die Chefs aus

Wenn nur noch verwaltet wird und der Spielraum zum Gestalten einer Gemeinde immer kleiner wird, dann ist es kein Wunder, dass den Ortsgemeinden die Chefs abhandenkommen und den Räten die Motivation zum Ehrenamt verloren geht. Nach fast 50 Jahren Ratsmitglied, davon 15 Jahre als Ortsbürgermeister und 12 Jahre als 1. Beigeordneter einer Gemeinde mit rd. 1.300 Einwohnern kann ich diese Entwicklung nur zu gut nachvollziehen. Der Ortsbürgermeister wird mehr und mehr zum Hilfssheriff degradiert und wird damit zum Handlanger eines riesigen, teils undurchsichtigen und oft nicht mehr nachvollziehbaren Verwaltungs- und Gesetzgebungsapparates. Wenn 46 v.H., also fast die Hälfte des Gesamtbetrages der Aufwendungen einer Gemeinde an Kreis- und Verbandsgemeindeumlage zu zahlen sind, dann wird deutlich, was an Spielraum zur Eigengestaltung noch verbleibt. Im Rahmen des Wettbewerbs um die Gunst der Häuslebauer und potenzieller Gewerbebetriebe setzt die Landesregierung die Daumenschraube an, indem sie Mindestsätze vorgibt, um an Fördermaßnahmen (Entschuldungsfond pp.) teilhaben zu können.

Die Hebesätze erreichen inzwischen utopische Zahlen und sind bei der Vermarktung von Bauland oft sehr von Nachteil. Vorgaben seitens der Landesregierung was die Betreuung in den Kitas angeht, sehen in der Realität so aus, dass ein nicht unerheblicher Betrag bei der Gemeinde hängen bleibt. Die vom Land verordnete Kommunalreform hat in den meisten Fällen bis heute nicht die angekündigten Einsparungen gebracht und es sieht mit Blick in die Zukunft auch nicht danach aus. Vom Land initiierte Projekte z.B. „Ich bin dabei“, „Markt der Möglichkeiten“, „Flüchtlingsbetreuung“, „Dorfmoderation“, sind nur über das Ehrenamt zu leisten und blähen gleichzeitig den Verwaltungsapparat zusätzlich auf. Was bleibt den Gemeinden noch für die Gestaltung im Rahmen der Verbesserung der Infrastruktur? Hierzu gehören Instandsetzung maroder Gemeindestraßen, Unterhaltung von Kinderspielplätzen, Pflege öffentlicher Park- und Grünanlagen, Maßnahmen im Rahmen der Jugend und Seniorenarbeit, pp. Dann frustriert immer wieder aufs Neue ein Wust an irrsinnigen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften, die die Arbeit an der Basis nur erschweren und die Gegebenheiten vor Ort meist unberücksichtigt lassen. Wer hat unter diesen Bedingungen noch Lust und die Motivation ein Ehrenamt an der Basis unseres Gemeinwesens auszuüben?

Ossi Steinmetz, Bausendorf

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