Ein gutes Herz allein löst keine Probleme

Migration und Flüchtlingskrise sind derart ernste und auch in Zukunft generationenlang anhaltende Probleme, dass sie mit kopflosem Herz nicht zu lösen sind. Viele Politiker, Journalisten und Kirchen trauten sich lange Zeit nicht, irgendetwas anderes zu sagen als: „Migration ist gut.“ Da kritisch Denkende mit Mantras abgespeist wurden, kippt furchtbarerweise die gesellschaftliche Solidarität. Es ist klar, dass sich jegliche Lösung an die vielen richten muss, die in ihren Gemeinschaften bleiben, und nicht an die wenigen, die sie verlassen.

Deutschland macht überwiegend genau das Gegenteil: Es will immer noch vor allem eine kleine Anzahl von Glücklichen aus ihrem schwierigen Umfeld „retten“, ohne an die vielen anderen Angehörigen dieser Gemeinschaften zu denken. Durch europäische Hilfsprogramme werden beispielsweise derzeit für jeden Euro, der in die Unterstützung von Menschen fließt, die in ihrer Region bleiben, 135 Euro für die winzige Minderheit der Menschen ausgegeben, die sich die gefährliche Reise nach Europa leisten können und nun zu rund 90% untätig herumsitzen. Wir haben so viele Ärzte aus Nahost und Afrika „gerettet“, dass es z.B. inzwischen mehr syrische oder sudanesische Ärzte in manchen unserer Städte gibt als in ihren Ländern – aber schrecklicherweise auf Kosten der Zurückgelassenen. Heute gibt die Welt jedes Jahr ca. 75 Mrd. für die wenigen Prozent der Flüchtlinge aus, die die entwickelten Regionen erreicht haben – und nur 5 Mrd. für die über 90%, die in den problematischen Regionen geblieben sind. Schlimmer noch: Ein Teil des Geldes, das für die wenigen Flüchtlinge in Europa eingesetzt wird, war ursprünglich für die armen Länder gedacht.

Die Bundeskanzlerin und SPD/Grüne sagen nicht: „Schicken sie uns ihre qualifizierteren, wohlhabenderen jungen Männer“. Alle wären entsetzt, wenn sie realisieren würden, dass dies genau die Folge ihrer Großzügigkeit ist. Mit allen verheerenden Nachteilen für die Zurückbleibenden. Rund die Hälfte aller Syrer mit einem Hochschulabschluss halten sich nun in Europa auf. Syrien ist der Menschen beraubt worden, die für den Wiederaufbau des Landes und der Wirtschaft etc. dringend gebraucht werden. Ein Teufelskreis bildet sich: Wenn sich in einem reichen Land die Gemeinde der Ausgewanderten vergrößert, wird dadurch weitere Migration gefördert; vor allem der relativ Begüterten, weil die sich die Investition bzw. die Schlepper leisten können. Das kopflose Herz kann Folgen haben, die schlechter sind als der herzlose Kopf. Bei zu viel „Buntheit“ geht das Wir-Gefühl, das Gefühl der Zugehörigkeit, der Sicherheit und des Vertrauens in unserer Kultur zurück, die Solidarität sinkt. Wir haben zweifellos eine felsenfeste moralische Pflicht. Doch unser Asylsystem, das für wenige verfolgte Einzelpersonen in der Nachkriegszeit konzipiert war, mit heutiger Massenmigration zu verquicken, ist hirnlos.
Wenn Wissenschaftler wie z.B. Paul Collier (aktuellste Bücher!) gefragt werden, wie Flüchtlingen effektiv geholfen werden kann, dann sagen sie übereinstimmend: In den unmittelbaren Nachbarländern, in ihrer eigenen Kultur. Mit Unterstützung unseres Geldes, das dort aber hunderte Mal so wirksam verwendet werden kann. Diese Gedanken sollten nicht nur die Politiker in ihr teilweise unwürdiges Koalitionsgeschacher, sondern auch die Kirchen an Weihnachten in ihre gutgemeinten Appelle aufnehmen!

Michael Geörger, Minderlittgen

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