Russisches Roulette mit belgischen Reaktoren

Anlässlich des Chaos beim Wiederanfahren des AKW Tihange 2 kurz vor Weihnachten, erklärt Stephanie Nabinger, Atompolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN im rheinland-pfälzischen Landtag: „Brände im Monats-Rhythmus, Risse im Reaktordruckbehälter, Funde von Weltkriegsbomben, ungeschultes Sicherheitspersonal, undichte Kühlwasserbehälter – die Skandalgeschichte von Tihange lässt den letzten Rest von Vertrauen schwinden.

Was muss noch alles passieren, damit die belgische Regierung die Schrottreaktoren endlich stilllegt? Was, wenn beim nächsten Mal die Reaktoren nicht automatisch herunterfahren? Der Weiterbetrieb ist Russisch-Roulette. Angesichts der Pannenserie beim Wiederanfahren des Reaktors muss sich nicht nur der Betreiber Electrabel, sondern insbesondere auch die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC kritische Fragen gefallen lassen.

Pikant hierbei ist vor allem die Vergangenheit von FANC-Chef Jan Bens, der vor seiner Berufung jahrzehntelang in verantwortlicher Position für Electrabel gearbeitet hat. Wie kann da neutral über den „sicheren“ Weiterbetrieb entschieden werden? Bezeichnend ist außerdem, dass nach der Entdeckung von tausend Rissen in den Druckbehältern in Tihange und Doel im Jahr 2012 der damalige Leiter der Atomaufsichtsbehörde, Willy De Roovere, nach einigen atomkraftkritischen Fragen von der belgischen Regierung abgesetzt und durch einen Atomhardliner wie Jan Bens ersetzt wurde. Eine solche Befangenheit im Vorfeld bewusst herbei zu führen, ist eines Rechtsstaates wie Belgien unwürdig. Es ist daher höchste Zeit, dass sich die Bundesumweltministerium Hendricks bilaterale politische Gespräche mit der belgischen Regierung aufnimmt. Denn die Reaktoren in Tihange gehören abgeschaltet – sofort.

Hintergrund: Nachdem die Reaktoren in Tihange und Doel nach 21 Monaten Stillstand wieder am Netz waren, kam es am 19. Dezember 2015 im Reaktor Tihange-1 zur automatischen Schnellabschaltung, weil eine Schalttafel Feuer gefangen hatte. Kurz darauf ging Doel-3 vom Netz, weil eine Heißwasserleitung leckte. Am 4. Januar wurde das Wiederanfahren des Blocks Doel-3 wegen eines Defekts an einem Schalter verschoben, während zugleich die rasch reparierten Anlagen Tihange-1 und Doel-1 wieder den Betrieb aufnahmen.

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