Jamaika zwischen Anspruch und Verantwortung

Die Würfel sind gefallen, die Karten neu gemischt. Der mündige Bürger hat entschieden, für die etablierten Parteien von Union und SPD enttäuschend zu Gunsten der AfD. Sehen wir es positiv, dann haben sich rd. 87 % gegen die AfD entschieden. Ich stelle fest, dass schon kurz nach der Wahl ein Selbstzerfleischungsprozess in der Führungsriege der AfD in Gang gesetzt wurde und der Rest nur mit Stimmungsmache und ohne klares, einheitliches Konzept agiert. Wie im richtigen Leben werden wohl braune Flaschen nach und nach wieder im Container verschwinden.  Nun hat der Bürger den Anspruch, dass die etablierten Parteien, dem Wählervotum gerecht werden und eine handlungsfähige Regierung bilden. Die SPD hat sich aus der Regierungsverantwortung verabschiedet. Der Parteivorsitzende Martin Schulz ist mit seinem Slogan „für mehr Gerechtigkeit“ ohne den Begriff genauer zu definieren, gescheitert. Die neue Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles postet mit Worten aus der Vulgärsprache „denen werde ich eins auf die Fresse geben!“, ist das der neue SPD-Sound Frau Nahles für den angekündigten Neubeginn?

Die „Linke“ hat mit Sicherheit gute Ansätze und Vorschläge im Bereich der „sozialen Gerechtigkeit“, bewegt sich meiner Meinung nach aber zu sehr in den  Bereich des Sozialismus, den wir im Gegensatz zur freien Marktwirtschaft  sicher nicht wollen. Da bleibt also für eine regierungsfähige Mehrheit Jamaika, benannt nach den Flaggenfarben des karibischen Inselstaates übrig, dessen Wahlspruch mit den Worten „Aus vielen (Völkern) ein Volk!“ zu finden ist.  Nun stehen die gewählten Volksvertreter von Union, FDP und Grüne in der Verantwortung, der Wähler hat sie dazu legitimiert und es ist auch ihre verdammte Pflicht einen Grundkonsens für eine handlungsfähige Regierung zu finden, der die Brennpunkte der Politik sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch erfasst und berücksichtigt. Einen kleinen Lichtblick erfahre ich gerade jetzt in der einheitlichen Definition des Begriffs „Obergrenze“ von CDU und CSU, ein positives Signal an FDP und Grüne. Mein, unser Anliegen, mein, unser Anspruch, an die Verantwortlichen der potenziellen Regierungsparteien wäre, den Begriff „Obergrenze“ nicht nur im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik zu sehen. Bei folgenden Brennpunkten in der Gesellschaft wäre der Begriff „Obergrenze“ auch neu zu definieren und festzulegen:

– Anzahl der Abgeordneten im Deutschen Bundestag (z.Zt. 709).

– Höhe der Aufwandsentschädigung, der Diäten, des Anspruchs auf Versorgung nach dem Ausscheiden von Altbundespräsidenten, Altbundeskanzlern, Ministern, Staatssekretären bis hin zu den Abgeordneten (übrigens Forderung des Rechnungshofes).

– Im Umkehrschluss Festlegung einer Mindestgrenze zur finanziellen Ausstattung und Förderung der Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben als Basis und Keimzelle allen kommunalen Lebens.

In der Hoffnung, dass sich die Verhandlungspartner von Jamaika zusammenraufen und in ihrer Verantwortung dem Anspruch der Wähler gerecht werden, sehe ich den Anfang einer Neu- und Weiterentwicklung unseres Landes und Europas, auch im Hinblick auf nachfolgende Generationen.

Ossi Steinmetz, Bausendorf

Der Schreiber ist Ehrenamtler in der Flüchtlingshilfe, Vorsitzender des Seniorenbeirates der VG Traben-Trarbach, jahrzehntelanges Mitglied des Gemeinderates seiner Heimatgemeinde Bausendorf, davon 15 Jahre als Ortsbürgermeister u. 12 Jahre als 1. Beigeordneter.

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