Größter Etikettenschwindel aller Zeiten

So wird aus einem „1,- Euro Schnäppchen“ ein Millionengrab

Hahn. Es ist an sich schon ein Skandal, dass der Flugverkehr in Deutschland zwei Steuerbefreiungen genießt, die ihm einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Schienen- und Straßenverkehr verschaffen. Zum einen ist das Flugbenzin (Kerosin) völlig unbesteuert, zum anderen wird bei internationalen Flügen keine Mehrwertsteuer erhoben.

(Karikatur Ritter)

Einst ein Prestige-Objekt
Bislang weitgehend unbeachtet findet die größte Subventionierung des Flugverkehrs auf dem Boden statt: Der Staat baut auf seine Rechnung Straßen- und Schienenstrecken als Zubringer zu den Flughäfen, die oft keine andere Funktion haben, als die Flughäfen zu bedienen. So geschieht es auch in Rheinland-Pfalz seit 1991 mit dem politischen „Prestige-Objekt“ Flughafen Hahn.  Ironischerweise sind solche Projekte, wenn sie den Flughafen im Rahmen des Personennahverkehrs erschließen, unter dem Haushaltsposten „Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs“ zu finden – obwohl eine solche Maßnahme eine Attraktivitätssteigerung des Luftverkehrs ist. Durch diese indirekten Förderungen wird der Flughafen Hahn seit Jahren in der Lage versetzt, Luftfahrtgesellschaften bis zu 50 Prozent günstigere Konditionen anzubieten.

Wahnwitzige Zukunftspläne
Zur Verbesserung der Landanbindung des Flughafens hatte das Land den vierspurigen Ausbau der Bundesstraße B50 (90 Mio. Euro), die am Flughafen Hahn vorbeiführt, inklusive der 1.700 Meter langen Hochmoselbrücke (ca. 500 Mio. Euro) umgesetzt. Auch die Reaktivierung der Hunsrückbahn ist immer noch angedacht. Die kostengünstigste Variante kostet etwa 110 Millionen. Euro. Die Landeregierung hatte sogar laut über einen ICE-Anschluss nach Mainz bzw. Frankfurt (Kosten mindestens 700 Mio. Euro) nachgedacht. Dieses Thema ist aber wieder vom Tisch!

Wie großzügig die SPD-geführte Landesregierung seit 1991 den Flughafen Hahn subventioniert hat, haben wir für Sie einmal chronologisch aufgelistet. Es ist unglaublich!
1991 – 2002: Die SPD-geführte Landesregierung bewilligte Unterstützung für Investitionen am Flughafen Hahn in Höhe von 35,7 Millionen Euro.

1991 – 2002: Die SPD-geführte Landesregierung gleicht Verluste durch öffentliche Mittel in Höhe von 10,5 Millionen Euro aus.

2002: Die Gesellschafter des Flughafen Hahn haben eine Erhöhung des Eigenkapitals von 3,5 Millionen Euro auf 30,5 Millionen Euro beschlossen.

2003 – 2007:  Die SPD-geführte Landesregierung plante weitere Landeszuschüsse aus öffentlichen Mitteln für Investitionen in Höhe von 3,3 Millionen Euro.

03.02.2009: Das Land Rheinland-Pfalz zahlte der Frankfurter Fraport AG für den Mehrheitsanteil am  Flughafen Hahn einen Euro. Ein Geschäftsjahr zuvor wurden dort allerdings 8 Millionen Euro Miese gemacht.  Betreibergesellschaft ist die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG) geworden, an der seit dem 3. Februar 2009 (rückwirkend zum 1. Januar 2009) das Land Rheinland-Pfalz zu 82,5 % und das Land Hessen zu 17,5 % beteiligt sind.

03.02.2009: Minister für Wirtschaft und Verkehr, Hendrik Hering (SPD): „Der Airport verfügt über ein enormes Entwicklungs- und Leistungspotenzial und wirft spätestens 2016 auch Gewinne ab.

2010: Der Flughafen Hahn kommt nicht aus der Schuldenfalle. In 2010 beträgt der Fehlbetrag 10,8 Millionen Euro.

2011: Die Finanzielle Situation ändert sich nicht. In 2011 lag das Minus bei 10,6  Millionen Euro.

August 2012: Das Eigenkapital der Flughafengesellschaft (FG) Hahn betrug im August 2012 noch 44 Millionen Euro, die Verbindlichkeiten bereits 138 Millionen Euro.

Januar 2013: Für Flugsicherheit, Brandschutz, Wetter- und Rettungsdienst sind am Flughafen seit 2009 Kosten in Höhe von rund 30 Millionen Euro aufgelaufen. Die Landesregierung hat alles übernommen. Laut einem internen Bericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von 2012 drohte der Flughafengesellschaft bereits Ende März 2013 die Insolvenz. Im Februar 2013 beschloss die Landesregierung bis 2017 weitere 121,9 Millionen Euro für die Flughafengesellschaft bereitzustellen, um deren Zahlungsfähigkeit zu sichern.

August 2013: Pläne, die Flughafen-Infrastruktur für 85 Millionen Euro an den Landesbetrieb Mobilität zu verkaufen und anschließend zurückzuleasen, wurden 2013 von der EU untersagt. Um einen Investor für den Flughafen zu finden, plante das Land Rheinland-Pfalz 2013, den Unterhalt von Straßen, Kanalisation und Gebäuden auf dem Flughafengelände in den Landeshaushalt zu überführen.

November 2013: Die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft prognostizierte bis 2017 einen jährlichen Verlust von 10 Millionen Euro, das Geschäftsmodell sei „nicht zukunftsfähig“.

2014: Der Verlust betrug in 2014 satte 45,2 Millionen Euro.

2015: Der Verlust belief sich auf 17,4 Millionen Minus

2015 bis Mitte 2016: hat die Beraterfirma KPMG 6,25 Millionen Euro Honorar erhalten. Seit März 2015 versucht die rheinland-pfälzische Landesregierung die Flughafengesellschaft zu verkaufen. Im Sommer 2016 ist der erste Verkaufsversuch kläglich gescheitert. Innenminister Roger Lewentz/SPD und sein Ministerium war einer Betrügerfirma aufgesessen. Im Herbst 2016 musste europaweit neu ausgeschrieben werden.

09.12.2016: Der Verlust für 2016 wurde mit 18 Millionen Euro prognostiziert. Aufsichtsratschef Salvatore Barbaro (SPD) – im Hauptjob Wissenschaftsstaatssekretär in der Landesregierung – sagt der Deutschen Presseagentur: „Es sieht so aus, als ob wir irgendwo zwischen 16 und 17 Millionen Euro landen werden. Das Sanierungsprogramm greift.“ Der Witz bei Baros’s Aussage: Das Sanierungsprogramm läuft bereits seit 2012. Unter anderem wurden 80 Arbeitsstellen gestrichen. Ursprünglich sollten mit dem Programm sechs Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. Jetzt rühmt man sich schon, „vielleicht“ eine Millionen einzusparen.

Dezember 2016: Die Landesregierung gewährt ein 34 Millionen Euro Darlehen (Anm.d.Red.: so lautet die offizielle Bezeichnung, weil Beihilfen inzwischen verboten sind), das in Raten an den Flughafen ausgezahlt werden kann, sobald die Zahlungsunfähigkeit droht. Das war Mitte Dezember der Fall. Die 1. Rate über 1,5 Millionen Euro wurde ausbezahlt. Ab jetzt werden die aufgelaufenen Fehlbeträge vom Hahn monatlich ausgeglichen, damit die Verkaufsverhandlungen wegen Zahlungsunfähigkeit nicht ins Stocken geraten. „Die Rückzahlungen des Darlehens sind Teil der Verkaufsverhandlungen“, teilt die Flughafengesellschaft mit und kommen auf den jeweiligen Käufer zu.

15.02.2017: Der finanziell angeschlagene Hunsrück-Flughafen hat unterdessen die zweite Rate des neuen 34-Millionen-Euro-Darlehens des Landes Rheinland-Pfalz erhalten. Am 15. Februar seien 1,7 Millionen Euro ausgezahlt worden, teilte Innenminister Lewentz vergangenen Woche in einem  Schreiben an Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) mit und Zinsen dafür seien auch schon bezahlt worden, ergänzte Lewentz.

01.03.2017: Neue Beratungskosten in 2017 sind mit 1,6 Millionen Euro veranschlagt und 1,1 Millionen für 2018 bereits geplant.

01.03.2017: Die rheinland-pfälzische Landesregierung meldet, den Verkauf der Landesanteile in Höhe von 82,5 % an den chinesischen Investor HNC verkauft zu haben. Der notarielle Kaufvertrag sei unterzeichnet. Kaufsumme: 15,1 Millionen Euro.

02.03.2017: Die hessische Landesregierung hat hingegen weiteren Informationsbedarf. Zwingend notwendige Dokumente und beglaubigte Unterlagen des chinesischen Investors seien nicht vollständig.

03.03.2017: Der endgültige Verkauf und die Übergabe des Flughafens verzögert sich um ca. weitere vier Wochen.

Mindestens weitere 70 Millionen Steuergelder dem Käufer als Beihilfen in Aussicht gestellt   
Sollte der Verkauf des Flughafens irgendwann einmal final abgeschlossen sein, will die Landesregierung dem Käufer bis zum Jahr 2024 mit weiteren Steuergeldgeschenken in Millionenhöhe weiterhelfen. Das Ganze nennt sich dann zum einen Betriebsbeihilfen. Bis 2024 können bis zu 25,3 Millionen Euro an den neuen Besitzer fließen, so die Informationen aus dem Innenministerium von Minister Lewentz (SPD). Das ist aber noch nicht alles. Bis zu weiteren 20,6 Millionen könnten als sogenannte Investitionsbeihilfen (50-Prozent-Zuschuss) fließen, wenn der Käufer über die gleiche Summe am Flughafen Hahn im gleichen Zeitraum investiert. Jährlich weitere drei Millionen – sogenannte Sicherheitskosten – kann das Land für den Brandschutz am Flughafen übernehmen.
Das Thema Flughafen Hahn werden die Steuerzahler in Rheinland-Pfalz noch viele Jahre spüren, auch wenn der Eigentümer in China zu Hause ist.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen