Die Kleinen müssen bluten, die Großen lässt man laufen!

Im Folgenden berichtet die Eifel-Zeitung über einen Beschluss des Landgericht Mainz. Es geht um Urkundenfälschung in Höhe von 95 Millionen Euro, die im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Schweizer Finanz-investors für den Verkauf des Nürburgrings herrührt.

Dieses Strafverfahren gegen den Schweizer Urs Barandun wurde jetzt vom Landgericht Mainz wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt !

Mainz. Das Landgericht Mainz hat das im Januar 2015 begonnene Strafverfahren gegen den Schweizer Staatsbürger Urs Barandun wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt, weil die beiden angeklagten Straftaten der Urkundenfälschung nicht dem deutschen Recht unterliegen.

(Karikatur Ritter)

Anm.d.Red.: Diese Begründung muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Unweigerlich stellt sich hier die Frage: War dieser richterliche Beschluss sogar politisch gewollt? Schließlich geht es um Urkundenfälschung in Höhe von 95 Millionen Euro zum Nachteil einer damals im Staatseigentum befindlichen Immobilie. Auch der ehemalige Ministerpräsident Kurt Beck hatte in dieser Sache seine Finger im Spiel. Während des Strafverfahrens war zu guter Letzt auch noch der Vorsitzende Richter in Ruhestand gegangen.

Wir erinnern: Nachdem mehrere Privatfinanzierungsversuche sang- und klanglos scheiterten, hatte der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) den angeblichen amerikanischen Geschäftsmann Pierre S. Dupont ins Spiel gebracht. Beck hatte ihn als großen Milliardärsadel angekündigt. Der angeklagte Schweizer Barandun stellte daraufhin Schecks im Wert von 95 Millionen Euro auf ein Konto Dupont’s aus. Die Schecks waren bekanntlich nicht gedeckt.

Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten zur Last gelegt, den Verantwortlichen der Nürburgring GmbH der Wahrheit zuwider vorgespiegelt zu haben, einen Investor zur Finanzierung des Projekts „Nürburgring 2009“ beibringen zu können. Bedingung hierfür sei eine Bareinlage der Nürburgring GmbH auf einem Treuhandkonto in Höhe von 10 % der Finanzierungssumme von 1,2 Mrd. US-Dollar gewesen. Die Verantwortlichen der Nürburgring GmbH hätten demgemäß 95 Mio. Euro (umgerechnet
120 Mio. US-Dollar) auf ein Unterkonto eines zuvor bei einer Bank in Liechtenstein und später bei einer Schweizer Bank in St. Gallen/ Schweiz zugunsten der Nürburgring GmbH eingerichteten Treuhandkontos eingezahlt.

Um die Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen zu demonstrieren und den Abzug der Bareinlage von dem Konto zu verhindern, habe der Angeklagte am 29. Juni 2009 und am 3. Juli 2009 zwei Schecks ausgestellt, die auf ein Konto gezogen waren, dessen Inhaber ein US-amerikanischer Milliardär gewesen sein soll. Die Schecksummen beliefen sich auf 67 Mio. (Fall 1) und 33 Mio. US-Dollar (Fall 2). Dem Angeklagten soll bewusst gewesen sein, dass diese Schecks gefälscht gewesen seien. Das entsprechende Konto soll zudem die erforderliche Deckung nicht aufgewiesen haben. Den ersten Scheck soll der Angeklagte den Verantwortlichen der Nürburgring GmbH in einem Luxushotel in Zürich übergeben haben, den zweiten Scheck in Liechtenstein.

Der Angeklagte soll aus der Motivlage heraus gehandelt haben, den auf dem Treuhandkonto eingezahlten Betrag in Höhe von 95 Mio. Euro als sogenanntes „Schaufenstergeld“ mittels entsprechender Bankbestätigungen zum Nachweis seiner eigenen Bonität im Geschäftsverkehr verwenden zu können.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat den Angeklagten wegen des Herstellens und Gebrauchens einer unechten Urkunde in zwei Fällen angeklagt. Trotzdem ist dem Angeklagten Schweizer keine Betrugstat zum Nachteil der Nürburgring GmbH aus tatsächlichen bzw. rechtlichen Gründen zur Last gelegt worden.

Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Mainz hat durch Beschluss vom 09. Mai 2018 das Strafverfahren gegen den Angeklagten wegen eines Verfahrenshindernisses nach § 206 a StPO eingestellt. Das deutsche Strafrecht komme hinsichtlich der beiden angeklagten Straftaten der Urkundenfälschung nicht zur Anwendung, weil die Straftaten nicht im Inland begangen worden seien.

In Fall 1 sei sowohl die Tathandlung des Herstellens einer unechten Urkunde als auch die des Gebrauchens einer unechten Urkunde in der Schweiz, in Fall 2 in Liechtenstein vorgenommen worden. Maßgeblich hätten die Verantwortlichen der Nürburgring GmbH, denen die Schecks übergeben worden seien über die Echtheit der Schecks getäuscht werden sollen, um den Fortbestand des Guthabens von 95 Mio. Euro auf dem Treuhandkonto zu sichern. Damit seien die Taten bereits im Ausland vollendet gewesen. Durch die spätere Weitergabe der gefälschten Schecks im Inland habe kein zusätzlicher Tatort mehr geschaffen werden können. Außerdem hätten nicht das Land Rheinland-Pfalz oder die Bank Adressaten der Täuschung durch die beiden Schecks sein sollen, sondern allein die Nürburgring GmbH.

Es sei auch kein inländischer Bezug wegen des Herbeiführens eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes bei der Nürburgring GmbH herzustellen. Denn die Urkundsdelikte seien weder für die Kosten des Bardepots kausal gewesen, noch für aufgrund der Verträge zwischen den übrigen an dem Projekt „Nürburgring 2009“ Beteiligten von Seiten der Nürburgring GmbH zu zahlenden Erfolgshonorare oder Provisionen.

Bei den Urkundsdelikten handele es sich auch nicht um Auslandtaten gegen inländische Rechtsgüter oder international geschützte Rechtsgüter im Rechtssinn, weil es sich bei der Straftat der Urkundenfälschung nach den maßgeblichen Vorschriften nicht um eine sogenannte Katalogtat handele. Es könne auch sonst kein Inlandsbezug hergestellt werden, da nicht eine natürliche Person an ihrem Vermögen geschädigt worden sei, sondern allenfalls das Vermögen der Nürburgring GmbH als juristischer Person, deren Gesellschafter (das Land Rehinland Pfalz zu 90 % und der Landkreis Ahrweiler zu 10 %) als Körperschaften des öffentlichen Rechts ebenfalls keine natürlichen Personen seien. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig!

Der Beschluss hat aber zweifellos Signalwirkung in Richtung des Strafverfahren gegen den ehemaligen Finanzminister Ingolf Deubel (SPD). 2014 wurde Deubel vom Landgericht Koblenz im Zusammenhang mit dem Finanzskandal der Nürburgring-Affäre wegen Untreue in vierzehn Fällen und falscher uneidlicher Aussage zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bekanntlich legte Deubel gegen dieses Urteil Revision am BGH ein. Dieser veröffentlichte im Mai 2016 seinen Beschluss vom November 2015, wonach 10 von 14 Fällen erneut vom Landgericht Koblenz zu verhandeln seien. Am 8. Januar 2018 hatte die Eifel-Zeitung beim Landgericht Koblenz nachgefragt, wann der Prozess gegen Deubel wieder aufgenommen wird. Die Antwort kam postwendend: „Ein neuer Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung steht noch nicht fest“.

Deubel war bekanntlich im Juli 2009 Finanzminister, nachdem die ungedeckten Scheckes des Schweizers den Verkauf des Nürburgrings zum endgültigen Scheitern brachten. Dreimal dürfen Sie raten, wie das neue Urteil im Prozess gegen Deubel ausfallen wird. Womöglich wird die Straftat sogar noch verjähren. Die Begründung könnte dann lauten: „Das Verfahren musste wegen Personalmangel eingestellt werden“.

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