Es grummelt in der Eifel

Prüm. Als am 3. Januar 2017 die rheinland-pfälzische Firma Grohmann aus Prüm vom US-amerikanisches Unternehmen Tesla Inc. übernommen wurde, herrschte dort Aufbruchstimmung, gepaart mit Stolz unter den „Grohmännern“. Jetzt scheint die Euphorie verflogen.

Grohmann Engineering
Das im Jahr 1963 von Klaus Grohmann gegründete Unternehmen hat seit 1983 seinen Sitz in Prüm in der Eifel. Die Technologie-Firma hat sich an seinem Standort zu einem weltweit tätigen Unternehmen entwickelt – mit dem Schwerpunkt auf Entwicklung und Herstellung von komplexen, automatisierten sowie kundenspezifischen Fertigungs- und Montagesystemen. Grohmann ist bekannt für innovative Lösungen und arbeitet daher erfolgreich mit Weltmarktführern sowohl aus den Bereichen der Automobilindustrie (so auch Daimler, BMW etc.) als auch der Medizintechnik und Pharmaindustrie zusammen. Grohmann Engineering beschäftigt am Standort Prüm ca. 750 und insgesamt mehr als 1.100 Mitarbeiter.

Grohmann und Tesla
Bereits vor der Übernahme durch den amerikanischen Elektroauto-Hersteller Tesla hatte Grohmann schon von dem amerikanischen Unternehmen Aufträge zur Herstellung von Maschinen erhalten. Da die Produktion des Model 3 aus dem Hause Tesla im Sommer 2017 anlaufen soll, hat sich der kalifornische Autobauer nunmehr das Grohmann-Knowhow gesichert, Maschinen für die Produktion von Elektroautos zu bauen.

Der Firmenchef von Tesla, Elon Musk, reiste im November 2016 eigens nach Prüm in das Grohmann-Werk, um den Mitarbeitern die Übernahme zu verkünden. Neben vielen englischen Sätzen, die mangels eines Dolmetschers von den meisten Beschäftigten nicht verstanden wurden, soll Musk in der Versammlung die Wichtigkeit des Werkes in Prüm betont haben, indem er verkündete, dass hier die Maschinen gebaut werden, die am Bau des Model 3 beteiligt sind. Musk kam bei seinem Werksbesuch sehr sympathisch rüber und machte viele Beschäftigte stolz, dass dieser weltweit bekannte Visionär das Werk im kleinen Prüm gekauft hat.

Tesla Grohmann Engineering
Nach der Übernahme liefen die Aufträge für die Beschäftigten zunächst weiter wie bisher. Es soll auch ausdrücklich von Elon Musk bzw. seiner Führungsriege betont worden sein, dass für andere Auftraggeber weitergearbeitet werden solle und dass auch der Firmengründer, Klaus Grohmann, dabei bleiben solle, um die Geschäfte mit zu lenken. Im März 2017 verkündete der Technikchef und Mitgründer von Tesla, Jeffrey Straubel, in einer Versammlung, dass nunmehr doch alle Aufträge mit anderen Kunden abgebrochen werden sollten. Diese Entscheidung wollte – so vermuten Insider – der Gründer Grohmann nicht mittragen und legte seine Geschäfte nieder. Eine Stellungnahme von Klaus Grohmann persönlich gab es dazu bisher nicht.

Aufgeschreckt durch diese Abkehr von den anfänglichen Zusagen macht die Belegschaft mittlerweile mit Hilfe der IG Metall mobil und verlangt neben einer Beschäftigungsgarantie einen Tarifvertrag für die Beschäftigten. Diesen gab es bei Grohmann allerdings noch nie und die Bezahlung soll schon immer etwa 25 bis 30 Prozent unter dem Tarifgehalt gelegen haben. Das solle sich aber nun laut Gewerkschaft ändern. In den letzten Wochen konnte die Gewerkschaft einen Zugang von über 60 % der Belegschaft aus dem Tesla-Grohmann-Werk in Prüm verzeichnen. Jetzt wird mit Streik gedroht.

Brief von Elon Musk
Dass für Musk das neue Tochterunternehmen durchaus wichtig ist, geht aus einem persönlichen Brief an die Mitarbeiter hervor, der in Reaktion auf das aufziehende „Unwetter“ in der Eifel im März 2017 eintraf. Hierin versicherte der Firmenchef, dass weder in absehbarer Zeit und ganz sicher nicht in den nächsten fünf Jahren ein Personalabbau durchgeführt werde. Auch würden in der Zeit keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen, heißt es. Zur Begründung hieß es dazu, dass man nach fünf Jahren von einem weiteren Wachstum bei Tesla Grohmann ausginge.

Dass die Amerikaner um Deeskalation bemüht sind, zeigt auch das Angebot, das Gehalt um monatlich pauschal 150 Euro zu erhöhen. Weiterhin arbeite man bei Tesla daran, dass „jeder bei Tesla Grohmann Automation fair und wettbewerbsfähig über dem Branchenniveau bezahlt wird.“ Dazu zähle auch die Entlohnung der Mitarbeiter mit Aktien. Konkret lautet das Angebot, dass jeder Grohmann-Mitarbeiter Tesla-Aktien (s. Kasten) im Wert von 10.000 US-Dollar erhalten soll, die vierteljährlich über die nächsten vier Jahre ausgeschüttet würden. Darüber hinaus komme ein sofortiger Bonus von über 1.000 Euro in bar hinzu.

Ziel von Tesla sei es – so heißt es in dem Musk-Brief weiter, dass jeder Tesla-Grohmann-Mitarbeiter die Chance haben soll, mit Gehalt und Aktienanteilen deutlich mehr zu verdienen als es in der Branche und relativ zu den Lebenshaltungskosten in Prüm üblich sei.

Hardliner IG Metall
Deutschlands größte Einzelgewerkschaft (neben Verdi) ist auch die weltweit größte Arbeitnehmervertretung – was anscheinend nicht gleichzusetzen ist mit Weltoffenheit bzw. Offenheit gegenüber nicht ins (Gewerkschafts-)Raster passende Zugeständnisse eines Arbeitgebers.

Die Angebote an die Belegschaft von Tesla scheinen auf jeden Fall diskussionswürdig zu sein, was aber von Seiten der Gewerkschaft so nicht gesehen wird. Man will anscheinend unbedingt einen Tarifvertrag durchsetzen, der vorher auch nicht zur Diskussion stand. Wir erinnern uns: Die Mitarbeiter wurden bisher schon unter der alten Firmenleitung 25 – 30 % unter Tarif der Branche bezahlt.

Trotz der oben erwähnten Zugeständnisse von Tesla habe man, so ein Sprecher der IG Metall Trier, von dem Unternehmen eine „nicht zufriedenstellende Antwort“ bekommen. Schließlich seien die 150 Euro ja nur ein Euro mehr die Stunde. (Wieviel Euro mehr die angebotenen Aktienanteile bedeuten würden, wurde anscheinend bisher nicht ausrechnet – entweder weil man nicht kann oder nicht will.)
Ein Großteil der Belegschaft ist anscheinend in der Anfangsphase der Übernahme von Grohmann durch Tesla empfänglich für düstere Zukunftsszenarien, was die Rolle des Werkes in der von Musk propagierten Mission, den Übergang zu nachhaltiger Energie zu beschleunigen, betrifft.

Diese Empfänglichkeit wurde selbstverständlich auch durch den plötzlichen Ausstieg des ehemaligen Firmenchefs Klaus Grohmann begünstigt, hatten doch etliche Mitarbeiter das Gefühl, „als wäre ihnen die Frau weggelaufen“.

Die dem neuen Arbeitgeber gegenüber wachsende Abwehrhaltung wird zum Glück nicht von allen „Grohmännern“ geteilt. Wenn zum Beispiel Bemerkungen laut werden, man bekomme ja auch keine Mitarbeiter-Rabatte auf das Model 3, dann gibt es durchaus Realisten, die argumentieren, dass man doch erst einmal abwarten solle. Das Auto sei ja schließlich noch nicht einmal gebaut.

Wie geht es weiter?
Den angedrohten Streik sieht Tesla anscheinend gelassen auf sich zukommen. Man erwarte, so verlautete es aus der Firmenzentrale, keine Folgen für den Zeitplan beim Model 3. Als Folge der Unsicherheit haben einige Mitarbeiter bereits andere Jobs gesucht und gefunden, die tariflich bezahlt werden. Dass aber eine große Abwanderungsschwemme einsetzt, erwartet der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm nicht. Hier in der Gegend seien die Leute sehr ortsverbunden und würden auch die niedrigen Lebenshaltungskosten schätzen.

Ob Tesla sich durch die Schwierigkeiten mit der Gewerkschaft in dem kleinen Örtchen Prüm von weiteren Investitionen in Deutschland abschrecken lässt, bleibt abzuwarten, zumal das Unternehmen sich auch in den USA mit den Gewerkschaften auseinandersetzen muss. Der Unterschied scheint aber darin zu bestehen, dass die Mitarbeiter in den USA die Vision ihres großen Chefs teilen und stolz sind, ein Teil davon zu sein. Dieser anfänglich in Prüm zu spürende, aber dann verlassende Stolz könnte die Situation eventuell entschärfen und zur Arbeit an der Zukunft schreiten lassen.


Tesla-Aktien
Dass die Börse an Tesla glaubt, belegt die Tatsache, dass der Hersteller von Elektroautos auf einen höheren Börsenwert kommt, als alle anderen Autokonzerne in den USA: nämlich auf 51 Mrd. USD. Dieses erscheint umso unglaublicher, wenn man sich folgende Zahlen vor Augen führt: Ford und General Motors haben im Jahr 2016 zusammen mehr als 6 Mio. Autos verkauft – Tesla gerade mal 76.000. Haben Ford und GM 2016 einen Gewinn von mehreren Milliarden Dollar gemacht, hatte Tesla einen Verlust von über 600 Mio. USD zu verbuchen.

Grund für den Glauben an Tesla könnte sein, dass die Anleger an der Börse das Unternehmen als disruptiv einschätzen, also als einen Player, der bestehende Geschäftsmodelle oder einen gesamten Markt durch eine stark wachsende Innovation abzulösen vermag.
Auf Tesla bezogen, heißt das: Die Forschung im Bereich Elektroautos wurde vorangetrieben und durch den Direktverkauf an den Konsumenten wurde der Fahrzeugvertrieb nicht weniger als revolutioniert.

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