Rheinland-Pfalz unterstützt Initiative gegen belgischen Pannenreaktor Tihange2

Energieministerin Ulrike Höfken unterstützte jüngst in Brüssel die Initiative der Dreiländerregion (rund 100 Kommunen aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niederlanden und Luxemburg) gegen den Betrieb des belgischen Atomkraftwerks Tihange 2. Gemeinsam überreichten sie dem EU-Energiekommissar, Miguel Arias Canete, umfangreiche Unterlagen. Darin wird die EU-Kommission aufgefordert, zu prüfen, ob Belgien beim AKW Tihange gegen EU-Vorgaben verstoßen habe und ob europäische Sicherheitsstandards eingehalten werden. Das EU-Vorsorgeprinzip schreibe vor, dass ein Projekt mit möglicherweise erheblichen Umweltauswirkungen nur genehmigt werden darf, wenn kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass das Projekt keine negativen Auswirkungen hat. Höfken erklärte: „Der Weiterbetrieb des Pannenmeilers Tihange ist ohne Zweifel unverantwortlich. In der Stahlwand des Reaktordruckbehälters sind mehrere tausend Risse festgestellt worden und seit Jahren macht das AKW mit Betriebsstörungen Schlagzeilen.“ Zweifel scheine selbst die belgische Regierung zu haben, die beim Wiederanfahren des AKW die Jodtablettenausgabe von 20 auf 100-Kilometer ausgeweitet hatte, bekräftigte Höfken das Prüfersuchen an die EU.

Tihange liegt nur 80 Kilometer von der Landesgrenze entfernt. Ein nuklearer Störfall hätte die radioaktive Kontaminierung von Luft, Wasser und Nahrungsmitteln in der gesamten Region und darüber hinaus zur Folge. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat daher beschlossen, der Klage der StädteRegionAachen gegen die Wiederinbetriebnahme des AKW Tihange 2 beizutreten. „Wir sind uns einig, dass das erneute Anfahren dieser tickenden Zeitbombe nicht rechtskonform erfolgt ist und die Folgen der Rissebildung nicht ausreichend geklärt sind“, so Höfken. Mit dem Besuch bei der EU wolle sie die Forderung nach einer EU-rechtlichen Überprüfung unterstützen, um den hochriskanten Atommeiler Tihange 2 bald endgültig stillzulegen, so die Ministerin.

In dem offen und konstruktiven Gespräch habe Kommissar Canete unterstrichen, dass die Sicherheit der Kernkraftwerke für ihn höchste Priorität habe. Er habe zugesagt, die von der EU vorliegenden Unterlagen zu Tihange 2 unter voller Ausschöpfung des rechtlich Möglichen zur Verfügung zu stellen, berichtete Höfken. Von besonderer Bedeutung in dem Gespräch war die neue EU-Richtlinie zur Reaktorsicherheit. Darin wird erstmals auch ein gegenseitiger Fachaustausch der Atomaufsichtsbehörden im Jahr 2017 vorgesehen. Der Kommissar habe zugesagt, die EU-Kommission werde dies intensiv begleiten. Rheinland-Pfalz werde die Dreiländerregion und das Bundesumweltministerium unterstützen, das Alterungsmanagement, also den Umgang mit alten und störanfälligeren AKWs – und insbesondere Tihange 2 – zum Thema zu machen, so Höfken weiter. Zudem werde Rheinland-Pfalz das Angebot des Kommissars annehmen, den Dialog auch auf fachlicher Ebene fortzusetzen, kündigte Höfken an.

Die Ministerin wies darauf hin, dass auch eine Klage gegen den Betrieb des französischen Atomkraftwerks Cattenom geprüft werde, aber nach derzeitigem Kenntnisstand deutlich weniger erfolgversprechend scheine als eine Klage gegen Tihange. „Die Landesregierung wird sich aber in jedem Fall mit allen zur Verfügung stehenden politischen Mitteln für eine möglichst rasche Abschaltung der risikoreichen grenznahen AKWs stark machen“, so Höfken. Bei der Umweltministerkonferenz Mitte Juni in Berlin habe Rheinland-Pfalz einen einstimmigen Beschluss der Länder und der Bundesregierung zur Abschaltung grenznaher Atomkraftwerke, insbesondere Tihange, herbeigeführt. Höfken wies im Gespräch mit dem Kommissar auch auf die erfolgreiche Online-Petition gegen die in Grenznähe zu Rheinland-Pfalz liegenden Atomkraftwerke Tihange und Cattenom hin. Die über 18.000 Unterschriften aus Rheinland-Pfalz zeugten von der berechtigten Sorge in der Bevölkerung, so Höfken.

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