Zitterpartie mit Happy End

Erntebilanz im Weinanbaugebiet Mosel: Winzer ernten Trauben in hervorragender Qualität

Moselweinkönigin Lena Endesfelder (re) mit den beiden Mosel-Weinprinzessinnen Kristin Weinand (mi) und Lena Esseln (li)
Moselweinkönigin Lena Endesfelder (re) mit den beiden Mosel-Weinprinzessinnen Kristin Weinand (mi) und Lena Esseln (li)

Der September war für die Winzer an Mosel, Saar und Ruwer eine Zitterpartie. Viele befürchteten einen erneuten Turbo-Herbst wie 2014. Doch es gab dank eines Goldenen Oktobers ein „Happy End“: Der 2015er Weinjahrgang im Weinanbaugebiet Mosel ist von hervorragender Qualität. Der Moselwein e.V. zog in seiner Herbstpressekonferenz in Kasel an der Ruwer ein positives Fazit der Traubenlese. Einziger Wermutstropfen sei die insgesamt kleine Erntemenge, wie Weinbaupräsident Rolf Haxel, Vorsitzender des Moselwein e.V., berichtete.

In der Pressekonferenz ließ der Vorstand des Moselwein e.V. das Weinjahr Revue passieren. Nach dem sehr heißen und trockenen Sommer waren die Regenfälle Anfang September zunächst von den Weinerzeugern begrüßt worden. Als es dann in der wichtigen Reifephase immer wieder regnete, kam Nervosität auf. Die Erinnerung an den problematischen Herbst 2014 mit rasanter Ausbreitung von Fäulnis und einer Essigfliegen-Plage war noch frisch. „So einen Herbst wie letztes Jahr wollte niemand so schnell wieder haben“, so Rolf Haxel. Doch die Befürchtungen traten 2015 nicht ein. Probleme mit Essigfliegen gab es nicht, und die Feuchtigkeit schadete den bis dahin sehr gesunden Früchten kaum. Da es vor allem nachts kühl war und der Ostwind die Trauben schnell trocknete, konnten sich Botrytis und andere Pilze nicht ausbreiten.

In der Vergangenheit waren trockene Jahre immer sehr gute Weinjahre. Und dies traf dann letztendlich auch für den 2015er zu.

Nachdem einige frühreifende Sorten schon ab Mitte September geerntet worden waren, begann die Hauptlese mit der Rebsorte Müller-Thurgau zu Beginn der letzten September-Dekade. Die Ernte der Burgundersorten sowie von Elbling begann ebenfalls gegen Ende September. Während der Hauptlese des Rieslings in den ersten beiden Oktoberwochen herrschte überwiegend trockenes und sonniges Herbstwetter bei Nachttemperaturen bis zum Gefrierpunkt. Die wesentlich günstigeren Bedingungen als im Vorjahr führten zu einer entspannten Lese. Die meisten qualitätsorientierten selbstvermarktenden Weingüter nutzten die guten Witterungsbedingungen in der letzten Septemberwoche bereits zur Vorlese beim Riesling. Die verbliebenen gesunden und sehr reifen Rieslingtrauben ließen sie noch am Stock. Schon zu diesem Zeitpunkt schmeckten die Trauben reif und aromatisch.

Bis Anfang November wurde in den Steillagen an Mosel, Saar und Ruwer in mehreren Lesedurchgängen Riesling in allen Qualitätsstufen geerntet, von gesunden Trauben für trockene und feinherbe Weine bis hin zu Rosinen für die Erzeugung edelsüßer Beeren- und Trockenbeerenauslesen. Auch auf Eiswein wird noch gehofft: Zahlreiche Weingüter haben noch Trauben an den Stöcken und spekulieren auf einen Kälteeinbruch, um den Jahrgang mit einer Eisweinlese krönen zu können. Die Mostgewichte beim Riesling lagen durchschnittlich bei 85 Grad Oechsle, also im Spätlesebereich. Viele Winzer ernteten Trauben mit Mostgewichten von weit über 100 Grad Oechsle. Auch bei den anderen Sorten waren die Mostgewichte sehr zufriedenstellend.

Sehr unterschiedlich fiel dagegen die Zufriedenheit mit der Erntemenge aus. Die gesamte Erntemenge an Mosel, Saar und Ruwer werde auf rund 794.000 Hektoliter geschätzt, sagte Rolf Haxel. Das seien fast 100.000 Hektoliter weniger als im Jahr 2014. Grund hierfür war vor allem die langanhaltende Trockenheit im Sommer. Regional zeigte sich die Situation aber sehr unterschiedlich. An der Terrassenmosel lagen die Ernteerträge zwar auch unter dem langjährigen Durchschnitt, aber dennoch weit über den Mengen des Vorjahres. Im Bereich der Mittel- und Obermosel wurden die üppigen Mengen des Herbstes 2014 dagegen nicht erreicht. Schließlich führte auch der Ostwind dazu, dass die Erntemengen in den ersten beiden Oktoberwochen fast täglich niedriger wurden. Hinzu kam die verhältnismäßig geringe Auspressquote
beim Keltern. Dennoch war der Herbst vor allem für die direktvermarktenden Weingüter wesentlich besser als 2014, denn dank des guten Gesundheitszustandes der Trauben konnten die Weinberge in aller Ruhe geerntet werden. Im Vorjahr war der Mengenverlust durch den raschen Pilzbefall sehr groß, manche Rebanlagen waren sogar Totalverlust.

Mit 721.000 Hektoliter entfallen knapp 90 Prozent der Produktion des 2015er Jahrgangs an der Mosel auf Weißwein. 59 Prozent (472.500 Hektoliter) der Ernte entfallen auf die Rebsorte Riesling, 13 Prozent (rund 104.000 Hektoliter) auf Müller-Thurgau, 7 Prozent (56.320 Hektoliter) auf Elbling und 5 Prozent (rund 40.00 Hektoliter) auf Weiß- und Grauburgunder. Rotweine und Rosé bzw. Blanc de noir machen mit etwa 73.000 Hektoliter rund 10 Prozent der Produktion aus. Davon sind vor allem die Rebsorten Spätburgunder mit einem Produktionsanteil von 4 Prozent (32.810 Hektoliter) und Dornfelder mit 3,9 Prozent (31.000 Hektoliter) bedeutend.

Im Keller bereitet der 2015er Most keine Probleme. Die Moste und Jungweine schmecken fruchtig und aromatisch mit harmonischer Säure-Struktur. Bei den Rotweinen sind die Farbwerte sehr zufriedenstellend. „Die Verbraucher dürfen sich auf hochwertige 2015er Weine von Mosel, Saar und Ruwer freuen“, stellte Rolf Haxel fest.

Angesichts der aktuellen Most- und Jungweinpreise geht der Moselwein e.V. von stabilen Endverbraucherpreisen für Moselweine im Lebensmitteleinzelhandel aus. Auch bei den Verkaufspreisen ab Winzerhof wird allenfalls mit moderaten Preiserhöhungen gerechnet. Da voraussichtlich viele selbstvermarktende Weingüter, die weniger als erwartet geerntet haben, ihren Bedarf teilweise auch auf dem Fassweinmarkt decken werden, bleibt die weitere Preisentwicklung in diesem Bereich abzuwarten. Der freie Fassweinmarkt hat in den vergangenen Jahren allerdings an Bedeutung verloren, da sowohl Kellereien als auch Weingüter zunehmend ihren Zukauf vor der Ernte bzw. langfristig durch Verträge mit Trauben- und Fassweinproduzenten sichern.

Der Markt im Inland hat sich für Moselweine im Jahr 2015 stabil bis leicht positiv entwickelt. In den ersten drei Quartalen des Jahres betrug der Marktanteil der Mosel am gesamten deutschen Weinmarkt wie im Vorjahr 6 Prozent in der Menge und 7 Prozent im Wert. Im Lebensmitteleinzelhandel inklusive Discounter gewann die Mosel wieder leicht an Marktanteilen hinzu, von 5 Prozent im ersten Halbjahr 2014 auf 6 Prozent im ersten Halbjahr 2015. Dieser Zuwachs im LEH ging mit einem leichten Rückgang des Durchschnittspreises einher. Im Direktbezug – dem Verkauf an Verbraucher, Fachhandel und Gastronomie ab Hof – stieg der Durchschnittspreis der Moselweine dagegen von 5,30 Euro im ersten Halbjahr 2014 auf 5,86 Euro im ersten Halbjahr 2015.

Im Export stand im ersten Halbjahr ein Rückgang in der Menge einem leicht gestiegenen Wert der ausgeführten Moselweine entgegen. Allerdings fiel der Mengenrückgang wesentlich geringer aus als im Vorjahr, als Wert und Menge aufgrund kleiner Ernten um mehr als 10 Prozent zurückgegangen waren. Auch im Export macht sich die größere Erntemenge des Jahres 2014 bemerkbar. Von Januar bis Juni 2015 wurden nach Angaben des Verbandes Deutscher Weinexporteure 101.698 Hektoliter Moselwein im Wert von 41,75 Millionen Euro ausgeführt. Das waren 6,2 Prozent weniger als von Januar bis Juni 2014. Der durchschnittliche Wert der Exportweine stieg in diesem Zeitraum auf 4,11 Euro je Liter. 2014 lag der Durchschnittswert im ersten Halbjahr bei 3,83 Euro je Liter.

Die Märkte außerhalb der Europäischen Union sind für die Exporteure der Mosel besonders wichtig. Während der Durchschnittspreis bei Ausfuhren in EU-Staaten von Januar bis Juni 2015 bei 2,61 Euro je Liter (2014: 2,67 Euro) lag, verzeichnete der VDW für Exporte in so genannte Drittländer mit
4,53 Euro je Liter (2014: 4,28 Euro) einen wesentlich höheren Wert. Mehr als drei Viertel – 77,8 Prozent – aller exportierten Moselweine gehen in Drittstaaten, nur 22,2 Prozent in die EU-Nachbarländer. Wichtigster Exportmarkt für Moselweine ist nach wie vor Nordamerika. Mehr als die Hälfte des Weinexports von Mosel, Saar und Ruwer geht in die Vereinigten Staaten (52.208 Hektoliter von Januar bis Juni 2015). Kanada steht auf Platz 3 der Exportstatistik, rund 7.564 Hektoliter wurden bis Ende Juni dorthin geliefert. Nachdem in den vergangenen Jahren teils empfindliche Rückgänge der Ausfuhren nach Nordamerika verkraftet werden mussten, stiegen die Exporte über den großen Teich in der ersten Jahreshälfte 2015 wieder deutlich an: in die USA um
15,6 Prozent im Wert und 5,6 Prozent in der Menge, nach Kanada um 3,7 bzw. 3,4 Prozent.

Norwegen importierte fast gleich viel wie Kanada, rund 7.189 Hektoliter, steht aber im Wert noch vor Kanada auf Platz 2 der Mosel-Ausfuhren. In der Statistik folgen Japan, die Niederlande und Großbritannien.

China und Hongkong schieben sich in der Mosel-Statistik weiter nach vorne und überholten im ersten Halbjahr Schweden. Nach China ging im ersten Halbjahr zwar nur wenig mehr Menge (1.735 Hektoliter, plus 0,9 Prozent), aber der Durchschnittspreis stieg aber um 20 Prozent an. Im ersten Halbjahr 2015 zahlten chinesische Importeure mit 6,20 Euro je Liter Moselwein einen Euro mehr als 2014 (5,21 Euro). In die chinesischen Satelliten Hongkong und Macau gehen die teuersten Exportweine von der Mosel: Während die Importeure in Hongkong im ersten Halbjahr 2015 durchschnittlich 11,01 Euro für einen Liter zahlten, waren es in der ehemaligen portugiesischen Kolonie Macau fast 600 Euro je Liter. Das entspricht rund 750 Euro für eine 0,75-Liter-Flasche. Macau ist ein wichtiger Markt für edelsüße Raritäten. Teils sehr starke Exportsteigerungen gab es nach Frankreich, Finnland, Österreich, Polen, Tschechien und Slowakei sowie Indien und Brasilien.

Weine von Mosel, Saar und Ruwer werden in mehr als 80 Länder in aller Welt exportiert, von den Faröer-Inseln über Italien bis nach Peru und Neuseeland. Rund ein Drittel der jährlichen Produktionsmenge gehen in den Export. Hinzu kommen die „Kofferraum-Ausfuhren“ von Hunderttausenden ausländischen Gästen, die an der Mosel Urlaub machen.

Dank des auch 2015 wieder gewachsenen Tourismus in Deutschlands älteste Weinregion hat der Weinverkauf ab Winzerhof und Vinothek an Mosel, Saar und Ruwer eine sehr hohe Bedeutung. Neue Weinevents wie Mythos Mosel (11./12. Juni 2016) und SaarRieslingSommer (27./28. August 2016) sowie der Fernwanderweg Moselsteig sorgten in jüngster Vergangenheit für steigende Attraktivität des Mosellandes bei Weinfreunden und Wanderern. Die Ferienregion Mosel-Saar ist die stärkste Tourismusdestination im Land Rheinland-Pfalz und laut Weintourismus-Studie des Deutschen Weininstitutes das bekannteste Weinreiseziel in Deutschland.

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