Geflüchtetenhilfe: 17 junge Freiwillige – darunter 14 Flüchtlinge – beginnen Dienst

Gruppenbild mit Thomas Kupczik (Zweiter von rechts) und Projektleiter Christoph Horteux (Vierter von rechts): Für diese Freiwilligen startet bald der Soziale Lerndienst im Bistum Trier

Trier – Man merkt es ihm nicht an, aber Mohammad Al Nahhas ist „sehr aufgeregt“, denn „das ist alles neu für mich“. Gleichwohl freut der junge Mann sich auf seinen Sozialen Lerndienst im „Grünen Haus“ in Völklingen. Im Schülerzentrum des Bistums Trier mit dem Schwerpunkt „außerschulische Jugendarbeit“ will er „Kindern helfen und den Kontakt mit Deutschen verbessern“. Al Nahhas hat sich aus dem Krieg in Damaskus (Syrien) nach Deutschland gerettet und ist einer von 14 Flüchtlingen und insgesamt 17 Freiwilligen, die im Rahmen des Projekts „Integration und Teilhabe – Freiwilligendienste in der Geflüchtetenhilfe“ einen Sozialen Lerndienst im Bistum Trier beginnen.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie der Flüchtlingshilfe im Bistum Trier „willkommens-netz.de“ gefördert und läuft bis Dezember 2020. Es basiert auf zwei Säulen: Geflüchtete engagieren sich als Freiwillige in Einsatzstellen wie Schulen, Kindertagesstätten oder in der Geflüchtetenhilfe – deutsche Freiwillige wiederum arbeiten in der Geflüchtetenhilfe, sie helfen in Begegnungscafés, Behörden, Unterkünften und Beratungseinrichtungen.

Ansprechpartner und Projektleiter ist Christoph Horteux von den Sozialen Lerndiensten im Bistum Trier. Aus seiner Sicht ist es für viele Flüchtlinge „der nächste Schritt, den theoretischen Klassenraum zu verlassen, die Deutschkenntnisse zu verbessern und irgendwo den Fuß reinzubekommen“. Horteux sagt: „Die Freiwilligen nutzen die Chance, etwas Sinnvolles zu tun. Die Flüchtlinge wollen etwas zurückgeben; jetzt wollen sie sich für andere einsetzen.“ Und manchmal ist es einfach die Tatsache, „ein sozialer Mensch“ zu sein, wie Dounya Boudjema erzählt. Ihre Wurzeln liegen in Algerien, sie ist in Bad Kreuznach aufgewachsen. Dort hilft sie nun im Dekanat im Bereich Seelsorge und in der Katholischen Erwachsenenbildung. Der Dienst ist ihr wichtig, „damit ich für die Zukunft schaue, ob ich etwas im sozialen Bereich machen werde“.

Am Beginn ihres Dienstes steht die Aussendung, unter dem Motto „Ein Segen sollst du sein!“ Beim Wortgottesdienst Ende September in Trier sagt Thomas Kupczik, Pastoralreferent im Dekanat Trier: „Die Wege verlassen, neu beginnen – davor stehen Sie. Und da ist es gut, sich Gottes Beistand zu vergewissern. Hier sind heute Christen und Moslems versammelt. Wir wollen Ihnen Gastfreundschaft gewähren, das ist uns wichtig.“ Gemeinsam werden Lieder gesungen mit einer verbindenden Botschaft: dem Wunsch nach Frieden. Kupczik liest die Erste Sure des Koran, arabisch al-Fatiha („die Eröffnende“), auf Deutsch, Moayyad Alshamali auf Arabisch. Der Syrer wird seinen Freiwilligendienst in der Verwaltung des Krankenhauses „Marienhaus St. Josef Kohlhof“ in Neunkirchen leisten.

„Ihr bisheriger Weg war nicht freiwillig. War geprägt von Krieg, Verzweiflung, Trauer, Not“, sagt der Pastoralreferent in seiner Predigt. Nun stünden die Flüchtlinge in ihren Diensten vor neuen Herausforderungen: im Altersheim, wenn jemand stirbt; im Krankenhaus, wo es schweres Leid gibt. Wie geht man damit um? Kupczik: „Bei den Armen, Kranken, Ausgegrenzten, Geflüchteten – da ist Gott gegenwärtig.“ Gott könne manches zum Guten führen, „wo wir es kaum noch glauben können“.

Doch wohin wird der neue Weg führen? Ob Mohammad Al Nahhas, der in Syrien Innenarchitektur studiert hat, seine Kenntnisse in Deutschland nutzen kann? „Ich weiß es nicht. Ich will auf jeden Fall weiter lernen und vielleicht nochmals ein Studium angehen.“ Weam Alsheikh geht es ähnlich. Die 25-Jährige war in Syrien Französisch-Lehrerin für blinde Menschen. Dann musste sie fliehen und ist nun ganz alleine hier in Deutschland. Ihren Freiwilligendienst leistet sie in einem Wohnheim in der Trierer Schützenstraße, einer Einrichtung der Lebenshilfe Trier für Menschen mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung. Darauf freut sie sich sehr, denn „behinderte Menschen sind sehr ehrlich. Das gefällt mir. Meine blinden Schüler in Syrien haben mich mit ihren Herzen betrachtet“. Positiv will sie in die Zukunft schauen: „Ich will alles lernen, die deutsche Kultur, die Sprache. Ich habe jetzt eine neue Chance und ein neues Leben.“

 

Weitere Informationen gibt es unter www.soziale-lerndienste.de im Internet.

 

 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen