DEHOGA-Präsident kontert Malu Dreyer: “Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen – manche Landesbedienstete unterliegen unstreitig sehr schwierigen und zum Teil unfairen Arbeitsbedingungen” so die Reaktion von Gereon Haumann auf gleich lautende Vorwürfe der Ministerpräsidentin gegenüber dem Gastgewerbe

Gereon Haumann
Gereon Haumann

Bad Kreuznach. Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Rheinland-Pfalz, Gereon Haumann, reagiert verärgert auf die Vorwürfe von Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Ihrer Rede anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Gewerkschaft NGG in Koblenz. Damit werden die erfolgreichen gemeinsamen Anstrengungen des DEHOGA mit der NGG für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen  im Gastgewerbe entweder “wissentlich mit Füßen getreten” oder “fahrlässig missachtet”. 

So habe der DEHOGA Rheinland-Pfalz als Arbeitgeberverband und Tarifpartner des Gastgewerbes bereits in den Jahren 2010/2011 mit der Gewerkschaft NGG als Arbeitnehmervertretung einen neuen Mantel- und Entgelttarifvertrag für die Branche verhandelt und umgesetzt. Im Entgelttarifvertrag sei darin auch bereits im Sommer 2011 ein Einstiegslohn für ungelernte Hilfskräfte (ab dem 3. Beschäftigungsjahr) in Höhe von 8,50 Euro ab 01. Januar 2014, also ein Jahr vor der Einführung des MinLoG fest geschrieben worden.

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“Die Ausbildungsvergütungen wurden in dieser Zeit je nach Ausbildungsjahr zwischen 24 und 42 % erhöht, ohne dass es eine Forderung der Verhandlungsführer der Gewerkschaft NGG gewesen sei”, so Haumann.

Des Weiteren habe man im Dezember des vergangenen Jahres im Beisein der rheinland-pfälzischen Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler in deren Ministerium das gemeinsame Sozialpartner-Projekt von NGG und DEHOGA “Guter Gastgeber – Guter Arbeitgeber” als bundesweites Pilot-Projekt vorbildlich gelebter Sozialpartnerschaften an den Start gebracht. Das Projekt werde sowohl vom Bundesarbeitsministerium der Andrea Nahles als auch vom Arbeitsministerium Rheinland-Pfalz gefördert. Auch hier ist die treibende Kraft nicht die NGG-Gewerkschaft, sondern der DEHOGA Rheinland-Pfalz gewesen.  Die Betriebe des rheinland-pfälzischen Gastgewerbes sind bei der ‘Initiative ServiceQualität Deutschland’ führend. Kein anderes Bundesland hat derart viele zertifizierte Betriebe der Stufe eins der ServiceQualität, deren Ziel eine ständige Qualitätsverbesserung unter dem Gleichklang von Gäste-, Mitarbeiter- und Gastgeber-Zufriedenheit sei.

“Alles dies sollte die Ministerpräsidentin eigentlich wissen und daher gefährde sie ohne jede Not mit Ihren populistischen Äußerungen auf einer Jubiläumsveranstaltung der NGG das gute Miteinander der Sozialpartnerschaften. Wenngleich es schon bemerkenswert ist, dass der DEHOGA keine Einladung zu dieser Veranstaltung erhalten hat, obwohl die Vertreter der NGG auf unseren Einladungslisten regelmäßig zu finden sind.”

Zum inhaltlichen Vorwurf der Ministerpräsidentin von “sehr schwierigen und zum Teil unfairen Arbeitsbedingungen … ” merkt Präsident Haumann an, “dass man nicht mit Steinen werfen solle, wenn man selber im Glashaus sitze”. Oder wie bewerte es die Ministerpräsidentin, dass Rheinland-pfälzische Lehrkräfte immer wieder ‘Ketten-Beschäftigungsverhältnisse’ angeboten werden oder wie bewertet die Ministerpräsidentin ‘horrende Überstunden-Ansammlungen’ von Landesbediensteten?” Es sei allgemein bekannt, dass bei der Rheinland-pfälzischen Polizei mehr als 1,5 Millionen Überstunden aufgelaufen seien.

“Dies sind wahrlich sehr schwierige und unfaire Arbeitsbedingungen. Und zwar anders als im Gastgewerbe hausgemacht; besser gesagt ‘haushaltsgemacht’!” Denn ohne das Millionengrab Nürburgring könnten die Landesbediensteten ebenso fair von Ihrer Arbeitgeberin behandelt und bezahlt werden, wie die vielen tausend kleinen Gastgeber nicht unter ständig steigenden Restriktionen und unter rückläufigen Förderprogrammen leiden müssten.”

Das Gastgewerbe sichert mit mehr als 15.000 meist familiengeführten Betrieben eine flächendeckende Versorgung von Gästen und Bevölkerung in Rheinland-Pfalz. Jede vierte bis fünfte rheinland-pfälzische Familie bezieht ein Einkommen aus dem Tourismus; mit 190.000 Arbeitsplätzen und 7,6 Mrd. Euro Jahresumsatz stellt die Branche ein starkes Stück Wirtschaft in Rheinland-Pfalz dar. Die gastgewerblichen Betriebe stehen vor enormen Herausforderungen und haben eine höhere Wertschätzung der Ministerpräsidentin verdient! “Ich fordere die Ministerpräsidentin auf, zurück zur Sachlichkeit zu kommen! Pauschale Verdächtigungen ganzer Branchen helfen da ebenso wenig wie Misstrauen gegenüber allen Arbeitgebern zu schüren. Helfen würden aber konkrete Gesetzesänderungen beispielsweise der Arbeitszeitverordnung von 1994, die längst nicht mehr den Lebenswirklichkeiten unserer Dienstleistungsgesellschaft entspricht. Oder die Umsetzung des Landesgaststättengesetzes, in dem ein vom DEHOGA Rheinland-Pfalz geforderter ‘Befähigungsnachweis’ verhindern könnte, dass sich jeder im Gastgewerbe selbstständig machen darf und dadurch immer wieder schwarze Schafe den Ruf einer ganzen rechtschaffenen Branche in Verruf bringen. Und auch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen, der der DEHOGA Rheinland-Pfalz offen gegenüber stehe. Alles dies sei Ministerpräsidentin Malu Dreyer ebenso bekannt wie Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und könne von beiden längst umgesetzt sein.”

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