Landkreise fordern höhere Zuweisungen aus dem Landeshaushalt – keine Schuldenbremse zu Lasten der kommunalen Haushalte – Investitionsfähigkeit wiederherstellen –

ritter_titel_47_14Rheinland-Pfalz. Der Vorsitzende des Landkreistages Rheinland-Pfalz, Landrat Hans Jörg Duppré, Landkreis Südwestpfalz, hat anlässlich der 69. Hauptversammlung des kommunalen Spitzenverbandes der 24 rheinland-pfälzischen Landkreise und des Bezirksverbandes Pfalz am 13.11.2014 im Westerwaldkreis auf die nach wie vor äußerst bedenkliche Finanzsituation der meisten Kreise hingewiesen. Während die Kommunen in den anderen Bundesländern zunehmend ihre Haushalte ausgleichen könnten, hätten sich in Rheinland-Pfalz nach 24 Jahren mit einem negativen Finanzierungssaldo inzwischen Kassenkredite in Höhe von rd. 6,4 Mrd. Euro aufgetürmt. Bei den Kreisen (insgesamt rund 1,5 Mrd. Euro) beliefen sie sich einwohnerbezogen auf fast das 4-fache des Bundesdurchschnitts.

Duppré: Kreisen fehlen jährlich rund 160 Mio. Euro
Über den Kommunalen Entschuldungsfonds seien landesweit zwar in den beiden vergangenen Jahren 378 Mio. Euro an Altschulden getilgt worden. Gleichzeitig seien allerdings bei Kreisen, Städten und Gemeinden in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 829 Mio. Euro neue Kassenkredite aufgelaufen. Duppré: „Die weitere ungebremste Zunahme der Liquiditätskredite bestätigt unsere Auffassung, dass es allein mit dem Entschuldungsfonds und den vom Land ab 2014 zusätzlich für die Kommunen bereitgestellten 50 Mio. Euro bei Weitem nicht gelingen kann, die strukturellen Defizite in den kommunalen Haushalten von jährlich 500 Mio. Euro, davon 160 Mio. Euro in den Kreishaushalten, in den Griff zu bekommen.“

Nach wie vor seien es die steigenden Belastungen aus der Sozial- und Jugendhilfe (Anstieg im Zehn-Jahreszeitraum: 74 %), die sämtliche Mehreinnahmen in den Kreishaushalten deutlich überkompensieren. Der Bund habe zwar mit der Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbslosigkeit einen ersten Beitrag zu den kommunalen Haushalten geleistet, schiebe allerdings die darüber hinaus angekündigte Entlastung in Höhe von insgesamt 5 Mrd. Euro auf die lange Bank. „Zurzeit müssen wir davon ausgehen, dass diese Entlastung nicht vor dem Jahr 2018 eintreten wird.

Es steht außer Zweifel, dass dies für die kommunalen Träger der Sozial- und Jugendhilfe völlig inakzeptabel ist“, so Duppré. „Aus Sicht des Landkreistages Rheinland-Pfalz besteht auch für den Bund dringender Handlungsbedarf; außerdem muss ein Weg gefunden werden, dass die Bundesentlastung auch vollständig auf der Kreisstufe ankommt.“

Land ignoriert Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes
Im Blick auf den Kommunalen Finanzausgleich moniere der Landkreistag, dass der Landesgesetzgeber bei seiner Entscheidung, dem Finanzausgleich ab 01.01.2014 lediglich 50 Mio. Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen, die quantitativen Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz (VGH) aus dem richtungsweisenden Urteil vom 14.02.2012 nahezu komplett ignoriert hat. Jedenfalls orientiere sich dieser Betrag – anders als vom VGH gefordert – keineswegs an der derzeitigen Unterdeckung der Kommunen im Sozialbereich im Volumen von insgesamt 2,3 Mrd. Euro.

Landkreistag fordert Drittelfinanzierung bei Kita-Investitionen und höheren Betriebskostenanteil des Landes
Gänzlich inakzeptabel seien auch die völlig unzureichenden Finanzierungsbeiträge des Landes für den Kita-Ausbau, nicht nur in Bezug auf die Investitionskosten, wo der Landesanteil bislang bei nur 6,5 % liege. Die Landkreise seien als Träger der Jugendämter ebenfalls mit enormen Beträgen in Vorlage getreten, um zügig die von Bund und Ländern versprochene U3-Versorgungsquote sicherzustellen. Statt seinen Anteil an den Investitions- und Betriebskosten deutlich zu erhöhen, entnehme das Land mit dem Doppelhaushalt 2014/2015 insgesamt 640 Mio. Euro dem Kommunalen Finanzausgleich, um seinen eigenen Personalkostenanteil zu refinanzieren. Duppré: „Das Land betreibt mit diesem kommunal-unfreundlichen Eingriff in den KFA eindeutig Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Kommunen. Wir fordern das Land auf, diese Praxis abzustellen und Einsparungen im eigenen Bereich vorzunehmen.“

Reform des Kommunalen Finanzausgleichs muss dringend nachgebessert werden
Für die Kreishalte 2014/2015 zeichne sich konkret ab, dass erneut drei Viertel der Kreishaushalte strukturelle Defizite aufweisen. Der Landkreistag wiederhole daher seine Forderung an das Land, die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs schnellstmöglich und wirklich spürbar nachzubessern. Duppré: „Es kann nicht angehen, dass das Land seiner finanziellen Verantwortung gegenüber den Kommunen mit Hinweis auf die Schuldenbremse nicht nachkommt, Kostenerstattungen gegenüber den Kommunen kürzt, höhere Standards vorschreibt und dann auf den Bund verweist. Die Vorgaben des VGH werden damit auf den Kopf gestellt.“

Rückgang der Investitionen schadet kommunaler Infrastruktur
Mit Sorge, so Duppré, verfolge er auch den weiteren Rückgang der Investitionen von Kreisen, Städten und Gemeinden in die kommunale Infrastruktur. Immer weniger Landkreise seien haushaltsrechtlich in der Lage, Eigenmittel für Investitionen durch Kredite zu ersetzen. Inzwischen gehe auch das Land zunehmend dazu über, unabweisbare Investitionen der Kommunen im Bereich von Schulen und Kindergärten mit einer völlig ungewissen Förderzusage zu belegen. Ob, wie und wann seitens des Landes zugesagte Fördermittel tatsächlich die kommunalen Einrichtungsträger erreichen, bleibe zunehmend im Ungewissen. Duppré befürchtet, dass dadurch dringende Investitionen gerade in jenen
Regionen ausbleiben, die sich im Blick auf den fortschreitenden Strukturwandel und die Folgen des demografischen Wandels behaupten müssen. Die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in allen Landesteilen dürfe nicht weiter zulasten des Landkreisbereichs verschoben werden.

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