Begegnung mit einem Kardinal – später Papst Benedikt XVI.

Ein unvergessliches Erlebnis – Erinnerungen und Gedanken zum 90. Geburtstag des emeritierten Papstes

Hans-Peter Meyer mit signierten Bücher von Kardinal Ratzinger

Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. am 28. Februar 2013  veranlasste mich, das folgende Erlebnis  aufzuschreiben. Aus Anlass des 90. Geburtstages des emeritierten Papstes am diesjährigen Ostersonntag möchte ich nach aktueller Überarbeitung des Textes die Leser nochmals an dieser unvergesslichen Begegnung teilhaben lassen.

1. Kardinal Josef Ratzinger in der Abtei Mariawald am 15. September 1991

Mehr oder weniger einem Zufall verdanke ich eine unvergessliche Begegnung mit dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger  Mitte September 1991 konnte ich durch einen Hinweis eines mir bekannten Salesianer-Paters in Erfahrung bringen, dass am 15. September 1991 im Trappistenkloster in Mariawald  in der von Nähe von Heimbach am Rursee in der Eifel eine Priesterweihe stattfinde, die Weihehandlung würde vorgenommen durch Joseph Kardinal Ratzinger. Das weckte neugieriges  Interesse in mir, hatte ich als kritischer Katholik viel Kritisches gehört und gelesen  über den Kardinal. Von der Papstwahl war Joseph Kardinal Ratzinger im September 1991 noch ziemlich weit entfernt. Ein bekannter Kirchenmann war er damals allemal, hatte im Vatikan das Amt des Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre inne und war damit einer der ranghöchsten Würdenträger der katholischen Kirche, wachte als  oberster Glaubenswächter der Katholischen Kirche sozusagen  ganz streng über die Einhaltung der kirchlichen Dogmen.

Klosterkirche in der Abtei Mariawald

Da die Abtei Mariawald mir als gebürtigen Eifeler durch einige Besuche in den Jahren zuvor bekannt und vertraut  war, machte ich mich am 15. September 1991 auf den Weg dorthin, ohne zu wissen was mich dort erwarten würde, außer das der Trappistenorden als „strenge Gemeinschaft“ mit kontemplativen Leben in strenger Klausur gilt und diese Abtei der einzige männliche Orden  dieser Art in Deutschland war. Dort konnte ich auf Nachfrage erfahren, dass seit Jahren wieder ein junger Trappist zum Priester geweiht wurde. Es handelte sich um Frater M. Robert Hirtz, der mir persönlich nicht bekannt war.

Das Kardinal Ratzinger in Mariawald die Priesterweihe an Frater Robert Hirtz spenden würde, war in den Wochen zuvor  im Kloster mehr oder weniger ein streng gehütetes Geheimnis. Einen starken Menschenandrang um die Abtei fürchteten der seinerzeitige Abt Meinrad Behren und die Trappistenmönche für den Fall, dass die Anwesenheit des berühmten Kardinals bekannt würde.

So war die relativ kleine Klosterkirche zwar bis auf den letzten Platz besetzt, Einlass hatten neben den zahlreichen Würdenträgern nur die Familienangehörigen des Geweihten und handverlesene geladene Gäste gefunden. So fand ich einen „Stehplatz“ im Eingang der Klosterkirche, so dass ich  trotzdem  mit Interesse Anteil nehmen konnte  an den Geschehnissen der  Weihehandlung. Zwei Diakone aus Nachbarpfarreien von Mariawald, die wenige Wochen später in Aachen selbst zu Priestern geweiht wurden, standen Ratzinger in der Klosterkirche als Konzelebranten zur Seite. Durch schlichtes Auflegen der Hände auf das Haupt des Weihekandidaten gab der Kardinal das Priesteramt an den Trappisten-Frater. „Der Priester soll ein Segnender sein, der die Leiden in der Welt versteht und sie in Liebe wandelt“, sagte Ratzinger im Herbst 1991 in Mariawald.

Kurz vor seiner Abreise nutzte ich in  einem günstigen Moment die Gelegenheit, dem Kardinal Anerkennung für seine Predigt während der Weihehandlung auszusprechen. Er bedankte sich ganz kurz in seiner ihm bescheidenen Art und verließ die Abtei Mariawald in Richtung Steinfeld.

Wie kam es zur Priesterweihe des Mönchs durch Kardinal Ratzinger?

Wie ich später recherchieren konnte,  hielt sich der spätere  Papst zu dieser Zeit einmal im Jahr, jeweils einige Tage unter anderem  in der Eifel auf, um sich mit ehemaligen Doktoranden und Theologiewissenschaftlern zu treffen, die sich bei ihm habilitiert hatten. Der Kardinal, der die Eifel kannte, traf sich mit seinen ehemaligen Seminaristen in Steinfeld, wie alljährlich zu mehrtägigen Aufenthalten mit seinem ehemaligen Schülerkreis in einem Bildungshaus.

In Steinfeld stand das Treffen unter dem Thema: “Die Auslegung der heiligen Schrift”. Die ehemaligen Schüler kannte der heutige Papst aus seiner Lehrtätigkeit in Freising, Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg, einige auch aus seiner Amtszeit als Erzbischof von München und als Kardinal. Von den 50 Schülern, die zum engeren Kreis gehörten, fanden sich 35 in Steinfeld ein, fast zwei Drittel bestanden aus Professoren, die übrigen hatten bei ihm promoviert.

Die Priesterweihe von Frater Robert Hirtz sollte ursprünglich durch den damaligen Apostolischen Nuntius der katholischen Kirche in Deutschland,  Erzbischof Lajos Kadar,  erfolgen. Dieser war jedoch verhindert. Die Mönche, insbesondere der Weihekandidat, der Kardinal Ratzinger übrigens aus seiner Studienzeit in Regensburg kannte, wandten sich an den Vatikan und fragten an, ob die Priesterweihe durch Kardinal Ratzinger erfolgen könne, von dem man wusste, dass er zu dieser Zeit ins benachbarte Salvatorianer-Kloster in Steinfeld kommen würde.

Der Vatikan und Kardinal Ratzinger waren einverstanden, so dass – trotz eines minutiös geplanten Programms in Steinfeld – Zeit blieb, um die Priesterweihe in Mariawald zu feiern. Auf diese Weise kam es zu einem unvergesslichen Erlebnis, das auch in der  Eifel als ein außergewöhnliches kirchliches Ereignis in bester Erinnerung ist.

In Erinnerung an dieses Erlebnis habe ich später einen Brief an Kardinal Joseph Ratzinger nach Rom geschrieben. Infolge dieser Korrespondenz  zwischen 1996- 2003 schenkte er mir drei  seiner Bücher mit persönlicher Widmung, die in meinem Bücherschrank einen besonderen Platz gefunden haben.

Bei seiner Wahl zum Pontifex maximus am 19. April 2005 als 265. Oberhirte auf dem Stuhl Petri  wollte ich diese Geschichte aufschreiben, habe es aber immer wieder verschoben, aber jetzt wo Papst Benedikt XVI. sich als Oberhaupt der 1,196 Milliarden  Katholiken weltweit in historischer Weise verabschiedet, wollte ich die Leser an  diesem unvergesslichen  Erlebnis teilhaben lassen.

Die  Rücktrittserklärung von Papst Benedikt XVI nochmal im Wortlaut:

„Liebe Mitbrüder! Ich habe euch zu diesem Konsistorium nicht nur wegen drei Heiligsprechungen zusammengerufen, sondern auch, um euch eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen. Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen.

Im Bewusstsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so dass ab dem 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muss.

Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus, anempfehlen. Und bitten wir seine heilige Mutter Maria, damit sie den Kardinälen bei der Wahl des neuen Papstes mit ihrer mütterlichen Güte beistehe. Was mich selbst betrifft, so möchte ich auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen.“

Papst Benedikt lebt  nach seiner Emeritierung heute zurückgezogen  im Vatikan hinter Klostermauern im Kloster Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten. An seinem 90. Geburtstag hat er eine Abordnung von Menschen aus seiner bayerischen Heimat mit Ministerpräsident Horst Seehofer an der Spitze empfangen und natürlich hat auch sein Nachfolger Papst Franziskus in brüderlicher Verbundenheit gratuliert. Dabei an seinem Ehrentag war auch sein drei Jahre älterer Bruder Georg (93), der als katholischer Priester und Kirchenmusiker früher als Domkapellmeister die  Regensburger Domspatzen dirigiert hat..

Der Rücktritt  von Benedikt XVI. am 28. Februar 2013 kam einem Jahrtausend-Ereignis gleich und auch seine sehr menschlich-verständliche Rücktrittserklärung wurden seinerzeit mit hohem Respekt in aller Welt aufgenommen.

Happy Birthday und Gottes Segen zum 90. Geburtstag, Papst Benedikt… 

Text und Fotos – Autor: © Hans-Peter Meyer

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