Alle jagen Porsche bei der Le-Mans-Revanche auf dem Nürburgring

Nürburgring. Die große Revanche für die 24 Stunden von Le Mans steigt am kommenden Wochenende auf dem Nürburgring: Die FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) startet vom 22. bis 24. Juli auf dem Traditionskurs in der Eifel zum vierten Saisonrennen. Alle Vorzeichen lassen auf spannungsgeladenen Motorsport der hypermodernen Prototypen und GT-Sportwagen schließen.

Porsche steht unter Druck

Weltmeister Porsche steht unter Druck. Der Vorjahressieger vom Nürburgring konnte die legendären 24 Stunden von Le Mans, dem dritten WEC-Lauf, zwar gewinnen, doch Porsche profitierte dabei vor allem vom unglaublichen Pech von Toyota, die bis drei Minuten vor Rennende wie die sicheren Sieger aussahen. Dann folgte ein unfassbares Drama, als der Toyota TS050 Hybrid in der allerletzten Runde in Führung liegend ausschied. Und weil das in Köln ansässige Werksteam auch schon beim vorangegangenen Lauf im belgischen Spa-Francorchamps ein ähnliches Schicksal widerfuhr, blasen die Japaner am „Ring“ zur Attacke.

Audi als dritter Hersteller in der Königsklasse LMP1 hat 2016 bereits einen Lauf gewonnen und sich am Nürburgring unbedingt nachlegen. „Wenn die bisherigen Saisonläufe ein Maßstab sind, dann darf sich das Publikum am Nürburgring nun auf einen noch spannenderen Wettbewerb als vor einem Jahr freuen“, sagt Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich. Für Audi, Porsche und Toyota sowie für das GT-Werksteam von Ford ist es das Heimspiel, und alle vier Automobil-Hersteller wollen vor heimischer Kulisse – 2015 kamen 62.000 Zuschauer zur WEC – besonders glänzen.

Insgesamt sind 33 Boliden in vier Klassen am Sonntag um 13.00 Uhr am Start, und das sorgt für fesselnde Positionskämpfe und atemberaubende Überholmanöver über die gesamte Renndauer von sechs Stunden. „Ich genieße es immer, am Nürburgring zu fahren. Die Strecke hat Tradition und Charakter, ihre Steigungen und Gefälle sind eine schöne Herausforderung“, so Porsche-Werksfahrer und Ex-Formel-1-Pilot Mark Webber (AUS).

Spektakuläre Rahmenrennen

Die Besucher erwartet nicht nur motorsportlich ein aufregendes Wochenende mit der Langstrecken-WM sowie den Rahmenrennen im Porsche Super Sports Cup und den Tourenwagen-Classics. Zahlreiche Details – etwa die Pitwalks am Samstag (12:15 Uhr) und Sonntag (um 9:00 Uhr), eine Autogrammstunde (Sonntag ab 10:00 Uhr), die freie Platzwahl auf allen geöffneten Tribünen, der im Ticket bereits enthaltene Fahrerlagereintritt, zahlreiche Fan-Angebote im ring°boulevard, WEC-Party im Eifel-Stadl – machen die „6 Hours of Nürburgring“ zum perfekten Ziel für einen Kurzurlaub in den Sommerferien. Dafür sorgt nicht nur die günstige Wettervorhersage, die ein sonnig-warmes Wochenende prognostiziert, sondern auch die Eintrittspreise: Karten gibt es an den Tageskassen ab zehn Euro (Tageskarte Freitag). Das Wochenendticket kostet 45 Euro für Erwachsene. Jugendliche von 13 bis 17 Jahren zahlen nur die Hälfte, Kinder bis zwölf Jahre haben freien Eintritt. Alle Informationen zum umfangreichen Besucher-Service und zum faszinierenden Motorsport-Angebot gibt es unter www.nuerburgring.de.

Spannender Kampf um die Meisterschaft

Als Tabellenführer kommen Marc Lieb (GER), Neel Jani (SUI) und Romain Dumas (FRA) zum „Ring“. Nach zwei Siegen mit dem Porsche 919 Hybrid #2 in Silverstone und Le Mans haben sie sich einen deutlichen Vorsprung erarbeitet. Doch von einem entspannten Durchmarsch ist keine Spur. „Die bisherigen WEC-Läufe waren allesamt sehr spannend“, beschreibt Marc Lieb. „Unser Auto haben wir über den Winter verbessert – aber auch Audi und vor allem Toyota haben in diesem Jahr schon gezeigt, wie schnell sie sind. Nun kommen für den Nürburgring bei allen Topteams Weiterentwicklungen in Form neuer Aerodynamikpakete. Da wird es richtig zur Sache gehen, denn alle liegen ziemlich auf dem gleichen Niveau. Kleinigkeiten werden entscheiden.“

Sowohl beim Saisonauftakt in Silverstone als auch bei der zweiten WEC-Runde in Spa konnten Loic Duval (FRA), Lucas Di Grassi (BRA) und Oliver Jarvis (GBR) im Audi R18 #8 mit Siegen glänzen. Doch der Triumph beim britischen Lauf wurde ihnen aberkannt, und in Le Mans blieb nur der dritte Platz: Fast 40 Punkte Rückstand bedeuten, dass das Trio auf dem Nürburgring alles daran setzen muss, Boden gut zu machen.

wec_29_16
Bei der WEC auf dem Nürburgring wollen Audi und Toyota den Porsche-Sieg vereiteln Foto: Nürburgring

Zumal ihnen der bestplatzierte Toyota mit nur einem Punkt Abstand folgt: Stéphane Sarrazin (FRA), Mike Conway (GBR) und Kamui Kobayashi (JPN) retteten die Ehre des Kölner Teams in Le Mans, als sie den Toyota TS050 Hybrid #6 auf Platz zwei ins Ziel brachten. Doch das war ein schwacher Trost für das monumentale Scheitern des großen Toyota-Coups, als der zweite TS050 zu Beginn der letzten Runde ausschied. „Le Mans tut immer noch weh“, sagt Pilot Sébastien Buemi (SUI), frischgebackener Formel-E-Champion. „Aber so ist Motorsport, solche Vorfälle muss man akzeptieren.“ Für den Nürburgring gibt es nun nur eine Devise: den Angriff. Und dabei stehen dem Schweizer und seinen Teamkollegen Anthony Davidson (GBR) und Kazuki Nakajima (JPN) nochmal bessere Waffen zur Verfügung. „Unser Auto ist im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich besser geworden“, beschreibt Buemi. „Das neue Aerodynamikpaket bringt uns mehr Abtrieb und macht uns auf dem Nürburgring vermutlich noch schneller.“

Die drei Hersteller Audi, Porsche und Toyota sind beim Kampf um die Spitze darüber hinaus nicht alleine. Starke Privatteams mischen kräftig mit und stehen bereit, wenn sich die übermächtigen Hightech-Renner einen Patzer erlauben. Bereits zwei Mal eroberte einer der beiden R-One–AER des Schweizer Rebellion-Teams einen Podiumsplatz. Die Mannschaft, in der unter anderem der Mönchengladbacher Nick Heidfeld fährt, ist dabei nicht alleine. Gerade am Nürburgring werden viele Fans dem CLM 1/01–AER mit der #4 die Daumen drücken. Für das private Bykolles Racing Team aus Österreich geht unter anderem der in Bad Neuenahr geborene Pierre Kaffer an den Start.

Die am heftigsten umkämpfte Klasse im sechsstündigen WEC-Rennen wird die LMP2-Kategorie sein: über zehn der „kleinen“ Le-Mans-Prototypen ringen um den Sieg. Besonders interessant aus deutscher Sicht ist der Kampf um die Tabellenspitze. Im russischen Team G-Drive Racing treten der Deutsche René Rast, Roman Rusinov (RUS) und Alex Brundle (GBR) im Oreca 05-Nissan als Verfolger der Klassenführenden Gustavo Menezes (USA), Nicolas Lapierre (FRA) und Stéphane Richelmi (MCO) an. Und auch bei den GT-Sportwagen wird es spannend: In Le Mans hatte ein Ford GT des Chip Ganassi Teams 50 Jahre nach dem Ford-Triumph 1966 die Nase vorne. Beim Heimspiel in der Nähe der Kölner Ford-Werke wollen die beiden Ford GT – einer der Piloten ist der Berliner Stefan Mücke – daran anknüpfen. Doch das wird ein schwieriges Unterfangen. In der Herstellerwertung rangieren derzeit Aston Martin und Ferrari vor den bildschönen neuen Ford GT. Und mit Porsche ist auch ein weiterer starker Hersteller am Start. Einer der 911-er wird eingesetzt vom Dempsey-Proton Racing – das Team um den US-Schauspieler Patrick Dempsey, der vielen aus der TV-Serie „Grey’s Anatomy“ bekannt ist.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen