„Es läuft exzellent beim A1-Lückenschluss?“

Daun/Mainz/Düsseldorf. So in etwa jedenfalls  sagten es „Stand 19.11.2015“ sinngemäß die Leiter der Straßenbau-Ministerien aus NRW und RLP ohne sich genau festlegen zu wollen, wann der A1-Lückenschluss nun tatsächlich realisiert wird. Aber der Reihe nach! Die jahrzehntelange Hinhaltetaktik der Politik in Sachen A1-Lückenschluss nimmt kein Ende. In regelmäßigen Abständen von etwa zwei Jahren finden Veranstaltungen – meistens organisiert von den Kammern der Industrie und des Handwerks aus Trier, Koblenz und Aachen, kommunalen Arbeitsgemeinschaften und der Zukunftsinitiative Eifel (ZIE) – zu diesem seit mehr als 40 Jahren anhaltenden Dauerthema statt.

Die Treffen sind seitens der Kammern stets hochkarätig besetzt. Aus der Politik ist auf Landesebene meistens nur die Opposition präsent. Auf Bundesebene ist das anders. Da kommen auch die jeweiligen MdBs, manchmal sogar der dann gewählte Bundesverkehrsminister. Vergangene Woche Donnerstag, 19. November 2015, fand das A1-Forum mit dem verheißungsvollen Thema „Lückenschluss statt Sackgasse!“ in der Vulkaneifel-Kreisstadt Daun statt. Die Kammern haben eingeladen. Unternehmer und TechniSat-Gesellschafter Peter Lepper hat die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Mehr als 150 Unternehmer und Bürgermeister aus der Region waren der Einladung gefolgt. Dieses Mal waren auch die verantwortlichen Leiter aus den jeweiligen Ministerien für Straßenbau aus NRW und RLP vor Ort.

40 Jahre ohne Baurecht
Peter Adrian, Präsident der IHK Trier ließ bei seiner Begrüßung keinen Zweifel daran: „Es muss mehr Druck auf die Politik gemacht werden, um den A1-Lückenschluss unverzüglich zu realisieren.“ Seit mehr als 40 Jahren fehlen für eine durchgehende Autobahnverbindung zwischen Saarbrücken und Lübeck 25 Kilometer. „Die Realisierung des Lückenschlusses ist mehr als überfällig, aber noch immer gibt es kein Baurecht“, kritisierte Adrian.  Anstatt das Planfeststellungsverfahren für das Straßenbauprojekt endlich in Gang zu bringen, würden sich Bund und Land seit Jahren gegenseitig für den Stillstand verantwortlich machen – „und das, obwohl der Güterverkehr weiter zunimmt und Alternativrouten zu den überlasteten Achsen fehlen“.

Es muss  jetzt was passieren!
Unternehmer Peter Lepper fand sehr deutliche Worte in seinem anschließenden Impulsreferat. Lepper: „Bereits 1977 sprach der damalige Landrat davon, dass mit der durchgängigen A1 Mitte der 80er Jahre zu rechnen sei. Also vor fast 40 Jahren wurden wir mit dieser Information in die Eifel gelockt. Trotzdem ist der Lückenschluss auch nach 40 Jahren eine unerfüllte Forderung der Wirtschaft.  Bestimmte Politiker, insbesondere in Mainz, wollen den Lückenschluss nicht. Wohl auch nicht unsere Grüne Wirtschaftsministerin Eveline Lemke“. Lepper erinnerte auch an die Unterschriftenaktion, die er 2012 mit seiner Wählervereinigung „Bürgerunion“ auf den Weg gebracht hatte. Die fast 35.000 Unterschriften hatten am Ende die Herrschaften an Ministerpräsident Kurt Beck übergeben, die nichts für die Sache getan hatten.

Lepper erinnert daran, dass viele Kilometer Umweg entfallen könnten, die die Unternehmen aus der Region heute in Richtung Köln und Bonn und umgekehrt in Kauf nehmen müssen, darüber hinaus unnötig die Umwelt belasten. Lepper:  „Verkehrsverbindungen sind die Lebensadern wirtschaftlichen Handelns und bleiben der Standortfaktor „Nummer 1“ für Unternehmen. Die Autobahnlücke kostet die Wirtschaft viel Zeit und Geld – und sie hindert die wirtschaftliche Entwicklung unserer Region.
Dem Lückenschluss der A 1 sei auch mit Blick auf die demographische Entwicklung im ländlichen Raum eine bedeutende Rolle zuzuschreiben“, so Lepper. „Es wäre einfacher, in der Eifel zu wohnen und dennoch in den Ballungsräumen zu arbeiten. Ein wichtiger Aspekt, der der Region helfen kann und den Menschen, die dort gerne leben, aber keine passende Arbeit finden. Mit Blick auf den wachsenden Fachkräftemangel wird aber auch anders herum ein Schuh daraus: Mit durchgehender A 1 ist es auch möglich, in der Eifel zu arbeiten und in den Ballungsräumen zu wohnen. Ein wichtiges Fachkräftepotenzial könnte hierdurch für die Unternehmen der Region erschlossen werden“ – Lepper weiter.   

Lieber lieb Kind spielen
Dann erinnerte Lepper an die Kreistagssitzung vom 6. Juni 2011. Die Kreistagsfraktionen von CDU und BUV brachten damals den Antrag für eine Resolution zum Lückenschluss der A1 auf den Weg. Von den Kreistagsabgeordneten der Grünen und Linken sowie weiten Kreisen der SPD und FWG wurde die Resolution nicht mitgetragen. Auch der damalige Landrat Onnertz stimmte dagegen. Für ihn seien die Formulierungen der Resolution zu hart, sagte er. Also „lieb‘ Kind spielen“ mit der Landesregierung war offensichtlich wichtiger als das Wohl des Kreises. Lepper erinnerte auch an das unglaubliche Abstimmungsverhalten der hiesigen SPD-Landtagsabgeordneten Astrid Schmitt. Sie hatte im Mainzer Landtag  gegen den CDU-Antrag zum Ausbau der A1 gestimmt, im Kreistag  dann dafür. Man will also beiden Seiten gefallen: Den A1-Gegnern in Mainz und vor der Haustür den A1-Befürwortern im Landkreis. Am vergangenen Donnerstag war die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Astrid Schmitt übrigens nicht erschienen.

Das sind die Fakten
Für den erkrankten Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder ergriff im Anschluss sein Berliner Kollege Detlef Seif – MdB aus Euskirchen das Wort: „Erhalt vor Neubau“ heißt die Devise im Bund. Der A1-Lückenschluss muss parteiübergreifend in die Köpfe aller Beteiligten. Seif erläuterte den aktuellen Stand nach den in Berlin vorliegenden Informationen wie folgt: Für den 1. Abschnitt: Blankenheim bis Lommersdorf = 6 Kilometer auf NRW-Seite, wurde in 2012 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Kosten aus heutiger Sicht etwa 50 Mio. Euro. Bis 2017 wird die Planfeststellung abgeschlossen sein. Danach fangen die Naturschutzverbände (B.U.N.D.) an zu klagen. Dauer etwa zwei Jahre beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. 2019 wird das Urteil erwartet. Mit dem Baurecht kann dann frühestens in 2022 gerechnet werden. Danach muss noch gebaut werden.

Beim 2. Abschnitt: Lommersdorf bis Adenau = 8,7 Kilometer auf NRW und RLP-Seite, wird der zwingend notwendige Gesehenvermerk von allen an der Planung beteiligten Institutionen in der ersten Hälfte 2016 erwartet. Danach beginnt das Prozedere wie beim 1. Abschnitt. Baurecht dürfte dann nach dem Klageverfahren durch B.U.N.D. & Co. ca. in 2023 sein. Baukosten aus heutiger Sicht etwa 226 Mio. Euro.

Beim 3. Abschnitt: Adenau – Kelberg = 10,5 Kilometer auf RLP-Seite, gibt es bereits seit 15 Monaten den Gesehenvermerk. Passiert ist leider noch nichts. Die Einleitung des Planfeststellungsverfahren soll ebenfalls in der ersten Jahreshälfte 2016 geschehen. Viel mehr hat man in Mainz per dato sage und schreibe 66 landespflegerische Gutachten in Auftrag gegeben und alleine dadurch die Dauer des Genehmigungsverfahrens um 2-3 Jahre verzögert. Die unnötigen Kosten hierfür in Millionenhöhe nicht mitgerechnet.

Vordringlicher Bedarf „PLUS“
Im Frühjahr 2016 soll der A1-Lückenschluss in den „Vordringlichen Bedarf PLUS“ aufgenommen werden. Nur die mit dem „PLUS-Vermerk“ gekennzeichneten Projekte werden auch planmäßig umgesetzt, hieß es.

Es ginge schneller, wir haben ein Umsetzungsproblem
Seitens des zuständigen Straßenbauers aus dem Mainzer Verkehrsministerium – Herrn Dr. Kaufmann hieß es fast wie eine Entschuldigung: „Aus Sicht der Straßenbauverwaltung könnten wir schneller arbeiten“. Eins ist auch klar, sagte Dr. Kaufmann: „Die Nullvariante ersetzt den fehlenden Lückenschluss nicht“.   

Sein Straßenbau-Kollege Michael Heinze vom zuständigen Ministerium in NRW geht noch einen Schritt weiter: „Die länderübergreifende Zusammenarbeit ist exzellent. Alle Zweifler sollten sich vor Ort überzeugen. Die Umweltbehörden behindern unsere Arbeit nicht“. Heinze: „Wir haben kein Finanzierungsproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Den Autobahngegnern gehen langsam die Projekte aus“.

Gewissensfrage
MdB Detlef Seif stellt in diesem Zusammenhang die Frage an die Landesvertreter: Arbeiten tatsächlich alle Mitarbeiter in ihren Abteilungen auch wirklich „pro Lückenschluss? Seif würde so gerne mal Mäuschen spielen. IHK-Präsident Adrian: „Für Deutschland ist es blamabel, wenn man nicht in der Lage ist, solche Projekte zu realisieren. In die gleiche Kerbe zielte aus dem Publikum auch ex MdB Peter Rauen und ex MdB Edmund Geisen ab.
Heinze: „Wir müssen endlich raus aus der „Lamentierungsphase. Das hat uns nur unnötig viel Zeit gekostet. Wenn das Projekt so einfach wäre, wäre der Lückenschluss längst fertig.“
Dr. Kaufmann:  „Der politische Wille von RLP und NRW ist da“. Auf eine Prognose ließ sich Kaufmann nicht ein.

IHKs: „Das Ding muss endlich gebaut werden“
Nach gut zwei Stunden war man sich seitens der veranstaltenden Kammern und der beteiligten einig.
„Damit der Lückenschluss die höchste Dringlichkeitsstufe im neuen Bundesverkehrswegeplan erhält, müssen der Bund und die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz jetzt endlich an einem Strang ziehen“, fordern Michael F. Bayer (IHK Aachen), Arne Rössel (IHK Koblenz) und Dr. Jan Glockauer (IHK Trier). In seinem Schlusswort sagte der Aachener IHK-Geschäftsführer Michael F. Bayer: „Versprechungen reichen nicht mehr. Der Druck auf dem Kessel wird höher. Das Ding muss endlich gebaut werden!“

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