Friseure reichen Klagen ein

Politische Entscheidungen sollen unabhängig gerichtlich überprüft werden

Foto: Landesinnungsmeister Guido Wirtz © Landesverband Friseure & Kosmetik Rheinland

„Wir wollen der unkontrollierten und undokumentierten Schwarzarbeit am heimischen Spülbecken Einhalt gebieten und Frisuren wieder in geregelte und sichere Bahnen zurückzuführen: In den Salon mit bewährten Hygiene-Konzepten und fundierter Gefährdungsbeurteilung, die durch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW Ende Dezember 2020 nochmals präzisiert und aktualisiert wurde. Friseure haben es verdient, fair und verlässlich behandelt zu werden. Dafür haben wir in unserem Rechtsstaat die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen und so politische Entscheidungen unabhängig gerichtlich überprüfen zu lassen“, so Noah Wild von der Wild Beauty GmbH, welche für die Salonpartner John Paul Mitchell Systems® und Kemon aktiv sind und deren Kunden die Friseursalons sind.

Dieser Forderung schließt sich auch Friseurmeister Guido Wirtz aus Körperich an. Er wird wie acht weitere Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet Klage einreichen. Damit will er für alle Friseure die Salonöffnung ab dem 15. Februar wieder erreichen.

Die Lage bei den Friseuren ist prekär. Das ist hinreichend bekannt. Manche Salons mussten bereits komplett aufgeben und werden nicht wieder öffnen. Deren Inhaber mussten teils bereits Hartz IV beantragen. Andere, die sich noch so gerade über Wasser halten mit Ersparten, erhalten für die zweite Dezemberhälfte keinerlei staatliche Hilfe. Sie werden nun dafür bestraft, dass sie in der ersten Dezemberhälfte bis zu 16 Stunden pro Tag im Salon gearbeitet haben, um ihre Kunden noch vor dem drohenden Lockdown zu bedienen. Sie fallen damit durch das Raster, da sie einen Rückgang von mehr als 30 Prozent des Umsatzes zum Vorjahr nicht nachweisen können.

In Deutschland gibt es etwa 80.000 Friseursalons mit rund 240.000 Beschäftigten. Große Zahlen, hinter denen unzählige reale Existenzen stehen. Und auch der Nachwuchs im Handwerk leidet. Denn bekanntlich macht ja „Übung den Meister“. Doch wo kein Salonalltag stattfindet, kann auch keine praxisnahe Lehrumgebung geschaffen werden. Zwar können Ausbilder mit den zur Prüfung anstehenden Auszubildenden üben, aber dies hilft denen, die im ersten oder zweiten Lehrjahr befindlichen Nachwuchskräften nicht weiter.

Giuseppe Petrelli aus dem benachbarten Hessen und sein Inhaberkollege Konstantin Schick können da wie viele ihrer Kollegen aus dem Rheinland nur den Kopf schütteln: „Im Verborgenen wird gefärbt, geschnitten und gestylt. Abstands- und Hygieneregeln? Fehlanzeige. Mit jedem weiteren Tag der Schließung fördert die Politik die Schwarzarbeit und das unkontrollierte Infektionsgeschehen in privaten Haushalten. Die einzig richtige Lösung muss heißen: kontrollierte Öffnung der Betriebe unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln. Dass wir die einhalten können, haben wir letztes Jahr glaubhaft bewiesen. Wir Friseure sind Hygienebotschafter.“

Auch Friseurmeister Guido Wirtz, der auch Vorsitzender Landesinnungsmeister des Landesverbands Friseure & Kosmetik Rheinland ist, kann das bestätigen: „Es wird auf die heimische Küche ausgewichen und dort gibt es in der Schattenwirtschaft weder Mindestabstände noch Masken oder Kontaktdaten-Dokumentation. Eine gut gemeinte Idee, die verheerende Folgen hat – und zwar nicht nur in Form von Wettbewerbsverzerrung und Steuerverlust, sondern vor allem im Hinblick auf den Schutz unserer Gesundheit und das Abflachen der Pandemie-Welle.“ Blickt man in sein Nachbarland Luxemburg, trifft es Guido ganz besonders hart: „Unsere Kunden wissen sich nicht zu helfen und pilgern reihenweise über die Grenze. Hier dürfen Salons arbeiten, das verführt natürlich. Ich kann nur hoffen, dass meine Kunden auf lange Sicht zu mir zurückkehren, sonst droht auch meinem Familienbetrieb der Existenzverlust.“

Aus den Coronavirus-Fallzahlen lässt sich eine Schließungsnotwendigkeit für Friseursalons in Deutschland auf jeden Fall nicht ableiten. Christa Meier aus Bayern hat sich gemeinsam mit ihrer Tochter Kathrin, die bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ehrenamtlich tätig ist, die Zahlen mit Stand 08. Januar 2021 genauer angesehen: „Für das Friseurhandwerk sprechen wir von 14 Meldungen einer vermuteten oder tatsächlichen SARS-CoV-2 Infektion, wovon 7 ein positives Testergebnis hatten. Setzt man diese Zahlen zu den Friseurbetrieben und Mitarbeitern in ganz Deutschland ins Verhältnis, ist das Fazit klar: unauffälliges Meldegeschehen für die Friseurbranche!“

Nun legen die Friseure Rechtsmittel ein und kämpfen um ihre Existenz. Zusammen mit Landesinnungsmeister Guido Wirtz sind es insgesamt derzeit zehn Friseure aus acht Bundesländern. Sie alle wollen damit einen Erfolg und Gerechtigkeit für ihre gesamte Branche ermöglichen.

 

 

 

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