Genossenschaften – ein kraftvolles Segel für den ländlichen Raum; Veranstaltung des rheinland-pfälzischen Landkreistages am 16.08.2019 in Altenkirchen

„Genossenschaften sind ein kraftvolles Segel, um die ländlichen Räume nach vorne zu bringen. Aber sie bedürfen der Unterstützung durch den Staat, sowohl finanziell als auch bei der Bewältigung administrativer Aufgaben.“ Dieses Fazit zieht der Vorsitzende des Landkreistages, Landrat Günther Schartz, aus der Veranstaltung, die der Landkreistag vergangenen Freitag zum Thema „Genossenschaften im ländlichen Raum“ durchgeführt hat. Die mit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft besuchte Tagung fand in Altenkirchen und damit in der Region statt, in der Friedrich Wilhelm Raiffeisen wirkte und seine Genossenschaftsidee begründete. Landrat Michael Lieber freute sich daher, dass seine Kreisverwaltung Tagungsort für das topaktuelle Thema war.

In seiner Einführungsrede betonte Schartz den besonderen Wert von Genossenschaften als Organisationsform der Selbsthilfe für die Menschen im ländlichen Raum: „Genossenschaften tragen gewissermaßen den Wesenskern der Demokratie in sich. Sie bauen auf Solidarität auf, sind bodenständig, in der Region verwurzelt und absolut nachhaltig!“ Hermann Kerler, Vorsitzender des Vereins ProNah im Unterallgäu betonte in seinem Leitreferat „Selbst ist die Region“ die Rolle der Genossenschaften als zusätzliche Triebfeder für die Belebung von Dörfern und für die Lösung drängender Probleme vor Ort, indem sie die Kompetenzen vor Ort nutzen und die Bürgerbeteiligung praktisch zum Geschäftsmodell machen. Die Geschäftsführerin der Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz, Heike Arend, wagte einen Ausblick in die Zukunft und zur Rolle von Genossenschaften zur Stärkung neuer Orte. Siegmar Müller, der Landesobmann der rheinland-pfälzischen Sparkassen, gab einen Einblick in das Engagement der Sparkassen bei der Förderung und Beratung von Genossenschaftsgründungen und konnte sich vorstellen, einige der heute besprochenen Aspekte in die aktuellen Beratungen der Sparkassen zum Thema Gleichwertige Lebensverhältnisse einfließen zu lassen.

In vier Impulsvorträgen wurden Erfolgsmodelle aus der Praxis vorgestellt, die zeigen, wie engagiert die Menschen vor Ort ihren ländlichen Raum gestalten. Dazu gehörten die Genossenschaft am Pulvermaar, die Nachbarschaftshilfe und Pflegeangebote organisiert, das genossenschaftliche Gymnasium Speicher und die Wäller Energiegenossenschaft aus Landrat Liebers Landkreis.

Dass Genossenschaften hervorragend zur Innenentwicklung von Dörfern beitragen, belegte Stefan Taxis, Dorfentwicklungsreferent im Bundeslandwirtschaftsministerium, mit zahlreichen Beispielen. Der stellvertretende Vorsitzende des Landkreistages und Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm, Joachim Streit, stellte Genossenschaften in seinem Landkreis vor, die in den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen erfolgreich tätig sind. Neben der genossenschaftlichen Schule in Speicher und der Genossenschaft am Pulvermaar hat dabei insbesondere die medicus Eifler Ärzte eG als zeitgemäße Organisationsform für Ärzte und somit wichtigen Beitrag zur Ärzteversorgung im ländlichen Raum überregional Aufmerksamkeit erlangt. Streit forderte, die Kommunen finanziell besser auszustatten und machte sich für ein Regionalbudget stark. „Die Kommunen vor Ort wissen am besten, was vor Ort gebraucht wird!“, so Streit.

Der Landrat des Donnersbergkreises, Rainer Guth, ergänzte die Liste erfolgreicher Genossenschaften um die in seiner Region aktiven Wohngenossenschaften und stellte fest: „Mit Genossenschaften steuern die Menschen vor Ort ihr Boot selbst. Es ist aber Aufgabe des Staates, die Segel richtig zu setzen, damit das Boot auch Fahrt gewinnen kann“. Landrat Günther Schartz lobte das Engagement der Menschen vor Ort. „Die Politik muss sich zum ländlichen Raum bekennen und darf die Bürgerinnen und Bürger in den ländlichen Räumen, immerhin Dreiviertel der Bevölkerung des Landes, nicht alleine lassen mit ihrem Engagement.“ Er verwies dabei auf einen alten Grundsatz der Genossenschaften: „Wer eine helfende Hand sucht, der schaue ans Ende seiner Arme“. Schartz: “Lassen Sie uns aber auch auf die kräftigen Arme des Bundes und des Landes schauen und diese auffordern mit anzupacken, um die ländlichen Räume zu stärken. Dafür müssen alle an einem Strang ziehen, ganz nach der Vision von Raiffeisen: „Einer für Alle, alle für einen““.

 

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