Schulleiterin am Hubertus-Rader-Förderzentrum in Gerolstein setzt sich für die Schulgemeinschaft ihrer Schule ein. Ergebnis: Sie muss gehen

Gerolstein. Nach den Herbstferien 2019 wurde die Schulleiterin des Hubertus-Rader-Förderzentrums Gerolstein, Frau Beate Neugebauer-Kraft, quasi von heute auf morgen zur ADD Koblenz abgeordnet. Hintergrund waren sich verschärfende Auseinandersetzungen mit dem Schulträger, der Kreisverwaltung Vulkaneifel. Die Schulleiterin, die diese Schule 13 Jahre lang mit großem Engagement geführt und sich stets für das Wohl der Schule eingesetzt hat, war für den Schulträger ganz sicher häufig ein unbequemer Gesprächspartner, denn sie ließ nicht einfach alles zu, sagte immer wieder STOPP, wenn es um das Wohl der Schule ging. Gegen diese Abordnung wehrt sich die Schulleiterin bei Gericht.

Im Prozesstermin stellte ihre Anwältin, Frau Dr. Margit Bastgen, sehr zum Unbehagen der  Vertreterinnen des Ministeriums, deutlich heraus, mit welchen üblen Methoden der Schulträger seit längerem hinter ihrem Rücken gegen die Schulleiterin agierte und damit letztendlich Erfolg hatte. ADD und Ministerium standen sozusagen zu Diensten. So schrieb der Leiter des Schulträgers, Landrat Thiel, bereits Anfang Juli 2019 einen Brief an den Präsidenten der ADD, in dem er die Schulleiterin mit ehrverletzenden, beleidigenden Worten als Person abwertete und um Veränderung bat. Der Brief diente der Vorbereitung eines auf Anfang August terminierten Gespräches über die Angelegenheit. Alles ohne Wissen der Schulleiterin. Trotz Aufforderung hat der Präsident der ADD, Thomas Linnertz, zum Inhalt und Teilnehmerkreis des Gespräches keine Auskunft erteilt.

Die Schulleiterin erfuhr von den Aktivtäten erst im Laufe der rechtlichen Auseinandersetzung. Wie übrigens auch davon, dass die vorgesetzte Behörde eine 304 Seiten umfassende, ihr unbekannte „Geheimakte“ über sie angelegt hatte. Sie setzt sich zusammen aus der Korrespondenz zur Klärung von Sachfragen mit dem Schulträger, Vermerken über Personalgespräche und verwaltungsinternen Vermerken. Frau Dr. Bastgen machte deutlich, dass ein solches Verhalten, insbesondere das denunziatorische Vorgehen des Landrates und die Geheimhaltung des Vorganges durch den Präsidenten der ADD, mit rechtsstaatlichem Handeln nicht zu vereinbaren seien. Sie verweist insbesondere auf den allumfassenden Persönlichkeitsschutz nach der Datenschutz-Grundverordnung mit den darin geregelten Transparenzgeboten und den unverzüglichen Informationspflichten gegenüber der Betroffenen. Weniger juristisch ausgedrückt, merkte sie lapidar an: „Dies ist nicht gerade die feine englische Art“.

Im Oktober war es nach der Aktion mit der Essensumstellung so weit: die Schulleiterin musste gehen. Entgegen der Vorabsprache, dass die Planung der Essensumstellung, bezogen auf den von den Lehrkräften zu leistenden pädagogischen Teil beim Aufsichtführen und Begleiten der beeinträchtigten, z.T. schwerbehinderten Schülerinnen und Schüler, im Rahmen einer bereits terminierten – Datum war dem Schulträger bekannt – Konferenz in Ruhe besprochen werden konnte, hatte der Schulträger die Umstellung des Prozederes noch vor den Herbstferien erzwungen.

Die Umstellung der Essensausgabe gestaltete sich mangelhaft. Es wurde gegen grundlegende Hygienevorschriften verstoßen, was seitens der Schulleiterin zu Recht gerügt wurde. Ebenso die Situation mit der Küchenhilfe, die den Schülern Würstchen vorenthielt, die diese noch gerne gegessen hätten. Statt dessen packte die Küchenhilfe diese in mitgebrachte Tupperdosen. Nachdem sie sich weigerte, ihren Namen zu nennen, erhielt sie von der Schulleiterin Hausverbot. Völlig unverständlich, dass diese Frau bleiben durfte, die Schulleiterin gehen musste.

Ein weiterer Streitpunkt: Die Schule wollte nach sorgfältiger Vorbereitung ein Sportfest an einem Samstag im Mai – unterstützt durch die Bundeswehr – durchführen. Der um Schülerbeförderung ersuchte Landkreis lehnte aus Kostengründen ab. Das Sportfest musste leider ausfallen. Die wahrheitsgemäß informierten, sehr enttäuschten Eltern beschwerten sich bei der Ministerin, Frau Dr. Hubig. Dies wird der Schulleiterin nun zum Vorwurf gemacht.

Probleme gab es mit den Zuschüssen zum Kochunterricht. Nach umfassender Prüfung musste die Schulaufsicht einräumen, dass weder die Schulleiterin zum Einrichten eines Treuhandkontos auf ihren eigenen Namen noch die Kollegen zur Barvorlage verpflichtet werden durften. Über das Ergebnis war die Aufsichtsbehörde ausweislich der Aktenvermerke wenig erfreut. Gemeinsam wurde schließlich eine Lösung der Abwickelung über die Schülerfirma gefunden.

Deutlich wurde auch, dass das Verwaltungshandeln bei gleichem Sachverhalt in der vorgesetzten Behörde, der ADD Trier, offensichtlich von Referat zu Referat sehr unterschiedlich ist. So kündigte der Schulträger unmittelbar vor den Osterferien 2019 Aufmaßarbeiten in den Schulen seiner Trägerschaft mit dem Anfertigen von digitalen Fotos an. Frau Neugebauer-Kraft wehrte sich aus datenschutzrechtlichen Gründen gegen eine solche, für die Schule unvorbereitete Aktion.

Insbesondere in den Klassenräumen finden sich häufig aus dem Unterricht erwachsene Werke mit sehr persönlichen Daten (Steckbriefe, Familienbilder, Geburtstagskalender auch mit Daten der Lehrer etc.). Vor Tagen der offenen Tür beispielsweise werden solche Dinge von den Wänden entfernt. Von solchen Räumen digitale Fotos anzufertigen, erschien der Schulleiterin fragwürdig.

Der Schulträger wandte sich an ihre Dienstvorgesetzte in der ADD. Diese wies die Schulleiterin an, den Schulträger ungehindert gewähren zu lassen. Auf die gleiche Mail des Schulträgers reagierte die Schulleiterin des Gerolsteiner Gymnasium in gleicher Weise wie Frau Neugebauer-Kraft. Im Gegensatz dazu bekam sie jedoch umgehend Unterstützung von ihrem Dienstvorgesetzten, der die Bedenken der Schulleiterin teilte und dem Schulträger Einhalt gebot. Die Aufmaßarbeiten mit dem Anfertigen von digitalen Fotos wurden in dieser Schule bis heute nicht gemacht. Man darf sich fragen, warum die Schulleiterin des Hubertus-Rader-Förderzentrums in solchen Situationen keine Unterstützung durch ihre Vorgesetzten erhielt.

Die Anwältin mahnt seitens der ADD sowie auch des Ministeriums Verletzungen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gegenüber Frau Neugebauer-Kraft an. Das Gericht wird seine Entscheidung schriftlich verkünden. Es bleibt spannend. Möglicherweise wird es ein langer Weg durch die Instanzen. Eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung wartet auf Terminierung. Wegen des Brandbriefes hat die Schulleiterin den Landrat auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen in Anspruch genommen.

Sehr kompromissbereit zeigt sich die Schulleiterin bei der Frage ihrer Beschäftigung während der Prozesse. Sie hat angeboten, in der Übergangszeit als Lehrerin an einer anderen Förderschule zu arbeiten. Sie liebt ihren Beruf trotz aller Widrigkeiten.

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